Konrad Adenauer war der erste Kanzler der Bundesrepublik. So weit, so bekannt. Aber wussten Sie, dass er sich auch als Erfinder betätigte? Von der Veggie-Wurst mit Fleisch bis hin zur beinahe "absolut tödlichen" Elektrobürste hat Adenauer sich so einiges einfallen lassen – und erhielt am Ende doch nur ein einziges Patent in Deutschland.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der damals schon 73 Jahre alte
Alles begann mit dem Ersten Weltkrieg. Adenauer war als Beigeordneter des Oberbürgermeisters in Köln politisch aktiv und dort für die Lebensmittelversorgung verantwortlich. Die Nahrungsmittel wurden im Verlauf des Krieges immer knapper, und so entwickelte der Sohn einer Bäckerfamilie mit zwei Mitstreitern ein Verfahren für eine Art Not-Brot, für das sie am 2. Mai 1915 auch ein Patent erhielten, wie es auf der Seite des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) heisst.
Getreide war rar und auch Kartoffelmehl wurde knapp. So entwickelten die drei Männer ein Brot auf Mais-Basis, genauer ein "Verfahren zur Herstellung eines dem rheinischen Roggenschwarzbrot ähnelnden Schrotbrotes". Das Geheimnis: Der Mais wurde nicht geröstet, sondern zunächst geschält, zu Mehl verarbeitet und dann getrocknet. "Der zugesetzte Grundsauer entwickelt dann einen angenehm schmeckenden, gut aufgehenden Teig", so steht es in der Patentschrift des Kaiserlichen Patentamts.
Konrad Adenauers Veggie-Wurst - aus Fleisch
Adenauer erfand in Kriegszeiten allerdings nicht nur das Not-Brot, sondern gewissermassen auch die Veggie-Wurst. Fleisch war damals ebenfalls Mangelware, und so richtete er sein Augenmerk auf die Sojabohne. "Der Zweck ist, dem viel billigeren Pflanzeneiweiss in grösserem Masse wie bisher im Verzehr Eingang zu verschaffen, nicht neben, sondern an Stelle des tierischen Eiweisses", heisst es beim DPMA.
Da die Menschen allerdings Fleisch kannten und liebten, sollte das Pflanzeneiweiss in einer beliebten Form daherkommen – nämlich als Wurst. Adenauers Patentanwalt und auch das Kaiserliche Patentamt blieben skeptisch, auch ein neuer Anwalt und die Anmeldung mittels eines Strohmanns halfen nicht. Sie sahen in der Veggie-Wurst keine patentfähige Erfindung, dem DPMA zufolge gab es wohl lebensmittelrechtliche Bedenken.
Und so meldete Adenauer seine Wurst eben im Ausland an, genauer gesagt in Österreich. Das "Verfahren zur Haltbarmachung von Wurst und dergl." wurde schliesslich am 15. Dezember 1919 patentiert. Dabei stellte er die Sojabohne in den Mittelpunkt, die auch zu Konservierungszwecken verwendet werden kann.
Wirklich vegetarisch war seine Wurst aber nicht. Zur Haltbarmachung und "Aufwertung" seiner Erfindung nutzte Adenauer eine "eigentümliche Erscheinung": "Bringt man sie (die Sojabohnen, Anm.d.Red.) in Verbindung mit Fleisch, so verhindern sie, soweit diese Verbindung reicht, dessen Zersetzung und verderben auch selbst nicht", wie es in den Dokumenten des Patentamts heisst.
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Das Kuriose daran: Noch im Juni 1918 meldete er das Verfahren auch in Grossbritannien zum Patent an. Dabei war unter anderem die Seeblockade während des Ersten Weltkriegs verantwortlich für die Lebensmittelknappheit im Land. Und auch in Frankreich, ebenfalls ein deutscher Kriegsgegner, meldete er seine Erfindung an. In beiden Ländern erhielt er schliesslich auch ein Patent.
Gartenharke mit Fleischklopfer und ein transparenter Toaster
Bis zum Zweiten Weltkrieg ruhte Adenauers Erfindergeist. Als er von den Nationalsozialisten schliesslich politisch kaltgestellt wurde, war er aber kaum noch zu bremsen und tüftelte in Haus und Garten an neuen Ideen. So bekam seine Nachttischlampe kurzerhand eine Zeitschaltuhr und der Toaster wurde mithilfe einer Sichtscheibe transparent.
Seine Frau wollte Adenauer beim Flicken von Löchern unterstützen und erfand ein beleuchtetes, batteriebetriebenes "Stopfei". Dieses sollte dabei helfen, bei weniger hellem Tageslicht und bei künstlichem Licht schadhafte Stellen zu erkennen. Doch es gab wieder kein deutsches Patent, in den USA hatte es bereits ähnliche Anmeldungen gegeben.
Ebenfalls nicht patentwürdig war die Idee "eines aufklappbaren Aufsatzes für eine Giesskanne", wie DPMA schreibt. Eine Gartenharke bekam auf der Rückseite den Kopf eines Fleischklopfers. So sollten grössere Erdklumpen bei der Gartenarbeit zerkleinert werden können. Auch an einem verbesserten Mundstück für den Gartenschlauch arbeitete er.
Eine Erfindung, die "absolut tödlich" sein konnte
Nicht jede seiner Erfindungen war ungefährlich. In eine "Elektrobürste zur Schädlingsbekämpfung" steckte Adenauer viel Zeit und Mühe. Dem DPMA zufolge liess er sich dafür von AEG Elektroden in eine Tapezierbürste einbauen. Diese tauchte man zunächst in eine giftige Lösung, um dann damit mit Ungeziefer befallene Baumstämme oder Sträucher zu bestreichen.
Bei einer Spannung von 1.000 Volt hätten Schädlinge wohl nicht lange überlebt. Die Gärtnerin oder der Gärtner bei falscher Anwendung aber vermutlich auch nicht. AEG nannte die Erfindung daher unter Umständen "absolut tödlich" - also gab es wieder kein Patent.
Neben den Bereichen Haus und Garten interessierte sich Adenauer ausserdem für den Strassenverkehr. So arbeitete er unter anderem an einer verbesserten Federung fürs Auto, einer "Abblendungsscheibe für PKW-Fahrer", einer "Blendschutzbrille für Fussgänger" und an einer "Vorrichtung zur Verhinderung des Überfahrenwerdens durch Strassenbahnwagen". Bei Letzterem soll es sich dem DPMA zufolge um eine rotierende Walze gehandelt haben. Diese hätte unaufmerksame Fussgänger einfach aus dem Weg gefegt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Konrad Adenauer keine Zeit mehr für neue Erfindungen. Von insgesamt rund 40 Ideen wurde nur eine einzige in Deutschland patentiert. Und das war sein Brot auf Mais-Basis.
Gut zu wissen
- In Konrad Adenauers Haus in Rhöndorf, einem Stadtteil von Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen, ist nun das Adenauer-Museum untergebracht. Dort sind viele seiner Erfindungen ausgestellt.
Verwendete Quellen
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