Der Intendant des WDR, Tom Buhrow, verdient offenbar deutlich mehr als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ist das gerecht? Wir haben mit Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher gesprochen. Der Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik ist Präsident der Hochschule für Philosophie in München.
Herr Wallacher, der WDR-Intendant
Wallacher: Zunächst muss man sagen, dass nach meinen Zahlen die Kanzlerin inklusive aller Vergütungen und Diäten doch etwas mehr verdient, so ungefähr 270.000 Euro. Hinzu kommen für jeden Politiker finanzielle Möglichkeiten nach dem Ende der politischen Karriere, zum Beispiel durch Vorträge, Autorenhonorare und Beraterverträge. Aber trotzdem ist klar, der politische Job gehört nicht zu den bestbezahlten in unserem Land. Aber es gibt andere Elemente der Vergütung, die für diejenigen, die in der Politik arbeiten, eine Rolle spielen.
Welche sind das zum Beispiel?
Da sind natürlich die gesellschaftliche Reputation und der politische Einfluss, die für viele, die in diesem Bereich arbeiten, sehr wichtig sind. Eine Gesellschaft vergütet Ämter ja nicht nur nach dem Geldwert, sondern es gibt verschiedene andere Aspekte. Und wir müssen uns immer fragen: Wen wollen wir denn als Politiker haben? Wäre es sinnvoll, ganz auf monetäre Anreize, also ein hohes Gehalt zu setzen? Ich glaube nicht, das würde genau die Falschen anlocken.
Nun ist Tom Buhrow aber gerade kein Manager auf dem freien Markt, sondern Teil des öffentlich-rechtlichen Systems - müssten da nicht andere Regeln gelten?
Es gibt ja einige Wirtschaftsbetriebe in der öffentlichen Hand wie zum Beispiel den Sparkassen-Verband, in denen das Spitzenpersonal noch einmal deutlich mehr als ein Rundfunk-Intendant verdient. Die Spreizung im öffentlichen Bereich ist auch deshalb sehr gross, weil man Leute für bestimmte Positionen haben will, die entsprechend qualifiziert sind - und die man auch über eine gute Bezahlung gewinnen muss.
Aber das sind Bereiche, wo der Gehaltsanteil in der Vergütung eine viel grössere Rolle spielt als bei Politikern. Bei Berufen in der Politik dagegen ist das Erlangen von gesellschaftlicher Reputation und Einfluss meistens ein wesentlich höherwiegender Teil der Vergütung.
Wie entstehen eigentlich Gehälter? Wer entscheidet, wer was verdient?
Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass unsere Gehälter alleine eine Folge des Gesetzes von Angebot und Nachfrage sind. Natürlich spielt der Markt eine gewisse Rolle. Es ist auch gerechtfertigt, dass Leute, die eine höhere Leistungsfähigkeit besitzen und Erfolge bringen, mehr verdienen, egal ob als Politiker, Wirtschaftsführer oder Trainer.
Auch die Gesellschaft selbst entscheidet, welche Bezahlung sie für welche Leistungen akzeptieren will. Nur so sind zum Beispiel die Löhne von Spitzensportlern oder Managern überhaupt möglich, die oft das fünfzigfache der Bundeskanzlerin betragen. Aber selbst wenn diese Gehälter zum Beispiel bei den zahlenden Fans und den Kunden der Unternehmen akzeptiert werden, entlastet das nicht davon, sie immer auch auf ihre Verhältnismässigkeit hin zu überprüfen.
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