Mitten in einem Wald in Niedersachsen steht eine elf Meter hohe Pyramide. So alt wie ihre ägyptischen Vorbilder ist sie freilich nicht. Die Geschichte eines ungewöhnlichen Bauwerks.

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Schlendert man in der Gemeinde Holle vom Schloss Derneburg über den Laves-Kulturpfad, stösst man auf einige alte Bauwerke, etwa eine Mühle oder ein Glashaus. Zwei von ihnen fallen dabei allerdings aus der Reihe: Mitten im Wald befindet sich auch eine Pyramide. Und einige Meter weiter steht ein griechischer Tempel.

Wer liess sie erbauen und wofür wurden die Bauwerke genutzt? Die Geschichte eines Grafen und eines Architekten, die sich beide für Kunst interessierten und dadurch zu idealen Partnern wurden.

Ein Landschaftsgarten mit allen grossen Epochen der Kulturgeschichte

Graf Ernst Friedrich Herbert zu Münster wurde im Jahr 1766 in Osnabrück geboren und war später hannoverscher Staats- und Kabinettsminister. Es war eine Zeit, in der das englische Königshaus noch über Hannover herrschte. Für seine Leistungen auf dem Wiener Kongress erhielt der Graf von König Georg IV. schliesslich im Jahr 1815 das ehemalige Kloster Derneburg. Münster fand es in einem vollkommen verwahrlosten Zustand vor. Das Gebäude musste erst einmal wieder bewohnbar gemacht werden.

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Und so baute er das ehemalige Kloster zu einem repräsentativen Schloss um. Die klösterliche Architektur behielt er allerdings bei. Schliesslich sollte um das Schloss herum noch ein englischer Landschaftsgarten angelegt werden. Dafür engagierte der Graf den Architekten Georg Ludwig Friedrich Laves.

Die beiden verband die Liebe zur Kunst. Der Graf malte selbst und war ein leidenschaftlicher Sammler. Und so ist es nicht verwunderlich, dass in eben jenem Landschaftsgarten die grossen Epochen der Kulturgeschichte zu finden sein sollten: Die mittelalterliche sowie barocke Klosterarchitektur gepaart mit einem griechischen Tempel und einer ägyptischen Pyramide.

Ein griechischer Teetempel und ein Mausoleum in unmittelbarer Nachbarschaft

Das erste Projekt des Landschaftsgartens stand im Zeichen der Griechenverehrung: Laves baute im Jahr 1827 auf dem Donnerberg zunächst einen dorischen Tempel. Er diente dem Grafen als Aussichtspunkt. So konnte er den Besuchern seine Gartenanlagen zeigen. Im Inneren des Tempels befand sich ein Kaminzimmer. Dort zelebrierte Münster die englische Sitte des Teetrinkens. Aus diesem Grund wurde das Bauwerk im Volksmund auch als Teetempel bezeichnet.

Teetempel
Der Teetempel des Grafen zu Münster und seiner Familie steht im Wald bei Derneburg. © picture alliance/dpa/Ole Spata

Im Jahr 1839, dem Todesjahr des Grafen, erhielt Laves den Auftrag, ein Grabmal für diesen zu errichten. Nun konnte der Architekt seine Idee einer ägyptischen Steilpyramide verwirklichen. Die Derneburger Pyramide ist über elf Meter hoch, hat einen Böschungswinkel von 61 Grad und besteht aus Sandsteinquadern.

Mausoleums-Pyramide
Die Mausoleums-Pyramide des Grafen Ernst zu Münster aus dem Jahr 1839. © picture alliance/dpa/Swen Pförtner

Die Tür ist mit dem Münsterschen Wappen versehen, ein doppelt umwundener ägyptischer Rundstab umläuft sie. Dennoch ist das Mausoleum als christliche Begräbnisstätte erkennbar geblieben: Über dem Eingang prangt ein grosses Kreuz. Ursprünglich war auf der Tür noch eine Grabinschrift lesbar, die den Freimaurern zugeschrieben wurde: "Ewig ist die Fortschreitung zur Vollkommenheit, wenngleich am Grab die Spur vor dem Auge verschwindet."

Graf Ernst Friedrich Herbert zu Münster wird in einem Sarkophag aufbewahrt

Graf Ernst Friedrich Herbert zu Münster starb schliesslich am 20. Mai 1839. Ein Jahr später wurde er in dem pyramidenförmigen Mausoleum beigesetzt. Neben ihm liegen seine Frau und Töchter. Sie alle werden in Sarkophagen aufbewahrt.

Um die Pyramide herum wurden weitere Gräber angelegt. Dort ruhen zahlreiche Familienmitglieder, wie beispielsweise der Sohn des Grafen, Fürst Georg Herbert Münster zu Derneburg.

Verwendete Quellen

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