Michelangelo war ein begnadeter Künstler. Vor genau 450 Jahren starb der berühmte Italiener mit fast 89 Jahren. Von Kunstbetrug bis Nackt-Skandal: einige der interessantesten Anekdoten aus seinem langen, bewegten Leben.
Die David-Skulptur in Florenz, die Fresken in der Sixtinischen Kapelle und die Kuppel des Petersdoms: Mit Werken wie diesen machte sich der Bildhauer, Maler, Architekt und Dichter unsterblich. Aber wussten Sie, dass die Karriere des Universalkünstlers Michelangelo mit einem Betrug begann?
Michelangelo, ein Fälscher?
Die Bildhauerei war von Anfang an Michelangelos Steckenpferd. Schon in jungen Jahren war er erstaunlich geschickt darin, antike Statuen zu imitieren. So liess er sich nach seiner Ausbildung in der Kunstschule von Lorenzo de' Medici in Florenz im Jahr 1495 dazu verleiten, eine von ihm geschaffene Statue des römischen Liebesgottes Amor als antikes Stück auszugeben. Der bekannte römische Kunstmäzen Kardinal Raffaele Riario fiel zunächst auf den Schwindel rein und kaufte das Werk. Wenig später bemerkte er den Betrug, gab die Statue an den Händler zurück, war aber dennoch beeindruckt von der Fertigkeit des Künstlers. So holte er Michelangelo im Jahr 1496 nach Rom und beauftragte ihn mit einer lebensgrossen Bacchus-Statue. Das war der Beginn des ersten, fünfjährigen Romaufenthalts, in dem Michelangelo unter anderem auch die berühmte Pietà von St. Peter schuf.
Er überstrahlt alles: Michelangelos David
Nachdem Michelangelo nach Florenz zurückgekehrt war, fertigte er seine berühmteste Skulptur an, die gleichzeitig auch eine der bekanntesten der Kunstgeschichte überhaut ist: den David. Was für eine Herausforderung – bereits zwei Bildhauer waren an der Aufgabe gescheitert! Fast vierzig Jahre lagerte der riesige Carrara-Marmorblock im Domgarten, als Michelangelo die schwierige Aufgabe endlich zum Erfolg bringen soll. 1504 ist es soweit: Der extrem schwer bearbeitbare Koloss hatte sich unter Michelangelos Händen in einen fast sechs Tonnen schweren und mehr als fünf Meter hohen Helden aus Stein verwandelt, der bis heute Massstäbe setzt.
Ein Grabmal, eine Never-Ending-Story
Nicht gerade bescheiden, plante Papst Julius II. für sich ein grosses und beeindruckendes Grabmonument und hatte Michelangelo für die Umsetzung auserkoren. Der Künstler soll diesen Auftrag als seine persönliche Tragödie bezeichnet haben. Denn: Er verfolgte ihn über 40 Jahre! Aus unterschiedlichsten Gründen war der passionierte Bildhauer immer wieder gezwungen, die Arbeit zu unterbrechen. Dazu schrumpfte das Vorhaben stetig - aus dem geplanten freistehenden Monument wurde letztlich nur ein vergleichsweise klägliches Wandgrab.
Gezwungen zum grössten Erfolg
Michelangelo war ein Universalgenie, doch er selbst sah in sich immer den Bildhauer. "Malerei ist nicht mein Handwerk", soll er gesagt haben. Das klingt angesichts der grandiosen Fresken, die er an die Decke der Sixtinischen Kapelle malte, wie ein Witz - es war aber keiner. In der Tat wurde Michelangelo zu seinem wohl wichtigsten Werk gezwungen. Eigentlich wollte er an Julius' Grab weiterarbeiten, doch der Papst befahl ihm 1508, erst einmal die Kapellendecke zu bemalen, mit mehr als 500 Quadratmetern ein Mammutprojekt, das Michelangelo mehr als widerwillig annahm. Das letzte Mal hatte er zu Lehrzeiten Fresken erstellt. Und so hatte er auch Anlaufschwierigkeiten: Der erste Teil des Gemäldes schimmelte, weil er den Kalk zu nass aufgetragen hatte. Letztlich machte Michelangelo das Fresko, das er in vier Jahren knochenharter Arbeit schuf, aber unsterblich.
Am Beispiel der Sixtinischen Kapelle zeigt sich auch, was für ein Dickkopf Michelangelo gewesen sein muss. Denn wenn er schon gezwungen wurde, so wollte er den Auftrag immerhin nach seinen künstlerischen Vorstellungen verwirklichen. Statt auf der Decke die Apostel zu verherrlichen - was der Papst gefordert hatte - malte er Szenen aus dem ersten Buch des Alten Testaments wie die berühmte "Erschaffung des Adams". Das war geradezu unerhört, denn damals bestimmte mitnichten der Künstler, sondern der Auftraggeber, was in einem Werk dargestellt werden soll.
So viel Nacktheit geht gar nicht!
Für einen richtig grossen Skandal sorgte Michelangelo jedoch mit einem anderen Gemälde - das ebenso in der Sixtinischen Kapelle zu finden ist: mit dem Hinteraltarfresko des jüngsten Gerichts. Man schrieb jetzt bereits das Jahr 1532. Erneut wurde er von Päpsten, Papst Clemens VII. und nach dessen Tod Papst Paul III., zu dem Auftrag gezwungen und abermals davon abgehalten, am Julianischen Grabmal weiterzuarbeiten. Was am Schluss nach fast zehn Jahren Arbeit herauskam, empörte Papst Paul III. zutiefst: knapp 200 Quadratmeter voll nackter Körper, mittendrin ein fast komplett entblösster Jesus. Auch der Zeremonienmeister soll gegen das Bild gewettert haben: Auf diese Weise könne man eine Taverne bemalen, aber doch bitte keine päpstliche Kapelle. Der gekränkte Michelangelo rächte sich, indem er den Kritiker mit Eselsohren ins Bild malte.
Offenbar wuchs kein Gras über den Skandal: So liess einer der nachfolgenden Päpste die anrüchigsten Szenen mit aufgemalten Tüchern, Schatten und Lendenschurzen entschärfen. Der beauftragte Maler Daniele da Volterra ging so als "Hosenmaler" in die Geschichte ein.
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