Die Affäre um manipulierte Abgaswerte im deutschen VW-Konzern betrifft vermutlich rund 130.000 Fahrzeuge in der Schweiz. Wir haben nachgefragt, ob nun Kosten auf die Besitzer zukommen – und welche Rechte sie haben.
Welche Fahrzeugtypen sind betroffen?
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) geht aktuell davon aus, dass in der Schweiz rund 130.000 Fahrzeuge vom VW-Abgasskandal betroffen sein dürften. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Modelle aus dem Volkswagenkonzern: um Fahrzeuge der Marken Audi, Seat, Skoda und Volkswagen aus den Baujahren 2009 bis 2014. Betroffene Wagen sind mit Dieselmotoren des Typs EA 189 in den Ausführungen 1,2 TDI, 1,6 TDI und 2.0 TDI ausgerüstet. Dabei betont das ASTRA allerdings: "Die Abklärungen, ob und, falls ja, welche Fahrzeugtypen tatsächlich mit manipulierter Software ausgestattet sind, dauern an."
Wie und wann kommt der Wagen in die Werkstatt?
"Betroffene Fahrzeuge sind weiterhin technisch sicher und fahrbereit. Sie müssen aber nachgebessert werden, sobald es eine technische Lösung gibt", betont Stefan Holenstein, Generaldirektor des Automobil Clubs der Schweiz (ACS).
Der Schweizer Importeur AMAG plane, die Fahrzeuge noch im Oktober anzupassen. Dabei sollen die Kunden zunächst über die technische Lösung informiert und Werkstatt-Termine vereinbart werden. Laut ASTRA bleiben dabei auch jene Fahrzeugbesitzer nicht auf der Strecke, die ihren Wagen beispielsweise nicht über einen Vertragshändler angeschafft haben: Über die Zulassungsdaten seien betroffene Fahrzeuge für die Rückrufaktion und Reparatur zu lokalisieren.
Wer übernimmt die Kosten?
"Für den Automobilisten dürften dabei keine Mehrkosten entstehen. Der Hersteller beziehungsweise Importeur wird die Zusatzkosten tragen", sagt Holenstein. Das trifft laut ACS auch auf Einnahmen zu, die Ämtern und Behörden möglicherweise entgangen sind, weil Verbrauchsangaben zu niedrig waren: Auch diese Kosten dürften nicht zulasten der Autofahrer gehen, sondern auf den Hersteller oder Importeur umgelegt werden.
Rechtlich gegen die eigene VW-Garage vorzugehen, hält der ACS-Generaldirektor nur bedingt für sinnvoll: "Zwar haben die Käufer einen Gegenstand erworben, der sich als mangelhaft herausstellt und der selbst bei der in Aussicht gestellten Nachbesserung einen Wertverlust erleidet", sagt Stefan Holenstein. Das Problem dabei sei aber, dass die Schadenshöhe durch den Käufer nachgewiesen und belegt werden müsse – "was in der Praxis schwierig ist". Das Schweizer Obligationenrecht sieht allerdings die sogenannte Mängelrüge vor: Der Verkäufer ist verpflichtet, den Mangel zu beheben oder Ersatz zu leisten.
Was bedeutet der Verkaufsstopp?
Der Verkaufsstopp, den das ASTRA beschlossen hat, gilt aktuell nur für Neuwagen mit Dieselantrieb EU5. Davon betroffen sind nur wenige hundert Neuwagen, die im Landeslager Schinznach-Bad (Kanton Aargau) stehen. Damit verhindere man, "dass weitere potenziell betroffene Fahrzeuge neu für den Schweizer Strassenverkehr zugelassen werden und die Verunsicherung bei den Konsumenten weiter zunimmt", heisst es vonseiten des Bundesamts. Für den Weiterverkauf von Autos, die im Umlauf sind, sieht der ACS bislang aber keine Hindernisse.
Komm die ganze Branche in Verruf?
"Der Skandal scheint sich momentan klar einzugrenzen", sagt ACS-Generaldirektor Stefan Holenstein. Deswegen glaubt er auch nicht, dass er sich auf Arbeitsplätze in der Automobilwirtschaft auswirkt. Es sei falsch, von VW auf die ganze Branche zu schliessen – "auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass es weitere 'Gesinnungstäter' gibt".
Tatsache sei, dass nicht nur das Image von VW, sondern die Reputation der ganzen Automobilbranche "durch diesen unsäglichen Abgasskandal" stark gelitten habe. Letztlich aber treffe er vor allem den Autofahrer und Kunden.
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