Start-ups in Entwicklungsländern sind dank Schweizern gut beraten worden. Die Stiftung Swisscontact, deren Ziel es ist, das wirtschaftliche Umfeld in bestimmten Ländern zu verbessern, hat kürzlich über Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Bosnien und Uganda berichtet.

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Erna Šoševic aus Bosnien und David Olyabo vom Viktoriasee in Uganda mussten viele Hürden überwinden, um ihr Unternehmen zu gründen. Davon erzählten sie an einem Vortrag an der Jahrestagung von Swisscontact im Oktober in Zürich.

Swisscontact wollte einige konkrete Beispiele dafür geben, wie das Geld ausgegeben wird.

Bosnien: eine Wirtschaft im Umbruch

Fast ein Vierteljahrhundert nach einem Bürgerkrieg, bei dem 100'000 Menschen starben, bleibt Bosnien und Herzegowina eines der ärmsten Länder Europas. Jungunternehmer wie Erna Šoševic forcieren das Tempo des Fortschritts und hinterfragen die Normen einer traditionellen, von Männern dominierten Gesellschaft.

Erna, eine 34-jährige Mutter von zwei Kindern, verliess ihren Job in einer Beratungsagentur, um ein eigenes Unternehmen zu gründen. Sie entwickelte die Online-Plattform Bizbook, die innovativen Unternehmen in Bosnien hilft, sich zu vernetzen.

Šoševic sagt, dass sie im Swiss Entrepreneurship Programme von Swisscontact, das durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) finanziert wird, gelernt habe, Geschäftsführerin zu werden. Das Programm zielt darauf ab, Arbeitsplätze zu schaffen, indem es das "Unternehmer-Ökosystem" durch Mentoring und Ausbildung stärkt.

Uganda: Mangelnde Investitionen in junge Menschen

Swisscontact führt ein ähnliches Mentoring-Programm in Tansania und Uganda durch: U-Learn. Das Projekt läuft bis 2021 und soll insgesamt 15'000 Jugendlichen helfen. Bisher wurden 4546 junge Leute unterstützt.

Laut dem World Factbook for Uganda der Central Intelligence Agency (CIA), leidet das ostafrikanische Land unter "schlechtem Wirtschaftsmanagement, verbreiteter Korruption und dem Versagen der Regierung, angemessen in wirtschaftliche Möglichkeiten für eine wachsende junge Bevölkerung zu investieren". Das Land ist für ein langfristiges Wachstum auf Spendengelder angewiesen.

Im Rahmen des Projekts U-Learn zeigt Swisscontact lokalen Ausbildern, Handwerksmeistern und Firmeninhabern, wie man Jungunternehmer betreut und unterstützt. Der 24-jährige David Olyabo aus Uganda erhielt Hilfe aus dem Programm zum Aufbau des Fischzuchtunternehmens, das er heute leitet.

Davids Familie wohnte in der Nähe des Viktoriasees und lebte vom Fischfang. Davids Bruder bezahlte ihm von seinem Lohn ein Universitätsstudium, aber als wegen der zurückgehenden Fischbestände ein Fischereiverbot im See verhängt wurde, war David gezwungen, sein Studium aufzugeben. Das war der Moment, in dem er Swisscontact für eine Geschäftsberatung anfragte.

David sagt, dass die Unternehmensgruppe mit 14 Mitarbeitern bisher 8.826 Franken (8.900 US-Dollar) verdient hat. Sie schätzen, am Ende des zweiten Produktionszyklus' den Verdienst verdreifacht zu haben. Sie haben Pläne, durch die Herstellung von eigenem Fischfutter Kosten zu senken und wollen das Geschäft durch die Verarbeitung und den Export von Fisch ausbauen.

Woher das Geld von Swisscontact kommt

Ein seit langem bestehendes Ziel der Vereinten Nationen ist es, dass die Industrieländer 0,7 % ihres Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungshilfe verwenden. Der Grossteil der Mittel von Swisscontact (65%) stammt aus "Bundesmandaten". Das sind Projekte, die im Auftrag des Seco oder der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) durchgeführt werden.

