Null-Prozent-Finanzierungen boomen: Ob bei Elektronikartikeln, im Küchenstudio, beim Autokauf oder im Möbelgeschäft, immer mehr Händler locken Kunden mit attraktiven Finanzierungsangeboten, am besten gleich zum Nulltarif. Und immer mehr Deutsche zahlen gerade grössere Anschaffungen nicht mehr sofort, sondern auf Pump. Doch sind die Angebote wirklich so gut und günstig, wie sie klingen?

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Null-Prozent-Finanzierungen sind aus dem deutschen Einzelhandel kaum mehr wegzudenken, kaum ein Werbeprospekt ist momentan frei von Angeboten zum Kauf auf Pump: Statt den neuen Laptop, die neue Couch oder das Auto sofort zu zahlen, werden monatliche Raten vereinbart, die nicht nur besonders niedrig, sondern auch noch frei von Zinsen sein sollen.

"Null-Prozent-Aktionen sind ein neueres Marketinginstrument und kommen in einem moderneren Gewand als Rabattaktionen daher", erklärt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Auch einer aktuellen Erhebung des Bankenverbandes zufolge erfreuen sich so genannte Point-of-Sale-Finanzierungen, also direkt im Geschäft abgeschlossene Kreditverträge, immer grösserer Beliebtheit. Demnach lag das Volumen von Krediten für Elektro- und Haushaltsgeräte, Möbel sowie Küchen im Jahr 2012 bei 4,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2008 wurden Konsumdarlehen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro direkt beim Händler abgeschlossen.

Verbraucherschützer warnen vor Gefahren von Null-Prozent-Finanzierungen

In diesen Zahlen sind neben Null-Prozent-Finanzierungen auch solche mit einem festen Zinssatz enthalten, getrennte Zahlen über die Kredite zum Nulltarif hat der Verband nicht erhoben. Doch Verbraucherschützer beobachten eine Zunahme des Angebots an zinsfreien Krediten für Konsumgüter – und warnen vor einigen Fallstricken.

"Es gibt zwei grosse Gefahren für Verbraucher", sagt Frank Lackmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Zum Einen bestehe selbst bei geringen monatlichen Raten die Gefahr, sich zu übernehmen: "Oft werden Kreditverträge mit niedrigen Raten und einer kurzen Laufzeit angeboten." Gerade bei teuren Anschaffungen, wie beispielsweise einem Auto, ist dann aber am Ende der Vertragslaufzeit eine umso höhere Schlussrate fällig. "Wenn die nicht direkt gezahlt werden kann, ist eine Anschlussfinanzierung mit in der Regel wesentlich höheren Zinssätzen nötig."

Auf der anderen Seite ist längst nicht jede Null-Prozent-Finanzierung tatsächlich auch zum Nulltarif zu haben: "Verbraucher müssen unbedingt auf versteckte Kosten wie zusätzlich anfallende Bearbeitungsgebühren oder Kontoführungsentgelte achten", empfiehlt Lackmann. Oftmals werden auch Restschuldversicherungen angeboten, die die Kreditkosten zusätzlich in die Höhe treiben: "Gerade bei Produkten, die nur einige hundert Euro kosten, sind die unnötig, aber teuer."

Warum der Verbraucher auf Null-Prozent-Finanzierungen anspringt

Dass viele Kunde dennoch auf das Marketinginstrument Null-Prozent-Finanzierung anspringen und die Risiken beiseiteschieben, erklärt der Konsum- und Hirnforscher Hans-Georg Häusel. "Wenn wir Rabattschilder oder Null-Prozent-Finanzierungsangebote sehen, schaltet sich das Grosshirn aus." Dieses sei für rationale Entscheidungen zuständig. "Stattdessen ist das Belohnungszentrum sehr aktiv", so Häusel. Und das steigere zugleich die Risikobereitschaft.

Wenn die monatlichen Raten bei einem Konsumkredit besonders niedrig sind, greifen wir noch schneller zu – auch wenn am Ende noch eine hohe Schlussrate wartet: "Wir ähneln da einer Eintagsfliege", sagt Häusel. "An zukünftige Belastungen denken wir erst einmal nicht."

Um dennoch nicht in die Schuldenfalle zu tappen, empfiehlt der Konsumforscher nicht spontan zu kaufen, sondern "mindestens eine oder sogar zwei Nächte darüber zu überschlafen" und sich die Frage zu stellen, ob man das Produkt wirklich jetzt brauche.

Spartipp: Preisnachlass beim Barkauf verhandeln

Zudem sollten Verbraucher vor dem Kauf die Preise genau vergleichen. "Üblicherweise kann man davon ausgehen, dass in den Preis die Null-Prozent-Finanzierung einkalkuliert ist", erklärt die sächsische Verbraucherschützerin Heyer.

Grundsätzlich gilt: Ist die Anschaffung nicht absolut notwendig, sollte der Kauf auf Pump die Ausnahme bleiben: "Man sollte sich grundsätzlich nicht zu Kreditaufnahmen verleiten lassen, etwa weil man den Wunsch nach einem modernen Fernsehgerät hat", so Heyer. Dann sei es besser, darauf zu sparen und später einen Barzahlungsrabatt auszuhandeln.

Das empfiehlt auch Kosumforscher Häusel. Denn mit Bargeld könne der Kunde den Spiess umdrehen – und seinerseits den Händler locken: "Gerade wenn es um hohe Summen geht, die direkt gezahlt werden, sind Händler bereit, hohe Preisnachlässe zu gewähren."

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