Noch eben kurz vor der Pleite und heute reicher denn je. Mit einem geschätzten Vermögen von 21,5 Milliarden Euro mischt sich die Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler in die vorderste Reihe der reichsten Deutschen. Ein Portrait einer Frau mit eiserner Disziplin.
Privat ein leidenschaftlicher Operngast, beruflich eine knallharte Taktikerin. Mit 74 Jahren führt die blonde Dame eines der grössten Familienunternehmen Deutschlands. Gemeinsam mit ihrem 50-Jährigen Sohn Georg besitzt Maria-Elisabeth Schaeffler, Eigentümerin des Automobilzulieferers INA Schaeffler, ein Milliarden-Vermögen. Auf 21, 5 Milliarden Euro beziffert es das Wirtschaftsmagazin "Bilanz" vergangenes Jahr. Damit gehören die Schaefflers zu den reichsten Familien Deutschlands – noch vor der des verstorbenen Aldi-Gründers Karl Albrecht.
Die in Wien aufwachsende Unternehmerin ist in den Medien allgemein bekannt für ihren klassischen Stil und ihre formvollendeten Auftritte. Ihr Vermögen scheint Schaeffler zu geniessen – das lassen zumindest Bilder vermuten, auf denen die Milliardärin im Pelzmantel und mit Champagner abgelichtet wurde. Ihren Reichtum hat sich die Schaeffler allerdings auch hart erarbeitet. "Das Unternehmen ist mein Leben", sagte sie Anfang des Jahres in einem Interview mit der Tageszeitung "Handelsblatt".
Abgebrochenes Medizinstudium
Das war nicht immer so. Maria-Elisabeth Schaeffer, geborene Kurssa, kommt im August 1941 in Prag zur Welt. Als Kriegskind flüchtet sie mit ihren Eltern nach Österreich, wo sie ihre Jugend in Wien verbringt. Von ihrer Mutter Gertrud und ihrem Vater, einem Finanzberater, wird Schaeffler konservativ und streng katholisch erzogen. Die junge Frau träumt davon, Ärztin zu werden. Mit 19 Jahren beginnt sie Medizin zu studieren.
Drei Jahre später heiratet sie den 24 Jahre älteren Unternehmer Georg Schaeffler, der zuvor mit seinem Bruder ein Unternehmen in Herzogenaurach gegründet und sich als Zulieferer von Lagern für den Maschinenbau einen Namen gemacht hatte. Schaeffler verlässt Wien und zieht nach Mittelfranken. Dort will sie ihr Medizinstudium fortsetzen. "Mein Mann wollte das aber nicht und sagte: Ich hätte andere Aufgaben", erinnert Schaeffler in einem Gespräch mit dem "Handelsblatt". Gehorsam bricht sie ihr Studium ab und begleitet ihren Mann fortan zu Firmentreffen, Tagungen und Konferenzen.
Tragischer Unfall
Der jüngere von zwei Söhnen, Christian, kam mit neun Jahren bei einem tragischen Unfall ums Leben. Beim Spielen im Badezimmer fiel nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" ein Föhn in die Wanne. Ein schwerer Schlag für die Familie. Nach dem zweiten grossen Verlust, dem Tod ihres Mannes im Jahr 1996, übernimmt Maria-Elisabeth Schaeffler die Leitung des Firmenimperiums mit gut 80.000 Mitarbeitern.
Die Erbin engagiert Jürgen Geissinger, der zuvor beim Elektronikkonzern ITT gearbeitet hatte. Während dem Manager der Ruf eines "Gewerkschaftsfressers" nachgesagt wurde, präsentierte sich Schaeffler der Belegschaft eher als gütige Chefin, die sich um das Wohl und die Zufriedenheit der Mitarbeiter sorgt. Gemeinsam vergrössert das ungleiche Paar die Firma, kauft den Kupplungshersteller LuK sowie den konkurrierenden Wälzlagerhersteller FAG Kugelfischer aus Schweinfurt.
Beinahe-Pleite
2008 übernehmen sie schliesslich den dreimal so grossen Reifenhersteller Continental – und verkalkulieren sich. Die Finanzkrise funkt ihnen dazwischen. Nachdem die Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz meldet, droht der Schaeffler Group mit Gewinneinbrüchen von fast 90 Prozent der Garaus. "Im Hinterkopf hatte ich schon gedacht: Um Gottes Willen! Aber ich war überzeugt, dass wir einen Weg finden werden", erinnert sich Schaeffler im Interview mit dem "Handelsblatt".
Das eiserne Engagement und der Glaube an die Firma machten sich bezahlt. Das Unternehmen erholt sich, den rasanten Vermögenszuwachs verdanken Schaeffler und ihr Sohn vor allem dem boomenden Aktienkurs der Tochter Continental. Dieser hat sich seit 2012 von 50 auf derzeit 215 Euro mehr als vervierfacht.
Neue Liebe
Dass ihr Sohn Georg irgendwann ganz in ihre Fussstapfen tritt, ist für Schaeffler unumstritten. An den Ruhestand scheint die Wienerin allerdings kaum Gedanken zu verlieren. "Wenn ich eines Tages sagen würde: Ich möchte mein Leben ändern, dann würde ich das sehr bewusst machen. Solange ich aber das Gefühl habe, dass ich gebraucht werden, bleibe ich aktiv dabei", so Schaeffler. Dass es für einen Neuanfang nie zu spät ist, zeigt sie im Sommer vergangenen Jahres. Im Alter von 73 Jahren heiratet die Unternehmerin in zweiter Ehe den ehemaligen Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.