Weitere 20% der Mittel stammen von "verschiedenen Kunden". Dies sind Mandate von anderen staatlichen Gebern (z.B. dem britischen Department of International Development, DFID, oder dem schwedischen Äquivalent SIDA) und multilateralen Organisationen wie der Weltbank. Weitere 10% stammen aus Spenden und Beiträgen von privaten Stiftungen und Unternehmen, die im Jahresbericht von Swisscontact aufgelistet sind.

Warum Unternehmen so grosszügig spenden

Unternehmen, die an anerkannte Wohltätigkeitsorganisationen spenden, können Steuern sparen und bis zu 20% ihrer Einnahmen abziehen, aber das ist nicht die Kernmotivation für gemeinnütziges Verhalten.

Katrin Schnellmann von Swisscontact sagt, dass Philanthropie in der Regel Teil der Corporate Social Responsibility (CSR) ist, eine Selbstregulierung, die den Unternehmen hilft, sich selbst und seinen Stakeholdern gegenüber sozial verantwortlich zu verhalten.

Der Schweizer Pharmamulti Novartis ist einer der privaten Spender von Swisscontact. Sein Sprecher, Satoshi Jean-Paul Sugimoto, sagt, dass Wohltätigkeit dem Unternehmen Respekt einbringt. Das erhöhe wahrscheinlich die Loyalität der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen und ermögliche es, besseres Personal für die Firma zu gewinnen.

"Wir glauben, dass es einen (positiven) Zusammenhang zwischen Talentbindung und -gewinnung und der Rolle eines guten Corporate Citizen gibt. Inzwischen ist klar, dass die Millennials, die in vielen Ländern über die Hälfte der Belegschaft ausmachen, tendenziell hohe Erwartungen an die unternehmerische Verantwortung haben."

Aber Spenden für wohltätige Zwecke sind nur ein kleiner Teil der Attraktivität eines Unternehmens, so Georg von Schnurbein, Direktor des Center for Philanthropy Studies der Universität Basel. "Viel wichtiger sind Aktivitäten in ökologischen, gesellschaftlichen und seit einigen Jahren auch politischen Bereichen."

Novartis unterstützt in der Regel Projekte, die eng mit ihrem Kerngeschäft und ihrer Expertise verbunden sind und als "nachhaltig" gelten.

Sugimoto erklärt: "Unsere Bemühungen konzentrieren sich auf unsere eigenen Medikamente und unsere wissenschaftliche Expertise, um den Gesundheitssystemen zu helfen, ihre Gesundheitsziele schneller und effektiver zu erreichen". So beteiligt sich Novartis beispielsweise an einem Projekt von Swisscontact, das Gesundheitsfachkräfte in ländlichen Gebieten Bangladeschs ausbildet.

Böse Stimmen behaupten, grosse Unternehmen würden wohltätige Projekte unterstützen, um negative Schlagzeilen auszubügeln.

Von Schnurbein winkt ab und nennt als Beispiel den Diesel-Skandal: "Niemand sagt über Volkswagen in Deutschland: Ja, die haben betrogen, aber schau dir all ihre wohltätigen Spenden an!"

Wie erfolgreich sind die von Swisscontact finanzierten Start-ups?

Mit einem Budget von mehr als 100 Millionen Franken im Jahr 2017, der grösste Teil davon aus Steuergeldern, gibt es einen Druck für Erfolg. Aber Katrin Schnellmann sagt: "Der Erfolg muss von Fall zu Fall bewertet werden. Ein von Swisscontact unterstütztes Start-up mag eingegangen sein, aber der Unternehmer könnte in der Zwischenzeit ein weiteres erfolgreiches Unternehmen gegründet haben."

Oft ist Swisscontact nicht die einzige Stelle, die Hilfe anbietet. So erhielt David Olyabo mit seiner Fischzucht in Uganda nach einer ersten Unterstützung durch Swisscontact staatliche Hilfe. Die von Olyabo und Erna Šoševic gegründeten Start-ups überleben nicht nur, sondern expandieren auch. Dennoch setzt Olyabo nicht auf ein einziges Pferd, er hält auch Hühner. "Wenn der Fischzuchtbetrieb scheitert", sagt er, "kann ich ein kleines Einkommen aus der Geflügelzucht verdienen".

Übertragung aus dem Englischen: Sibilla Bondolfi

  © swissinfo.ch

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