Nach dem Scheitern von "Sion 2006" stürzt sich das Wallis erneut ins olympische Rennen. Am Freitag wurde eine Kandidatur von mehreren Westschweizer Kantonen lanciert. Christophe Clivaz, ein Walliser Umweltschützer und Experte für nachhaltigen Tourismus an der Universität Lausanne, ist von der Kandidatur wenig überzeugt.

Ein Interview
von Samuel Jaberg

Der Traum von olympischen Spielen erhebt sich im Wallis wieder aus der Asche: Er heisst "Sion 2016". Die Kandidatur für die Winterspiele 2026 "im Herzen der Schweiz", an der vier Westschweizer Kantone und Sitten als Host-City beteiligt sind, ist am Freitag offiziell lanciert worden.

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Eine andere Kandidatur aus dem Kanton Graubünden sieht ebenfalls vor, die Spiele auf mehrere Kantone aufzuteilen, darunter Thurgau, St. Gallen und Schaffhausen. Das Sportparlament von Swiss Olympic wird im April zwischen diesen beiden Optionen entscheiden, während das internationale Auswahlverfahren im Juni 2019 stattfinden wird.

Christophe Clivaz, Professor am Institut für Geographie und Nachhaltigkeit an der Universität Lausanne und Gemeinderat für die Grünen in der Stadt Sitten, kritisiert die teure Kandidatur. Sie basiere auf einem veralteten Modell von Tourismusentwicklung.

Ist die Kandidatur von Sitten für die Olympischen Winterspiele 2026 eine gute Neuigkeit für das Wallis?

Christophe Clivaz: Ich bin absolut gegen diese Kandidatur. Als Gemeinderat von Sitten bin ich sehr beunruhigt, was die zukünftigen Finanzen meiner Stadt anbelangt. Studien zeigen, dass zwischen 1960 bis 2012 das ursprüngliche Budget der Olympischen Winterspiele im Schnitt um 179 Prozent überschritten wurde.

Wenn Sitten die Spiele organisiert, würde dies bedeuten, dass ein grosser Teil unserer finanziellen und personellen Ressourcen während mehrerer Jahre für dieses Projekt geopfert würde. Wir hätten keine Mittel mehr für andere dringliche Bereiche wie etwa Bildung oder Kinderkrippen.

Aber wäre die Kandidatur nicht gut für den schwächelnden Tourismus im Wallis?

Wegen dem Klimawandel sollten die Tourismusakteure ihre Angebote diversifizieren und sich mehr auf die Sommersaison konzentrieren. Die Winterspiele im Wallis durchzuführen sendet wirklich ein falsches Signal zum falschen Zeitpunkt aus. Die Befürworter der Kandidatur halten am alten Modell fest, das die Zukunft des Tourismus einzig im Winter und in den Schneesportarten sieht.

Die olympischen Spiele wären doch aber eine gute Gelegenheit, über die Zukunft einer Stadt oder Region nachzudenken…

In der Tat. In Turin beispielsweise haben die Olympischen Spiele von 2006 den lokalen Tourismus angekurbelt und städtische Bauprojekte ermöglicht, die sonst nie gebaut worden wären. Aber in Sitten sehe ich ehrlich gesagt nicht, was man dank der Spiele zusätzlich unternehmen oder finanzieren könnte.

Der Walliser Befürworter Christian Constantin will das Gelände der Raffinerie von Collombey-Muraz in ein olympisches Dorf und eine ökologische Stadt der Zukunft verwandeln. Das müsste Ihnen doch gefallen?

Christian Constantin hat ein gutes Gespür, ihm ist das Interesse für die ökologische Seite seines Projekts bewusst. Aber sein Beruf ist das Bauen, er will sich Arbeit geben, das ist alles. Es ist kein Zufall, dass er, und nicht die Tourismus-Kreise hinter der Kandidatur "Sion 2026" steckt.

Umso besser, wenn er es schafft, etwas Ambitiöses auf diesem verschmutzten Gelände zu verwirklichen, aber sein Projekt stösst auf grossen Widerstand in der Region Chablais. Mit dem Bau einer Stadt für 20'000 Einwohner würde er auf einen Schlag die lokale Bevölkerung verdoppeln. In der Schweiz werden solche Projekte für gewöhnlich nicht gerade mit Handkuss angenommen.

Übertragung aus dem Französischen: Sibilla Bondolfi

  © swissinfo.ch

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