Ein verheerender Vulkanausbruch sorgte vor knapp 2.000 Jahren dafür, dass die Bewohner der Stadt Pompeji unter einer Ascheschicht begraben wurden und für immer in ihren Bewegungen erstarrt sind. Nun haben Forschende einigen von ihnen DNA-Proben entnommen und konnten dadurch Unerwartetes über die Opfer erfahren.
Pompeji war einst eine kleine Stadt in der Nähe des heutigen Neapel. Als der nahegelegene Vulkan Vesuv im Jahr 79 n. Chr. ausbrach, verschwand sie mitsamt ihren Einwohnerinnen und Einwohnern von der Bildfläche. Die antike Stadt wurde komplett verschüttet, eine Schicht aus Asche bedeckte alles und jeden. Dabei wurden viele der Körper konserviert.
Im 18. Jahrhundert wurde die zwischenzeitlich vergessene Stadt schliesslich wiederentdeckt. Seitdem kommen immer mehr Details darüber ans Licht, wie die Menschen dort einst gelebt haben und wie sie gestorben sind. Jetzt haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von insgesamt 14 erstarrten Körperabgüssen DNA-Proben entnommen, um mehr über die Vielfalt sowie Herkunft der Bewohnerinnen und Bewohner zu erfahren.
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Die Ergebnisse überraschen: Einige lang gehegte Annahmen sind schlichtweg falsch. Die analysierte DNA zeigt, dass die Geschlechter und familiären Beziehungen einzelner Personen nicht mit den traditionellen Interpretationen übereinstimmen. Das liegt daran, dass die Annahmen ausschliesslich auf der physischen Erscheinung und Positionierung der gefundenen Abgüsse beruhen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden im Fachmagazin "Current Biology".
Traditionelle Annahmen sind schlichtweg falsch
"Die von uns bereitgestellten wissenschaftlichen Daten stimmen nicht immer mit gängigen Annahmen überein", erklärt David Reich von der Harvard University in einer Pressemitteilung. So habe sich beispielsweise herausgestellt, dass es sich bei vier gefundenen Personen nicht wie zunächst angenommen um eine Familie mit Mutter, Vater und zwei Kindern handele.
Bei einem Erwachsenen, der einen goldenen Armreif trage und ein Kind halte, sei man bislang davon ausgegangen, dass es eine Mutter mit ihrem Kind sei. Die Analysen zeigten allerdings, dass es sich um einen Mann handelt, der einen Jungen hält, mit dem er nicht verwandt ist.
Bei zwei anderen Menschen nahmen die Forschenden bislang an, dass es sich um zwei Schwestern oder eine Mutter mit ihrer Tochter handelt, die einander umarmend gestorben sind. Nun zeigen die Analysen allerdings, dass mindestens eine der beiden Personen ein Mann gewesen ist.
"Diese Ergebnisse stellen traditionelle Geschlechter- und Familienannahmen infrage", so Reich weiter. So sollte Schmuck künftig beispielsweise nicht immer automatisch mit Weiblichkeit assoziiert und körperliche Nähe zwischen zwei Personen nicht nur mit einer biologischen Beziehung in Zusammenhang gebracht werden.
Bewohner Pompejis waren grösstenteils Einwanderer
Aufgrund der DNA-Analysen war es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht nur möglich, die genetischen Beziehungen einiger Individuen sowie deren Geschlecht zu bestimmen, sondern auch Einblicke in ihre Abstammung zu erhalten. Demnach war die Herkunft der Bewohner Pompejis durchaus vielfältig. Sie stammten vor allem von Einwanderern aus dem östlichen Mittelmeerraum oder Nordafrika ab.
"Die Studie unterstreicht (…) die kosmopolitische Natur der Bevölkerung Pompejis", sagt Alissa Mittnik von der Havard University. Sie verdeutliche den kulturellen Austausch im Römischen Reich.
Gut zu wissen
- Das Wort Kosmopolit kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt Weltbürger. In der Biologie wird der Begriff auch für Tiere und Pflanzen verwendet.
Ausserdem zeige die Studie, wie wichtig es sei, genetische Daten mit archäologischen und historischen Informationen zusammenzuführen. So könnten Fehlinterpretationen, die auf der Grundlage moderner Annahmen getroffen würden, künftig vermieden werden.
Verwendete Quellen
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