Rock-Legende Neil Young schrieb ein ganzes Album gegen den Agrarchemie-Riesen, Umweltaktivisten sehen in Monsanto ein Werk des Teufels. Warum Monsanto so kritisiert wird - und Bayer den US-Konzern trotzdem übernehmen will.
Der Bayer-Konzern hat mit seinem Übernahmeangebot von umgerechnet rund 55 Milliarden Euro an den US-Agrarchemie-Riesen Monsanto viele negative Reaktionen hervorgerufen.
Umweltschützer üben an der geplanten Fusion mit dem weltweit grössten Produzenten gentechnisch veränderter Pflanzen scharfe Kritik. Die FAZ schrieb, Monsanto führe zusammen mit dem Erdölkonzern Shell und der Weltbank "die Rangliste der am meisten von Nichtregierungsorganisationen kritisierten Institutionen an".
Doch woher kommt eigentlich die Ablehnung gegenüber dem Unternehmen? Und warum peilt Bayer trotzdem eine Fusion an? Die wichtigsten Fakten im Überblick.
Was ist Monsanto?
Insgesamt 20.000 Mitarbeiter in 61 Ländern sind für den 1901 in St. Louis gegründeten und seit 1927 börsennotierten Konzern tätig. Sein Geld macht Monsanto mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, der Jahresumsatz liegt bei rund 15 Milliarden Dollar (etwa 13 Mrd. Euro).
Seit den 1990er-Jahren setzt das Unternehmen Biotechnologien zur Erzeugung gentechnisch veränderter Feldfrüchte ein - und erarbeitete sich auf diesem Feld mit 647 Patenten eine Monopolstellung. Von dem weltweit verkauften genmanipulierten Saatgut stammen rund 90 Prozent aus den eigenen Zuchtanlagen.
Mit den Patenten scheffelt der US-Konzern weitere Dollars und sichert sich so die Kontrolle über die Verteilung von Lebensmitteln. Vor allem in der Heimat. Dort liegt der Anteil genveränderter Organismen (GVO) am Mais-, Soja- und Baumwollanbau bei etwa 90 Prozent.
In der Vergangenheit zählten auch das inzwischen verbotene Insektizid DDT und das durch den Vietnamkrieg bekannt gewordene Entlaubungsmittel Agent Orange zu den meistverkauften Produkten.
Warum wird vor Monsantos Gen-Pflanzen gewarnt?
In das Erbgut einer von Monsanto gezüchteten Sojasorte wurden Gene des raupenresistenten Bacillus thuringiensis eingesetzt. Für die Insekten endet ein Biss in die Pflanze nun meist tödlich.
Laut Umweltschutzorganisationen können fremde Gene in Lebensmitteln aber neue Giftstoffe freisetzen und Allergien verursachen. Der Anbau von Gen-Pflanzen, so Greenpeace, gefährde "die biologische Vielfalt" und führe "zu einem vermehrten Pestizideinsatz".
Die ersten Schädlinge hätten schon Resistenzen gegen die Gen-Pflanzen entwickelt. Super-Unkräuter seien entstanden und Nützlinge geschädigt worden.
Ferner wird bezweifelt, dass die Eingriffe ins Erbgut für Gesundheit und Umwelt tatsächlich ungefährlich sind, wie von Monsanto behauptet. Gen-Pflanzen sind nicht mehr rückholbar, wenn sie einmal in die Umwelt freigesetzt wurden. Ein Teil der US-Ernten gelangt in verarbeiteten Lebensmitteln und als Tierfutter auch nach Europa, wo nur wenige Staaten gentechnisch veränderte Sorten anbauen.
Was sagt die Forschung dazu?
In der Wissenschaft wird das Thema kontrovers diskutiert. Durch die Ausbreitung erzeugter Resistenzen auf Wildarten, so heisst es, könne das Ökosystem aus der Balance gebracht werden. Allerdings stimmen viele Forscher darin überein, dass durch Gen-Food keine grössere Gesundheitsgefahr für den Menschen bestehe als durch herkömmliche Lebensmittel.
Dies stellten auch die Gesundheits- und Umweltbehörden der USA und die oberste Gesundheitsbehörde der EU fest. Führende deutsche Forschungsinstitutionen wie die Max-Planck-Gesellschaft kritisierten mehrfach, die pauschale Ablehnung von Gen-Technik durch die Grünen hierzulande schade dem Forschungsstandort Deutschland.
Welche Kritik an Monsanto gibt es noch?
Monsanto ist nicht nur in der Zucht von Gen-Pflanzen aktiv. Der Agrarriese stellt auch Pflanzenschutzmittel her. Das Totalherbizid Roundup zählt zu den meistverkauften Pestiziden weltweit. Es enthält den Inhaltsstoff Glyphosat, der unter dem Verdacht steht, Krebs zu erregen. Derzeit diskutiert die EU über die Neuzulassung des Mittels.
Neben seinen Produkten werden auch die Geschäftspraktiken des US-Konzerns immer wieder kritisiert. Durch Einflussnahme auf Politiker und Wissenschaftler wird eifrig Lobby-Arbeit betrieben. Umweltverbände behaupten, Monsanto würde Widersacher einschüchtern und skrupellos über soziale und ökologische Belange hinweggehen.
Zudem dränge das Unternehmen Farmer durch den Verkauf von Saatgut-Lizenzen in die finanzielle Abhängigkeit. Und schliesslich wird auch die Datensammelwut bemängelt. Mithilfe einer App bekommen interessierte Landwirte in den USA exakte Wetter- und Klimaprognosen für ihre Felder, um den bestmöglichen Zeitpunkt für Aussaat, Düngen oder Bewässerung zu bestimmen. Die Erträge könnten so erheblich gesteigert werden.
Dafür erlangt Monsanto Zugriff auf Daten über Sorten, Erträge und weitere Informationen. Big Data in der Agrarbranche.
Warum interessiert sich Bayer für Monsanto?
Durch die geplante Übernahme steht Bayer kurz vor einem Coup. Der in Leverkusen beheimatete Dax-Konzern würde zum weltweit grössten Agrarchemie-Hersteller aufsteigen und die Spitzenposition in seinen Kerngeschäften stärken. Laut Experten ergänzen sich die Geschäftsbereiche beider Konzerne gut.
Der Jahresumsatz würde nach der Fusion auf rund 60 Milliarden Euro (bisher: 46,3 Mrd.) steigen, die Mitarbeiterzahl von rund 117.000 auf fast 140.000 klettern.
Doch die Aktionäre sorgen sich wegen des miserablen Images des US-Konzerns und der teuren Übernahme um ihre Dividende. "Das Image von Monsanto interessiert die Märkte nicht", erklärte allerdings der Commerzbank-Analyst Daniel Wendorff dem Münchner Merkur: "An der Börse ist so etwas zweitrangig."
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