Das Familienunternehmen Läderach produziert im Glarnerland handgefertigte Schokoladen und feine Truffes. Nachdem es durch die Erfindung der Frischschokolade bereits den einheimischen Markt revolutioniert hat, verstärkt es nun seine Präsenz auf dem internationalen Markt. Die Betriebs- und Führungskultur des Traditionsunternehmens ist von christlichen Werten geprägt.
Die Schaufenster von Läderach an der Berner Spitalgasse ziehen die Touristen an wie der Honig die Bienen. Ein Blick genügt, um die Geschmacksknospen zu aktivieren: auf einem Holztisch türmen sich verschiedenfarbige Schokoladeplatten in unterschiedlichsten Geschmacksvariationen, von süss bis zartbitter, mit Nüssen oder getrockneten Beeren versetzt. Die unverwechselbaren Platten werden offen angeboten, gebrochen und nach Gewicht verkauft.
Betritt man das Ladenlokal, so weht einem ein betörender Schokoladenduft entgegen "Kann ich die weisse Joghurtschokolade probieren?", fragt eine Kundin. Die Verkäuferin reicht ihr mit einer Schokoladenzange eine Kostprobe, die sich das Gegenüber mit geschlossenen Augen genüsslich auf der Zunge zergehen lässt.
Läderach betreibt inzwischen, über die ganze Schweiz verstreut, 45 Filialen. 1962 von Confiseur Rudolf Läderach in Glarus gegründet, spezialisierte sich das Unternehmen 2004 auf die Produktion von sogenannter "FrischSchoggi".
Anders als bei einem Grossteil der Konkurrenz werden anstelle von Kondensmilch und Milchpulver lieber Frischmilch und Rahm verwendet, was sich allerdings auf die Haltbarkeit der Produkte auswirkt. "Nachdem sie die Fabrik verlassen hat, bleibt die Schokolade höchstens 60 Tage im Schaufenster. Wir produzieren nur so viel, wie es braucht, um die Nachfrage abzudecken", erklärt Andreas Trümpler, der bei Läderach für das Marketing verantwortlich ist.
Rigorose Kontrollen und Handarbeit
Die Fabrik im beschaulichen Ennenda, unweit der Kantonshauptstadt Glarus, wurde vergangenes Jahr für 20 Millionen Franken modernisiert und erweitert. Sie kann auch besichtigt werden. Besucherinnen und Besucher deponieren vor der Besichtigung der Produktionslinie ihre persönlichen Gegenstände in der Garderobe, streifen sich einen weissen Kittel über und setzen eine Haube auf.
Anschliessend desinfiziert man sich zweimal die Hände, reinigt die Schuhe an einer speziellen Maschine und geht dann über einen Kautschukteppich, der die kleinsten Schmutzpartikel auffängt. "Da unsere Produktion viel Handarbeit mit sich bringt, müssen strenge Hygienevorschriften eingehalten werden", so der Marketingverantwortliche.
Die Kakaobohnen werden in einer Fabrik in Bilten, ebenfalls im Glarnerland, geröstet. "Seit 2012 sind wir in der Lage, die ganze Produktionskette zu kontrollieren, vom Kauf des Kakaos bei den Produzenten und Kooperativen in Ghana oder Brasilien über die Herstellung der Schokoladenmasse bis hin zum Verkauf der Endprodukte in den Läden", betont Andreas Trümpler.
Doch leere Räume und stillstehende Laufbänder zeugen davon, dass die Fabrik nicht voll ausgelastet ist. "Das ist, weil wir die Produktionsspitzen, die von Oktober bis Ostern dauern und in der Weihnachtszeit besonders hoch sind, noch nicht erreicht haben.
Doch ein Teil der Beschäftigten arbeitet weiter, um die Läden mit Nachschub zu versorgen", führt der Marketingchef aus und weist dabei auf eine Gruppe von sechs Frauen, die an einem grossen Tisch stehen und gefüllte Truffes mit Halbmonden aus einer Nougatmasse belegen, um daraus eine Art Schokoladenkastanien zu zaubern.
Während die grössten Schweizer Schokoladeproduzenten wie Lindt oder Cailler die Herstellung vollautomatisiert haben, wird bei Läderach aufgrund des bedeutend geringeren Produktionsvolumens ein Grossteil der Arbeit immer noch von Hand verrichtet. Besonders die Truffes-Herstellung mit ihren verschiedenen Fertigungsschritten erfordert viel Fingerspitzengefühl.
An einem Laufband stehen Mitarbeiter, die noch warmes, von edler Schokolade umhülltes Konfekt mit Spezialgabeln so über das Band rollen, dass dessen Metallelemente auf der Oberfläche feine Rillen hinterlassen. In einer anderen Fertigungseinheit wird Konfekt von Hand mit einzelnen Pistazienkernen dekoriert.
