Solarenergie spielt bei der Energiewende eine wichtige Rolle. Doch Deutschland ist bei der Technik dafür von China abhängig. Wie es dazu kam und wie Deutschland wieder eine starke Solarindustrie aufbauen könnte.
Weltweit waren im Jahr 2000 rund 1,2 Gigawatt Photovoltaik installiert. Heute sind allein in Deutschland Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 67 Gigawatt am Netz. Die Bundesregierung plant mit einem Zubau von weiteren 148 Gigawatt bis 2030 und insgesamt 400 Gigawatt im Jahr 2040. Ähnlich ist die Situation in vielen anderen Ländern. Technik für Solarenergie hätte für die deutsche Wirtschaft ein riesiges Geschäft werden können.
Denn vor etwas mehr als zehn Jahren verantworteten deutsche Unternehmen rund die Hälfte aller weltweit produzierten Solarmodule. Dann fiel die Branche in sich zusammen und chinesische Firmen übernahmen den Markt. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Solarenergie sank nach Angaben des Umweltbundesamts von 157.000 im Jahr 2011 auf 44.000 im Jahr 2016. Heute sind es etwa 59.000.
Wie kam es zum Zusammenbruch der deutschen Solarbranche?
Vor gut zwölf Jahren fielen mehrere Faktoren zusammen. Der Preisverfall bei den Solarmodulen führte zu einem rasanten Anstieg der Installationen. "Die EEG-Vergütung war fix für 20 Jahre, aber Module immer billiger. Daher gab es eine hohe Rendite", erinnert sich Franz Pöter vom Solar Cluster Baden-Württemberg e.V..
Im Ergebnis stiegen die Gesamtkosten und auch die EEG-Umlage, also die Kosten für alle Stromverbraucher. Die schwarz-gelbe Bundesregierung, konkret der damalige Umweltminister
"Damit war man über das Ziel hinausgeschossen", wie Pöter sagt. Der heimische Absatzmarkt für Photovoltaikmodule brach daraufhin ein. "Die Bundesregierung hat erneuerbare Energien nur als Kosten gesehen und nicht als Investition, die sich rentiert", kritisiert Pöter. Dabei seien in allen Jahren die Subventionen für fossile Energien deutlich höher gewesen als für die erneuerbaren.
Zeitgleich drängte China auf den Weltmarkt "Die chinesische Regierung hat die Photovoltaik als strategische Technologie erkannt und die Industrie systematisch aufgebaut", erläutert Gerhard Stryi-Hipp vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme.
"Durch günstige Kredite und lokale Förderprogramme, die nur chinesischen Firmen zugänglich waren, sowie günstige Arbeitskräfte und Energie, hatten die chinesischen Firmen Wettbewerbsvorteile, die die deutschen Firmen nicht ausgleichen konnten."
Die nötige Technologie für die Fabriken, in denen die Photovoltaikmodule produziert wurden, lieferten deutsche Unternehmen: "Die deutsche Solarindustrie verkaufte Produktionsmaschinen nach China, da das Ziel war, die Solarindustrie weltweit aufzubauen", sagt Stryi-Hipp. Die chinesischen Unternehmen hätten schnell gelernt und systematisch und erfolgreich daran gearbeitet, die Abhängigkeit von ausländischem Know-how zu reduzieren.
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Hätte die chinesische Dominanz verhindert werden können?
Der chinesische Staat hat den Aufbau der Produktionskapazitäten massiv gefördert. Vergleichbares wäre in der Europäischen Union wettbewerbsrechtlich nicht möglich. "Aufgrund des hohen Automatisierungsgrads sind die Arbeitskosten ein untergeordneter Anteil der Photovoltaik-Modulkosten", erläutert Pöter. Die wesentlichen Anteile entstünden aufgrund von Materialkosten, Abschreibung auf die Produktionsanlagen und den Transport.
Allein die Abschreibung auf die Produktionsanlagen haben in 2012 einen Anteil von rund 40 Prozent ausgemacht. "Damit hat die hohe Förderung beim Aufbau der Produktionskapazität in China die Kosten für Module aus China dramatisch reduziert und zu Wettbewerbsverzerrungen für deutsche und europäische Hersteller geführt", resümiert Pöter.
"Unfair" nennt Pöter daher die chinesischen Subventionen, die teils zu Verkaufspreisen unter den Herstellungskosten geführt hätten. Das sahen auch in der deutschen Politik einige so. Am Ende entschied man sich jedoch gegen Strafzölle – aus Angst, die chinesische Regierung könnte im Gegenzug Zölle auf deutsche Autos erlassen.
Wie ist die deutsche Solarbranche heute aufgestellt?
In der Forschung und Entwicklung von Solarmodulen ist Deutschland nach wie vor ganz vorne dabei. Auch die Anlagentechnik ist nach wie vor vorhanden und exportiert weltweit. Doch es gibt keine voll integrierte Fabrik für Solarmodule mehr. Einige wenige Firmen produzieren noch Module und beziehen dazu Komponenten aus China, andere bauen Wechselrichter oder liefern Elektronik zu.
Könnte sich Deutschland aus der Abhängigkeit von China wieder befreien?
"In der Türkei ist vor kurzem eine voll integrierte Fabrik mit deutscher Ingenieursunterstützung aufgebaut worden", berichtet Pöter. Das gleiche passiere gerade in Indien. "Aber dort hat man sich vor drei Jahren auf den Weg gemacht", kritisiert der Solarexperte. "Bei uns ist das erst seit der Energiekrise ein ernsthaftes Thema."
"Die Studien zeigen, dass eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland möglich ist, eventuell mit einer kleinen Unterstützung", erläutert Stryi-Hipp. Es gebe mehrere Initiativen, die nah an konkreten Investitionsentscheidungen seien. Allerdings seien die USA durch den Inflation Reduction Act eine starke Konkurrenz um Investitionen. "Hier ist die Politik in Deutschland und Europa gefragt, vergleichbare Rahmenbedingungen zu schaffen.
Pöter sieht das ähnlich: "Es gibt Studien, die zeigen, dass eine Fabrik, die mehrere Gigawatt pro Jahr an Modulen produziert, sich rechnet. Dann wären die Module aufgrund der unterschiedlichen Transportkosten kaum teurer als die chinesischen."
Er könne sich zudem vorstellen, die EEG-Förderung nur zu gewähren, wenn der CO2-Fussabdruck bei der Herstellung eine gewisse Grenze nicht überschreite. "Da hätte Deutschland gegenüber China einen klaren Vorteil."
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Franz Pöter, Solar Cluster Baden-Württemberg e.V.
- Gespräch mit Gerhard Stryi-Hipp, Fraunhofer ISE
- Stefan Thomas, Wuppertal Institut
- Frauenhofer ISE: Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland
- Umweltbundesamt: Indikator: Beschäftigte im Bereich Erneuerbare Energien
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