Warnstreiks der Sicherheitskräfte haben den Flugverkehr an mehreren deutschen Flughäfen massiv behindert. Betroffen davon waren am Dienstagmorgen zehntausende Passagiere.
Weil am Dienstag Fracht und Passagiere nicht vorschriftsmässig kontrolliert werden konnten, mussten hunderte Flüge ausfallen, zehntausende Passagiere kamen nicht ans Ziel.
Es handelt sich um die dritte Warnstreikwelle der Gewerkschaft Verdi, die für die Luftsicherheitsassistenten einen bundesweit einheitlichen Stundenlohn von 20 Euro erstreiten will. Auch der Deutsche Beamtenbund (DBB) hat seine Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen.
Begonnen hat der Warnstreiktag um Mitternacht an den Flughäfen Hamburg, Hannover und Bremen. Dort soll das Sicherheitspersonal den ganzen Dienstag nicht arbeiten. Seit 2 Uhr beteiligt sich auch das Sicherheitspersonal an Deutschlands grösstem Flughafen in Frankfurt/Main. "Der Flugverkehr ist massiv beeinträchtigt", sagte Verdi-Verhandlungsführer Benjamin Roscher in Frankfurt.
Rund die Hälfte der geplanten 1.200 An- und Abflüge wurden nach Angaben des Betreibers Fraport von den Fluggesellschaften gestrichen, viele weitere haben Verspätungen. Am Hamburger Flughafen fallen laut einer Sprecherin 202 der für Dienstag angesetzten 357 An- und Abflüge aus.
In Frankfurt streiken mehr als 1.000 Sicherheitsmitarbeiter
In Frankfurt werden laut DBB bis 20 Uhr weit mehr als 1.000 der rund 5000 Sicherheitsmitarbeiter in den Streik treten. Das sei eine "beeindruckende Antwort der Beschäftigten auf die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber", erklärte DBB-Verhandlungsführer Volker Geyer. Bei regulärem Flugbetrieb wären an diesem Dienstag etwa 135.000 Passagiere am grössten deutschen Luftverkehrsdrehkreuz erwartet worden.
Hintergrund sind die bislang ergebnislosen Tarifverhandlungen zwischen dem Bundesverband der Luftsicherung (BDLS) sowie DBB und Verdi für rund 23.000 Beschäftigte der Flugsicherheit. Verdi sprach von einem Warnsignal an die Arbeitgeber, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. "Wir hoffen, dass die Arbeitgeber endlich auf unsere Forderungen eingehen, die Signale der Belegschaften hören und merken, dass die Beschäftigten für ihre Forderungen eintreten und auch bereit sind, hier in den Streik zu treten", erklärte Verdi-Verhandlungsführer Roscher.
Am Flughafen München waren nur rund 150 Kontrolleure für das Flughafenpersonal und die Waren in den Warnstreik gegangen. Die Personenkontrolleure werden in Bayern nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes bezahlt, für den nicht verhandelt wird. Laut Flughafen fielen etwa 100 Flüge aus. Weitere Warnstreiks waren an den Flughäfen Dresden, Leipzig/Halle und Erfurt angekündigt.
Verdi verlangt brutto 20 Euro pro Stunde
Verdi verlangt für die rund 15.000 staatlich geprüften Mitarbeiter brutto 20 Euro pro Stunde, der DBB fordert einen Stundenlohn von 19,50 Euro. Bislang sind die Stundenlöhne in der Branche regional sehr unterschiedlich geregelt, so dass sich den Arbeitgebern zufolge Lohnsteigerungen von bis zu 44 Prozent ergäben. In Bayern verdienen staatlich geprüfte Kontrolleure derzeit 13,93 Euro in der Stunde. Verdi pocht auf deutliche Lohnerhöhungen auch in Ostdeutschland.
Bereits in der vergangenen Woche hatte es Warnstreiks des Flugsicherheitspersonals gegeben - zunächst an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld, dann in Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Verdi begründet die jetzige Eskalation damit, dass die Arbeitgeber trotz der Warnsignale "kein verhandlungsfähiges Angebot" vorgelegt hätten.
Arbeitgeber, Tourismusverbände und Wirtschaft kritisierten die Ausweitung der Warnstreiks deutlich. "Erneut wird ein Tarifkonflikt einer einzelnen Berufsgruppe auf dem Rücken von Hunderttausenden Passagieren, den Luftverkehrsbetrieben und vielen weiteren Unternehmen der deutschen Tourismuswirtschaft ausgetragen", monierte der Generalsekretär des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Rabe. "Von Warnstreiks, also der Idee punktueller Warnsignale Richtung Arbeitgeber, kann hier definitiv keine Rede mehr sein. Spätestens mit diesem dritten Ausstand binnen zehn Tagen wird der Bogen masslos überspannt."
Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) reagierte mit Unverständnis auf die aus seiner Sicht unverhältnismässigen Warnstreiks: Die Arbeitgeberseite habe bereits im Dezember klar gemacht, dass sie zu einem neuen Angebot und zu zügigen Verhandlungen ab Jahresanfang bereit sei. Angesetzt ist die fünfte Verhandlungsrunde in dem Tarifkonflikt für 23./24. Januar in Berlin. Ein zwischenzeitliches neues Angebot lehnt der Verband ab. © dpa
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