Wer bei einem Unternehmen wie Uber oder Lieferdiensten jobbt, hat in der Europäischen Union künftig mehr Rechte. Europaparlament und Mitgliedstaaten einigten sich am Mittwochmorgen auf ein Gesetz, wonach Beschäftigte sogenannter Plattformfirmen unter bestimmten Bedingungen als voll angestellt gelten. Bislang sind etwa Uber-Fahrer oder Fahrradkuriere auf dem Papier häufig selbstständig und damit unter anderem nicht über ihren Arbeitgeber sozialversichert.
Nach den neuen Vorschriften haben Betroffene rechtlich den gleichen Status wie regulär angestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sobald zwei von fünf Kriterien erfüllt sind. Dazu gehören das Lohnniveau, festgelegte Regeln für die Arbeitskleidung, elektronische Überwachung durch den Arbeitgeber, eine eingeschränkte Wahlfreiheit bei den Arbeitszeiten und kaum oder keine Möglichkeit, für andere Arbeitgeber zu arbeiten.
Unternehmen können Widerspruch einlegen
Sind zwei der Kriterien erfüllt, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst, Gewerkschaften oder Behörden eine sogenannte Annahme einer Anstellung feststellen. Unternehmen können Widerspruch einlegen, müssen dafür aber beweisen, dass ein Arbeitnehmer tatsächlich selbstständig ist.
Die Verhandlungsführerin des Europaparlaments, Elisabetta Gualmini (Sozialdemokraten), sprach von einer "revolutionären Einigung". Die Regelung schaffe "bessere Rechte für die am schlechtesten geschützten Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Welt". Der CDU-Abgeordnete Dennis Radtke erklärte, die EU sage "Scheinselbstständigkeit und Wettbewerbsverzerrung hiermit den Kampf an".
Der deutsche Lieferdienst Lieferando begrüsste die Einigung. Das Unternehmen stelle seine Kuriere in Deutschland bereits an und setze auch in den meisten anderen EU-Ländern auf eine reguläre Anstellung. "Die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb unseres Sektors dürfte EU-weit erhebliche Auswirkungen haben", teilte Lieferando mit.
Entscheidungen über Kündigungen nicht mehr durch Algorithmen
Das Gesetz verbietet digitalen Plattformen zudem, persönliche Daten wie die Glaubensrichtung ihrer Beschäftigten und private Unterhaltungen mit Kolleginnen und Kollegen zu verarbeiten. Entscheidungen über Kündigungen dürfen nicht mehr von Algorithmen getroffen werden. Die Unternehmen sollen ausserdem an die Behörden und an Gewerkschaften melden, wie viele Menschen sie selbstständig beschäftigen.
Mehr als 30 Millionen Menschen in der EU arbeiten für Plattformfirmen, bis 2025 könnte ihre Zahl auf mehr als 40 Millionen ansteigen. Rund 5,5 Millionen von ihnen sind nach Einschätzung der EU-Kommission fälschlicherweise selbstständig beschäftigt. Den neuen Vorschriften müssen Parlament und Mitgliedstaaten noch formal zustimmen. © AFP
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