Seit 2018 will sich Metro von seiner Supermarktkette Real trennen. Nun ist die Tinte unter dem Kaufvertrag mit dem Finanzinvestor SCP trocken. Danach droht der Supermarktkette Real die Zerschlagung. Es sollen auch Geschäfte geschlossen werden. Der Betriebsrat sieht 10.000 Stellen in Gefahr.
Die Supermarktkette Real ist nach monatelangem Tauziehen endlich verkauft: Doch für die 34.000 Beschäftigten in den 276 Filialen und für Millionen Real-Kunden geht die Ungewissheit weiter. Es dürfte noch Monate dauern, bis sie Klarheit bekommen, ob "ihre" Filiale weiterbetrieben, verkauft oder geschlossen wird.
Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger sprach am Mittwoch von einem "bitteren Tag für die Real-Beschäftigten". Die Gewerkschafterin warnte vor der möglichen Vernichtung von mehr als 10.000 Arbeitsplätzen im Zuge der Übernahme.
Rund 30-Real-Filialen sollen geschlossen werden
Der neue Real-Besitzer, der Finanzinvestor SCP, will Real nach der Übernahme zerschlagen, wie SCP und Metro nach der Vertragsunterzeichnung in der Nacht zum Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung bekräftigten.
Ein Grossteil der 276 Real-Märkte soll an Wettbewerber wie Kaufland, Globus oder Edeka verkauft werden. Nur ein Kern von 50 Filialen soll noch 24 Monate unter dem Namen Real weitergeführt werden. Rund 30 Filialen sollen mangels Zukunftsperspektiven geschlossen werden.
Mit welcher Filiale was geschehen soll, liessen die Beteiligten allerdings zunächst offen. Da ein Weiterverkauf vom Bundeskartellamt geprüft werden müsste, kann es auch noch dauern, bis hier Klarheit herrscht.
Noch im Januar warnte der Metro-Gesamtbetriebsrat, dass durch die Übernahme 10.000 Arbeitsplätze in Gefahr seien und erwartete eine Schliessung von rund 50 Märkten.
Investor will Schliessungen und Entlassungen "so weit wie möglich vermeiden"
Bei der Gewerkschaft Verdi liessen die Ankündigungen von SCP und Metro die Alarmglocken aufleuchten. Der Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel, Orhan Akman, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es wirkt wie eine Beruhigungspille, dass angeblich nur 30 Filialen geschlossen werden sollen. Wir befürchten, dass die Zahl noch deutlich steigen könnte. Denn was am Ende aus den 50 Filialen wird, die erst einmal weiterbetrieben werden sollen, ist völlig unklar. Die SCP hat ja keinerlei Erfahrung mit dem Lebensmittelhandel."
SCP-Group-Chefin Marjorie Brabet-Friel kündigte an, der Finanzinvestor werde versuchen, "Schliessungen und Entlassungen so weit wie möglich zu vermeiden". Doch hänge das weitere Vorgehen von SCP auch vom künftigen Engagement der anderen Beteiligten, von den Mitarbeitern, Betriebsräten und Gewerkschaften über die Politik bis hin zu den Vermietern ab.
Real als Sorgenkind der Metro
Die Supermarktkette Real war zuletzt das Sorgenkind bei dem Düsseldorfer Handelsriesen und hatte im Geschäftsjahr 2018/19 für tiefrote Zahlen bei der Metro gesorgt. Die meist auf der grünen Wiese gelegenen Hypermärkte litten seit Jahren unter den veränderten Einkaufsgewohnheiten in Deutschland. Immer öfter liessen die Kunden die Hypermärkte links liegen und kauften lieber in Supermärkten und bei Discountern in ihren Wohnvierteln.
Die Metro erwartet durch den Verkauf einen Netto-Mittelzufluss in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Das sind 200 Millionen Euro weniger als noch vor wenigen Monaten erhofft.
Metro-Chef Koch zeigt sich erleichtert, dass der grösste Teil der Real-Standorte nach den Plänen des Käufers auch in Zukunft weiter für Einzelhandel genutzt werden soll. "Viele der erfahrenen und qualifizierten Real-Mitarbeiter haben eine gute Chance auf Weiterbeschäftigung", meinte er. Für Beschäftigte, die aus betrieblichen Gründen ihre Stelle verlieren, wurde eine Abfindungsregelung vereinbart. Für die Metro sei der Verkauf der letzte grosse Schritt auf dem Weg zum reinen Grosshändler, betonte Koch.
Der Vertrag steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Aufsichtsgremiums der russischen Sistema PJSFC, die die Finanzierung der Übernahme sicherstellt. Sistema teilte ebenfalls am Dienstag in Moskau mit, dass man dafür bis zu 263 Millionen Euro zur Verfügung stelle. Auch die Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen.
Metro wollte sich bereits 2018 von Real trennen - und scheiterte
Die Metro hatte bereits 2018 angekündigt, die Supermarktkette abgeben zu wollen, um sich ganz auf das Grosshandelsgeschäft mit Gastronomen und kleinen Händlern konzentrieren zu können. Doch erwies sich der Verkaufsprozess als deutlich schwieriger als erwartet. Mit grossen Hoffnungen begonnene, exklusive Verhandlungen mit dem Immobilieninvestor Redos scheiterten. Erst im zweiten Anlauf gelang nun eine Einigung.
Die Verkaufsbemühungen wurden nicht zuletzt durch die hohe Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel erschwert. Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit ihrem Discounter Lidl dominieren den deutschen Markt schon heute so sehr, dass der geplante Weiterverkauf zahlreicher Real-Märkte an die "grossen Vier" bei den Wettbewerbshütern mit Sorge gesehen wird. (mgb/dpa/afp)
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