Der Hexenverfolgung fielen alleine in Europa Zehntausende Menschen zum Opfer, vor allem Frauen. Ermöglicht wurde das durch den Buchdruck, so eine Studie. Ein kleines Handbuch spielte demnach eine entscheidende Rolle.

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Die Erfindung des modernen Buchdrucks im 15. Jahrhundert gilt als Meilenstein der Menschheitsgeschichte - und als wichtiger Faktor der beginnenden Neuzeit. Doch die Neuerung hatte auch eine dunkle Seite, wie ein Team um die Soziologin Kerice Doten-Snitker vom Santa Fe Institute (US-Bundesstaat New Mexico) berichtet: Demnach trugen der Buchdruck und die dadurch mögliche weite Verbreitung von Ideen massgeblich dazu bei, dass sich die Hexenverfolgung in Europa ausbreitete.

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Zwischen 1450 und 1750 seien in Europa dabei etwa 90.000 Menschen verfolgt und etwa 45.000 hingerichtet worden, schreibt das US-Team im Fachblatt "Theory and Society". Das plötzliche Aufkommen dieses "Hexenwahns" sei rätselhaft, denn der Glaube an Hexerei war in Europa schon seit Jahrhunderten verbreitet gewesen. "Doch die Hexenjagd im grossen Massstab tauchte eher abrupt auf, verbreitete sich weit und war im Vergleich zur Vergangenheit auffällig brutal", heisst es weiter.

Zwar gebe es bereits etliche Erklärungen für das Phänomen - etwa religiöser Eifer als Reaktion auf Reformation und Gegenreformation, Seuchen und Kriege oder die Suche nach Sündenböcken. Dies könne alles eine Rolle spielen, schreibt die Gruppe. Auffällig sei dennoch das zeitliche Aufeinandertreffen zwischen dem Beginn der organisierten Hexenjagd und dem Aufkommen des Buchdrucks. Der habe nicht nur die Verbreitung von Wissen und humanistischen Idealen gefördert, sondern auch die Ausbreitung neuer Ideologien.

"Der Beginn des Druckwesens war für die Verbreitung der Hexenverfolgung entscheidend", denn erst die Publizierung von Handbüchern zur Hexenjagd habe es dem Phänomen ermöglicht, die kleinen Zirkel von Theologen und Inquisitoren zu verlassen, schreiben die Autoren.

Der "Hexenhammer" als einflussreichstes Buch

Am einflussreichsten war demnach das Buch "Malleus maleficarum" - auch als "Hexenhammer" bekannt - des deutschen Dominikaners und Inquisitors Heinrich Kramer, das in der zweiten Hälfte der 1480er-Jahre erstmals in Speyer erschien. Es enthielt als erstes "praktisches Handbuch" eine Kombination von Theorie und Praxis der Hexenverfolgung - samt Anleitung zum Untersuchen, Befragen und Überführen. Bis zum 17. Jahrhundert erschienen Dutzende Ausgaben dieses Buchs, dies habe Hexenprozesse in ganz Europa beeinflusst, so die Studie.

Der Buchdruck sei zwar nicht die Ursache der Hexenverfolgung gewesen, betont die Gruppe, er habe aber ihr bis dahin beispielloses Ausmass ermöglicht. "Der Einfluss des Buchs strahlte in Wellen aus", schreiben die Autorinnen und Autoren. "Nach einer neuen Druckserie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es eine weitere Welle von durch das Buch inspirierten Verfolgungen", erläutert das Team und nennt ein Beispiel. "Die lokalen Behörden von Trier nutzten es in den frühen 1580er-Jahren ausdrücklich, um ihre Prozesse zu begründen und abzuhalten."

Als weitere Beispiele im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert nennt die Gruppe Hexenverfolgungen in Wiesensteig bei Göppingen, Osnabrück, Fulda, Würzburg und Bamberg. Demnach strahlte die Praxis von Hexenprozessen teils auch auf benachbarte Städte aus: "Städte trafen solche Entscheidungen nicht isoliert", erläutert Doten-Snitker in einer Mitteilung ihres Instituts. "Sie beobachteten, was ihre Nachbarn machten, und lernten von diesen Beispielen. Die Kombination aus neuen Ideen aus Büchern und dem Einfluss von nahegelegenen Prozessen schuf die perfekten Voraussetzungen für die Verbreitung dieser Verfolgungen."

Solche Phänomene seien nicht auf die Vergangenheit beschränkt, betont sie, sondern würden auch in heutiger Zeit auftreten: Oft würden aufkommende neue Ideen durch soziale Netzwerke verstärkt. "Mit der Zeit fassen diese Ideen dann Fuss und verändern das Verhalten ganzer Gesellschaften." (Walter Willems, dpa/bearbeitet von af)

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