Sensationsfund auf der Urlauberinsel Mallorca: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben auf der Baleareninsel die versteinerten Überreste des ältesten Vorfahrens unserer Säugetiere entdeckt. Das 270 bis 280 Millionen Jahre alte Raubtier erinnert in Grösse und Gestalt entfernt an einen Hund.
Während Urlauber aus aller Welt den Trubel an Mallorcas Stränden genossen, haben sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen über Jahre hinweg auf der Baleareninsel auf eine Zeitreise begeben. In mühevoller Kleinarbeit legten sie dabei fossile Überreste aus der Epoche vor mehr als 200 Millionen Jahren frei. Die Geologie der Region ist bekannt dafür, dass sie Fossilien gut konserviert.
Von ihrem Sensationsfund war aber selbst das internationale Forscherteam überrascht. Wie sie jetzt im Fachjournal "Nature Communications" bekannt machten, stiessen sie auf überraschend viele und gut erhaltene versteinerte Knochen des ältesten bisher auf der Erde gefundenen Säugetier-Vorfahrens.
Der Fund umfasst zahlreiche Knochenreste, darunter Fragmente des Schädels, Wirbel und Rippen sowie einen aussergewöhnlich gut erhaltenen Oberschenkelknochen. "Wir haben weit mehr gefunden, als wir jemals erwartet hätten", sagt Rafel Matamales, Kurator des Museu Balear de Ciències Naturals und Hauptautor der Studie.
Ein Wesen zwischen Hund, Otter und Marder
Die Rekonstruktion des Aussehens auf Basis der fossilen Überreste zeigt ein Raubtier, das einer Mischung aus Hund, Otter und Marder ähnelt. "Wenn es Ihnen auf der Strasse begegnen würde, würde es ein wenig wie ein mittelgrosser Hund aussehen, vielleicht in der Grösse eines Huskys, allerdings ohne Fell und ohne hundetypische Ohren", sagt Ken Angielczyk, Experte am Field Museum in Chicago.
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Dass die bisher unbekannte Art einer der frühesten Spitzenprädatoren der Erdgeschichte war, ist aufgrund seiner Gestalt und der massiven Eckzähne offenkundig. "Es ist das älteste Tier, das Wissenschaftler je gefunden haben, das lange, klingenartige Eckzähne aufweist", schreiben die Expertinnen und Experten. Diese Säbelzähne deuten darauf hin, dass die neu entdeckte Art ein Top-Raubtier seiner Zeit war.
200 Millionen Jahre älter als der Säbelzahntiger
Die Forschenden stufen das Tier, für das es noch keinen Artnamen gibt, als Angehörigen der Gruppe der Gorgonopsier ein. Gorgonopsier sind zwar keine direkten Vorfahren der heutigen Säugetiere, aber sie gehören zu einer Linie, die eng mit den direkten Säugetier-Vorfahren, den Therapsiden, verwandt ist.
"Gorgonopsier sind enger mit Säugetieren verwandt als mit allen anderen lebenden Tieren", erläutert Angielczyk. "Sie haben keine modernen Nachkommen, und obwohl sie nicht unsere direkten Vorfahren sind, sind sie mit Arten verwandt, die unsere direkten Vorfahren waren."
Das Alter der Funde datieren die Forschenden auf rund 270 bis 280 Millionen Jahre. In dieser Zeit war Mallorca noch keine Insel, sondern Teil des Superkontinents Pangaea. Bislang war bekannt, dass die ältesten Gorgonopsier vor etwa 265 Millionen Jahren lebten. Die ersten echten Säugetiere entwickelten sich deutlich später, erst vor etwa 200 Millionen Jahren während der Dinosaurierzeit. Berühmte Spitzenraubtiere wie der Säbelzahntiger lebten sogar in noch deutlich jüngerer Vergangenheit in der Zeit vor rund 20 Millionen bis 2,6 Millionen Jahren auf der Erde.
Meilenstein in der Evolutionsforschung
Die Forschenden sehen in ihrem Fund einen Meilenstein bei der Rekonstruktion der Evolution von Tieren auf der Erde. "Vor der Zeit der Dinosaurier gab es ein Zeitalter der alten Verwandten der Säugetiere", sagt Angielczyk. "Sie sahen sehr anders aus, als wir uns das vorstellen, aber sie waren unglaublich vielfältig und nahmen viele unterschiedliche ökologische Rollen ein."
Die Tatsache, dass die neu entdeckte Art aus diesem Zeitraum seinen nächsten Verwandten um mehrere zehn Millionen Jahre voraus ist, verändert nach Einschätzung der Forschenden das Verständnis der Wissenschaft darüber, wann sich die unterschiedlichen Tiergruppen entwickelt haben. "Die Entdeckung dieses neuen Fossils ist ein weiteres Puzzlestück für die Entwicklung der Säugetiere", schreiben sie.
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