Er soll Millionen mit illegalem Drogenhandel im Internet verdient haben – jetzt muss er ins Gefängnis. Ein Gericht befand den Gründer der Website "Silk Road" für schuldig. Das Urteil: lebenslange Haft. Die Online-Plattform, die für durchschnittliche User unsichtbar ist, hatte sich zu einem Mekka für anonyme Drogenfreunde entwickelt. Wer ist der Mann, der hinter dem Geschäft stecken soll?

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Viele Jahrhunderte ist es her, dass Kamel-Karawanen seltene Stoffe, Gewürze und Öle über die Seidenstrasse - auf englisch "Silk Road" - trugen. Als einer der ältesten Handelswege der Welt verband die Route einst China mit dem Mittelmeerraum. Wer sie nutzte, durfte jubeln: Die seltenen Güter waren begehrt, Händler erwartete unschätzbarer Reichtum.

Im Ansatz ist das auch die Geschichte von Ross William Ulbricht und seiner modernen Version der Seidenstrasse im Internet. Und genau wie das Original ging auch seine Handelsstrasse am Ende unter.

Ulbricht hat die legendäre Route ins digitale Zeitalter übersetzt, er entwarf eine gigantische Plattform für den Online-Handel: die virtuelle "Silk Road".Was nach dem Alltagsgeschäft von Amazon und Ebay klingt, hat eine heikle Fussnote. Denn anstatt Seide und Gewürze wanderten über die virtuelle Silk Road gefälschte Ausweise, Hacker-Software - und vor allem Drogen. All das machte Ulbricht mit seiner Website möglich. Deshalb verurteilte ein New Yorker Gericht den 31-Jährigen nun zu lebenslanger Haft – die Höchststrafe.

Pfadfinder, Physikstudent – und Verbrecher?

Das Besondere an der Website: Sie bot vollkommene Anonymität. Denn die Seite war nicht im normalen Netz angesiedelt, das mit Internet Explorer oder Firefox zu erreichen ist. Sondern im "Darknet". Um darin zu surfen, braucht es eine spezielle Software – den Tor–Browser. Dieser schickt die Verbindung über unzählige Server auf der ganzen Welt, so dass der eigentliche Nutzer nicht mehr zurückverfolgt werden kann. Für Silk Road schuf die Software ideale Voraussetzungen. Bezahlt wurde mit Bitcoins, einer digitalen Währung, die anonyme Transaktionen ermöglicht. Der virtuelle Schwarzmarkt, mit dem Ulbricht Millionen verdient haben soll, war perfekt.

Auf Fotos wirkt Ulbricht mit seinen strubbeligen Haaren und den runden Kulleraugen keinesfalls wie ein Verbrecher. Ulbricht lacht häufig auf den Aufnahmen, umarmt seine Familie, streichelt Katzen und Hunde. Als Kind soll er bei den Pfadfindern gewesen sein, später studierte er Physik.

So sieht keiner aus, der Drogenhandel ermöglicht und damit Millionen verdiente. Zumindest argumentierte so die Verteidigung von Ulbricht. Ja, sein Mandant habe die Online-Plattform unter dem Pseudonym "Dread Pirate Roberts" gegründet. Aber nein, für den illegalen Schwarzmarkt und alles andere sei er nicht verantwortlich. Denn schon kurz nach dem Start habe er die Website jemand anderem übergeben - und erst kurz vor seiner Verhaftung wieder übernommen.

Das FBI ist da aber anderer Meinung. Als die Ermittler Ulbricht im Oktober 2013 verhafteten, hätten Beamte auf seinem Rechner ein Tagebuch gefunden, so die Behörde. Die Verteidigung behauptete hingegen, das Dokument sei gefälscht, um Ulbricht die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das Tagebuch gewährt tiefe Einblicke in die Welt des Silk Road-Betreibers. Demnach ist die erste Version der Seite im Januar 2011 live gegangen.

Ulbricht sieht sich als Sündenbock

In den folgenden Jahren wächst die virtuelle Seidenstrasse, wird zu einem Mekka für Drogenfreunde. Fast eine Million Nutzer sind dort am Ende angemeldet. Das habe sich für Ulbricht ausgezahlt, so der Vorwurf: Rund 80 Millionen US-Dollar soll er an Provision verdient haben. Insgesamt wurden auf "Silk Road" etwa 1,2 Milliarden Dollar umgesetzt.

Was Ulbricht erschaffen wollte, erklärt er in seinem LinkedIn-Profil, das noch immer online ist. Dort schreibt er: "Ich entwerfe eine wirtschaftliche Simulation, um den Leuten einen Eindruck davon zu vermitteln, wie es wäre, in einer Welt ohne systemische Gewaltanwendung zu leben." Was verschlungen klingt, ist nicht weniger als der Leitsatz für einen freien, anonymen Online-Handel, der keinerlei Kontrollen unterliegt.

So anonym die Seite auch war, am Ende wurde Ulbricht doch enttarnt. Das FBI konnte nach langen Ermittlungen einen Server im isländischen Reykjavík aufspüren. Ein Agent schleuste sich später bei Silk Road ein und begann dort zu arbeiten. Schliesslich gelang es den Ermittlern, Ulbricht in eine Bibliothek zu locken, wo er sich als "Dread Pirate Roberts" einloggte.

Der Beschuldigte blieb jedoch bis zuletzt bei seiner Version, dass ihn jemand zum Sündenbock gemacht habe. Das Gericht überzeugte das nicht: "Was Sie mit Silk Road getan haben, war furchtbar zerstörerisch für unser soziales Gefüge", sagte Richterin Katherine Forrest - und verurteilte Ulbricht am Ende zu lebenslanger Haft.

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