In der Verpackungsabteilung entnehmen drei Frauen grossen Behältern mit flinker Hand verschiedene Sorten von Truffes, mit denen sie in einer vorgegebenen Anordnung kleine Packungen befüllen. Die später als FrischSchoggi verkauften Schokoladeplatten werden einzeln von Hand verpackt und mit der Adresse der Filiale versehen, in der sie ausgestellt werden.
Vom Zulieferer zur bekannten Marke
Als Gründervater Rudolf Läderach 1962 in Glarus einen Betrieb eröffnete, schwebte ihm nicht vor, eine Marke aufzubauen, er wollte vielmehr den Fachhandel beliefern. Seine Erfindung: eine dünnwandige Truffes-Hohlkugel, die Confiseuren und Maîtres Chocolatiers als Basis zur Weiterverarbeitung dienen sollte.
Trotz des kommerziellen Erfolgs der Truffes-Hohlkugel war sein Sohn und Nachfolger Jürg Läderach überzeugt, dass in Frischschokolade noch weit mehr Potenzial steckte. Er übernahm daher 2004 die Merkur Confiserien AG, die über Filialen im ganzen Land verfügte, und führte die firmeneigene Frischschokolade ein.
Zunächst wurden die hausgemachten Schokoladen zusammen mit Fremdmarken in Regalen präsentiert, doch dann liess sich der Unternehmer von der Tradition der Alpenläden inspirieren und veränderte das Verkaufskonzept. Er beschloss, die Frischschokolade-Platten im Offenverkauf anzubieten und auf der Ladentheke zu schichten, um den Kundinnen und Kunden schon beim Betreten des Ladens eine sinnliche Erfahrung des Produkts bieten zu können.
Ein Osterhase mit vergoldeten Ohren
Heute umfasst das Läderach-Sortiment etwas mehr als zweitausend Produkte. Die Verwendung frischer Zutaten und die Handarbeit schlagen sich im Preis nieder. Für eine Packung mit 46 Truffes bezahlt man über 90 Schweizer Franken und hundert Gramm dunkle Frischschokolade mit Mandeln kosten knapp 7 Franken.
An Ostern ist Hase "Cleo", dessen Ohren mit einer feinen Linie aus winzigen Goldstreuseln verziert sind, der absolute Renner und geht für etwas mehr als 15 Franken über den Ladentisch.
Da das Unternehmen sich zu hundert Prozent im Familienbesitz befindet, braucht es seine Bilanz nicht zu publizieren. Die Fachpresse schätzt den Jahresumsatz jedoch auf rund 110 Mio. Franken.
An zwei Produktionsstandorten in der Schweiz und einem in Deutschland sowie weltweit 60 Läden beschäftigt das Unternehmen ungefähr 850 Mitarbeitende: Läderach hat sich weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht und ist neben Deutschland auch in den Golfstaaten, Korea, Japan und Singapur präsent.
Die Bibel als Leitplanke
Ein weiterer, weniger bekannter Aspekt ist die starke Identifikation des Unternehmens mit christlichen Werten. "Jürg Läderach beginnt die Verwaltungsratssitzungen immer mit einem Bibelspruch", erklärt Marketingchef Trümpler. Der ehemalige Geschäftsführer unterstützt offen Organisationen wie die Vereinigung Christlicher Unternehmer der Schweiz und ist Präsident der evangelikalen Gruppe Christen für die Wahrheit sowie des Missionswerks Kwasizabantu.
Der Glaube spiegelt sich auch in der Art der Unternehmungsführung. "Wir bringen diese Werte auch bei schwierigen Diskussionen und im Umgang mit den Mitarbeitenden ein, respektvoll und in angemessener Form." Ein Kreuz oder sonstige religiöse Symbole sucht man innerhalb des Unternehmens indessen vergeblich. "Wir stehen allen Glaubensrichtungen offen gegenüber, ob ein Mitarbeiter Muslim oder Christ ist, spielt keine Rolle", unterstreicht Andreas Trümpler und fügt hinzu, die Unternehmerfamilie lasse einen Teil ihrer Erträge den Kirchen zukommen, denen sie sich verbunden fühle.
Die Religion beeinflusst nicht zuletzt auch die Geschäftsentwicklung. In einer Präsentation, die Jürg Läderach 2013 vor den Mitgliedern der Vereinigung christlicher Unternehmer hielt, erklärte er, mit dem Entschluss zur Übernahme der Confiserie-Kette Merkur habe er sich seinem Vater widersetzt, der diesen Kauf für ein schlechtes Geschäft hielt. "Doch obwohl mein Vater und ich nicht gleicher Meinung waren, habe ich gelernt, auf Gott zu vertrauen, was mich davor bewahrt hat, mit dem Kopf durch die Wand gehen zu wollen." © swissinfo.ch
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