Ist Uli Hoeness trotz des Prozesses gegen ihn noch an der Spitze des FC Bayern München vertretbar? Muss er zurücktreten? Für Steuerexperte Prof. Dr. Manuel René Theisen ist der Fall klar.

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Herr Prof. Theisen, ist Uli Hoeness als Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München noch tragbar?

Prof. Manuel René Theisen: Nein. Das ist schon lange meine Meinung, aber spätestens nach diesem Prozess muss er gut beraten seinen Rücktritt nicht nur anbieten, sondern auch vollstrecken.

Auch unabhängig vom Urteil?

Das ist unabhängig vom Urteil. Theoretisch angenommen, er würde nach dem Urteil vollkommen straffrei ausgehen, bleibt er nach eigener Einschätzung ein in zweistelliger Millionenhöhe vorgenommener Steuerhinterzieher. Das hat er ja eingestanden. Ob er dafür bestraft wird, ist Sache des Gerichts. Aber es geht jetzt darum: Können DAX-Unternehmen wie Adidas, Telekom und all die anderen mit einem solchen Steuerhinterzieher auf einer Bank ein Unternehmen leiten? Das halte ich für ausgeschlossen.

Glauben Sie, dass die Unternehmen eine Amtsenthebung einleiten werden, wenn er nicht freiwillig geht?

Nach allem, was man liest, bereiten sie das derzeit vor, seit zwei Tagen allerdings erst. Damit habe ich schon längst gerechnet. Denn sie können keinen Tag länger warten. Mit ihren eigenen Compliance-Richtlinien, also den Richtlinien für ordnungsgemässe Unternehmensführung bei VW, Adidas, Telekom oder Audi, ist es schlicht nicht vereinbar. Dort heisst es: Jede Zusammenarbeit mit einem, ich sage es mal vereinfacht, Vorbestraften, in dem besonderen Fall ein Steuerhinterzieher, ist zu vermeiden. Hier steht ganz klar drin, dass sie das nicht können.

Wenn er Manager bei Audi wäre …

… wäre er schon längst weg. Sie haben es ja gesehen, im Mai des vergangenen Jahres war er innerhalb von 24 Stunden aus dem Aufsichtsrat einer Allianz-Tochter ausgeschieden. Die haben sofort reagiert. Sie müssen reagieren. Das verlangt die Richtlinie der Unternehmen. Hier ist es ja nur die Spezialität, dass er als Vereinspräsident gesetztes Mitglied im Aufsichtsrat ist. Das heisst, er ist nicht gewählt, er ist kraft seines Amts da drin. Man kann ihn deswegen nicht abwählen.

Schadet der Prozess dem FC Bayern in wirtschaftlicher Hinsicht?

Das ist schwer zu beurteilen. Das sind zwei verschiedene Schienen. Auf der einen Seite steht der sehr erfolgreiche Fussballclub. Auf der anderen das Wirtschaftsunternehmen FC Bayern AG, das zu einem Viertel von Sponsorengeldern lebt. Das ist das Fünffache des derzeitigen Gewinns. Wenn diese Sponsorengelder auch nur zum Teil zukünftig nicht mehr in dieser Höhe fliessen, haben sie natürlich ein massives wirtschaftliches Problem. Aber das ist natürlich die Entscheidung der Sponsoren und der wirtschaftlichen Partner.

Prof. Dr. Manuel René Theisen, geboren 1953, ist Lehrstuhlinhaber am Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat in Regensburg Betriebswirtschaftlehre und Rechtswissenschaften studiert. Er gilt unter anderem als Experte für saubere Unternehmensführung (Compliance).
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