Eine neue Studie enthüllt, wie institutionelle Anleger nach wie vor Geld in Kohle, Öl und Gas investieren. Auch die Deutsche Bank gehört zu den Top-Investoren weltweit.
Auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai hat sich die internationale Gemeinschaft erstmals auf das Ende fossiler Brennstoffe geeinigt. Unternehmen, Kommunen, Städte, Länder und Privatpersonen – sie alle sind gefragt, den Klimaschutz entschieden voranzubringen und auf erneuerbare Energien umzusteigen.
Auch die Finanzwirtschaft spielt dabei eine entscheidende Rolle. Investoren müssen ihre Gelder Schritt für Schritt aus Unternehmen abziehen, die sich nicht nachhaltig transformieren. Neuinvestitionen in Bereichen wie der Erdölgewinnung sollen eigentlich vermieden werden.
Mehr Geld für Öl und Gas
Die Betonung liegt hier auf "eigentlich". Denn eine neue Finanzrecherche der deutschen NGO urgewald e.V. und ihrer 14 Partnerorganisationen zeigt: Institutionelle Anleger investieren nach wie vor in Anleihen und Aktien von Unternehmen, die in fossilen Industrien aktiv sind. Die Daten der Studie wurden im Mai 2024 erhoben.
Demnach hielten über 7.500 institutionelle Investoren weltweit Anleihen und Aktien von Kohle-, Öl- und Gasunternehmen im Wert von 4,3 Billionen US-Dollar. Es geht dabei um Pensionsfonds, Versicherungen, Vermögensverwalter, Hedgefonds, Staatsfonds, Stiftungsfonds und Vermögensverwaltungstöchter von Geschäftsbanken.
Fossile Branche erhöht Investitionen um 30 Prozent
Und das ist noch nicht alles: 96 Prozent der Öl- und Gasproduzenten erschliessen noch immer neue Öl- und Gasfelder. Die fossile Branche hat ihre jährlichen Investitionen für die Öl- und Gasexploration seit 2021 sogar um mehr als 30 Prozent erhöht.
Bereits vergangenes Jahr hat eine Studie der Umweltorganisation Greenpeace festgestellt, dass gut 93 Prozent der Investitionen der untersuchten zwölf Öl- und Gaskonzerne (darunter unter anderem BP, Total Energies und Shell) im Jahr 2022 in fossile Projekte flossen. Nur sieben Prozent der Investitionen gingen hingegen in erneuerbare Energien.
Erderwärmung seit einem Jahr über der 1,5-Grad-Marke
Dabei steht fest: Ein rascher Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist dringend nötig, damit sich die Klimakrise nicht weiter verschärft. Erst in dieser Woche gab das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus bekannt, dass die globale Durchschnittstemperatur in den vergangenen zwölf Monaten um 1,64 Grad Celsius über der des vorindustriellen Zeitalters lag. Seit 13 Monaten ist jeder einzelne Monat der weltweit wärmste seit Aufzeichnungsbeginn.
"Wenn institutionelle Anleger weiterhin expandierende Kohle-, Öl- und Gasunternehmen unterstützen, ist der rechtzeitige Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich. Die Investoren müssen dem fatalen fossilen Ausbau sofort einen Riegel vorschieben", sagt Katrin Ganswindt, Leiterin der Finanzrecherche bei urgewald e.V..
Aus welchen Ländern stammen die Top-Investoren?
Ein grosser Teil der Investitionen stammt laut der Recherche aus den USA. Amerikanische Investoren wie Vanguard, BlackRock, State Street und Capital Group führen die Liste an und investieren gemeinsam über 1,1 Billionen US-Dollar in fossile Energien. Aber auch Investoren aus Ländern wie Kanada, Japan und Grossbritannien finden sich in der Liste wieder. Kanadische Investoren halten 254 Milliarden US-Dollar, japanische 168 Milliarden US-Dollar und britische 152 Milliarden US-Dollar in fossilen Unternehmen.
Auch europäische institutionelle Anleger investieren stark in fossile Industrien. Norwegens Government Pension Fund Global (GPFG) führt hier mit über 70 Milliarden US-Dollar an fossilen Investitionen. Weitere bedeutende europäische Investoren sind die Schweizer Bank UBS und der britische Vermögensverwalter LGIM.
Deutsche Bank auf Platz 30
Die Deutsche Bank gehört mit ihrer Investment-Tochter DWS laut der Finanzrecherche zu den 30 grössten fossilen Investoren weltweit. Sie investierte im Mai 22,9 Milliarden US-Dollar in fossile Aktien und 1,9 Milliarden US-Dollar in fossile Anleihen. Direkt dahinter folgt die Allianz auf Platz 31, die vor allem über ihre Investment-Töchter PIMCO und Allianz Global Investors (AGI) fleissig in fossile Industrien investiert.
Weiter hinten im internationalen Feld liegen die DZ Bank (inklusive ihrem Vermögensverwalter Union Investment) mit 8,7 Milliarden US-Dollar (Platz 80) und die Deka Group mit 5,9 Milliarden US-Dollar (Platz 109) an fossilen Investitionen.
Trotz Klimakrise fliesst das Geld weiter in die fossile Industrie
Die Finanzrecherche zeigt deutlich, dass trotz politischer Ziele und wissenschaftlicher Warnungen weiterhin riesige Summen in fossile Energien investiert werden. Die Gelder für Klimaschutzmassnahmen wirken dagegen wie Tropfen auf dem heissen Stein.
Die aufgrund des Klimawandels zunehmenden Extremwetterlagen stellen laut dem World Economic Forum (WEF) eines der grössten ökonomischen Risiken der kommenden Jahre dar. Und sie werden durch eben die Institutionen befeuert, die weiterhin sorglos Kohle-, Öl- und Gasindustrien finanzieren.
Immerhin: Union Investment hat als erster grosser deutscher Vermögensverwalter angekündigt, seine Investitionen in Öl- und Gasförderunternehmen schrittweise zu reduzieren, zunächst in Nachhaltigkeitsfonds, mit einer vollständigen Umsetzung bis 2030. Vielleicht könnte Union Investment hier ein Vorbild für weitere Investoren sein und zum Umdenken bewegen.
Über RiffReporter
- Dieser Beitrag stammt vom Journalismusportal RiffReporter.
- Auf riffreporter.de berichten rund 100 unabhängige JournalistInnen gemeinsam zu Aktuellem und Hintergründen. Die RiffReporter wurden für ihr Angebot mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.
Verwendete Quellen
- World Economic Forum: Global Risks Report 2024
- climate.copernicus.eu: Climate Bulletins
- greenpeace.at: The Dirty Dozen - The Climate Greenwashing of 12 European Oil Companies
- investinginclimatechaos.org: In 2024 $ 4,300,000,000,000 are invested in coal, oil, and gas companies
- riffreporter.de: Weltklimakonferenz COP28: Tränen der Erleichterung, Tränen der Enttäuschung
© RiffReporter
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.