- Weil viele Schweizer zum Einkaufen nach Deutschland fahren, gehen dem Land jedes Jahre grosse Summen an Steuern verloren.
- Nun hat die Regierung beschlossen, den Einkaufstourismus deutlich unattraktiver zu machen.
Die Schweiz will den Einkaufstourismus etwa über die Grenze nach Deutschland eindämmen. Auch die zweite Parlamentskammer hat jetzt zugestimmt, den Freibetrag für mehrwertsteuerfreie Einkäufe deutlich zu senken.
Grosse Sorge macht sich der Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Claudius Marx, deshalb aber nicht: "Das freut den Einzelhandel natürlich nicht, aber wir halten es auch nicht für eine Massnahme, vor der man sich nicht fürchten muss", sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
"Es geht um eine Aufhebung von einer krassen Ungerechtigkeit", meinte dagegen Walter Schönholzer, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Thurgau auf der Südseite des Bodensees, beim Schweizer Sender SRF.
Viele Schweizer kaufen lieber in anderen Ländern ein
Neu sollen Schweizer statt für 300 Franken (gut 275 Euro) nur noch für 50 Franken im Ausland einkaufen dürfen, ohne auf ihre Einkäufe in der Schweiz Mehrwertsteuer zahlen zu müssen. Wann die Massnahme umgesetzt wird, konnte das Finanzministerium noch nicht sagen.
Es sei nicht vertretbar, dass ein Schweizer daheim beim Einkauf Mehrwertsteuer zahlten, beim schnellen Gang über die Grenze aber nicht, so Schönholzer. "So geht das nicht weiter. Unserem Staat gehen etwa 700 Millionen Franken Steuereinnahmen verloren." Der Einkaufstourismus wird auf zehn Milliarden Franken im Jahr geschätzt.
Weil die Preise in der Schweiz höher sind als in den Nachbarländern, kaufen viele Leute aus Grenzregionen in Deutschland, Österreich, Italien oder Frankreich ein. Wer in der Schweiz lebt, kann sich bei Einkäufen in der EU die gezahlte Mehrwertsteuer erstatten lassen. Möglich ist das, weil die Schweiz nicht in der EU ist.
Experte sieht Massnahme kritisch
Die Schweiz erhofft sich durch die Massnahme neben Steuereinnahmen auch eine Belebung des Geschäfts innerhalb der Grenzen. "Wir haben ein enormes Ladensterben", sagte Schönholzer. "Hier verspreche ich mir ein klares Zeichen, dass es wieder eine Zukunft gibt."
Für Marx sind vielmehr Preise und Angebotsvielfalt ausschlaggebend dafür, dass Schweizer in Deutschland einkaufen. Der Einkauf würde sich dennoch lohnen, auch, weil die Mehrwertsteuer in der Schweiz nur etwa ein Drittel so hoch ist wie in Deutschland.
Bei einem Lebensmitteleinkauf von 70 Franken mache die Mehrwertsteuer weniger aus, als die Parkuhr in Konstanz koste. Grenzregionen sollten Wettbewerb dieser Art zulassen, meinte Marx.
Die Schweiz profitiere andererseits, weil etwa aus dem südlichen Baden-Württemberg 40.000 Arbeitskräfte in die Schweiz pendelten. Die Fachkräfte fehlten in Deutschland, dennoch werde dem kein Riegel vorgeschoben. (dpa/thp)
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