Donald Trump ist nicht der Erste. Lügen und Gerüchte haben schon ägyptische Pharaonen gestreut. Zehn Beispiele für Fake News aus allen Epochen.

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Fake News Nr. 1: Ramses II. triumphiert über die Hethiter

Mit wehenden Fahnen kehrt Pharao Ramses II. im Jahr 1274 v. Chr. vom Feldzug gegen die Hethiter zurück. Sofort beginnen die Steinmetze seines Reiches den grossen Sieg in zahlreichen Denkmälern zu verewigen, den der ägyptische Herrscher in der Schlacht von Kadesch errungen hatte. Ein Glück für den Pharao, dass damals niemand so leicht diese Geschichte überprüfen konnte – denn sie ist falsch.

Tatsächlich entkam Ramses nur knapp einer schmachvollen Gefangennahme. Die Hethiter, die in der heutigen Türkei und Syrien zu Hause waren, stellten unter ihrem König Muwattalli II. den Ägyptern eine Falle und kesselten die Heeresstaffel ein, die der Pharao persönlich anführte. Nachdem er mit viel Glück nach Ägypten fliehen konnte, beschloss Ramses nicht nur, dass von der Beinahe-Katastrophe niemand erfahren durfte, sondern auch, dass Frieden der bessere Weg sei.

Fünfzehn Jahre später schliesst Ägypten mit den Hethitern den ersten bekannten Friedensvertrag der Weltgeschichte. Wirtschaftlich geht es Ägypten daraufhin ausgezeichnet. Viele berühmte Bauwerke, etwa die Tempel von Abu Simbel, zeugen davon. Die Siegesmeldungen der Schlacht von Kadesch sind vermutlich nicht die ersten Fake News der Geschichte – aber die ältesten, von denen wir wissen.

Fake News Nr. 2: Der Kaiser übergibt Rom dem Papst

Was für ein Anblick: Wie ein einfacher Untertan führt Konstantin der Grosse, der mächtige Römische Kaiser, Papst Silvester I. das Pferd. Direkt zuvor hatte das Kirchenoberhaupt den Kaiser nicht nur zum Christen getauft, sondern ihn auch noch von der Lepra geheilt. Konstantin dankt dem Papst aber nicht nur mit seiner symbolischen Demutsgeste, sondern setzt ihn auch als Herrscher über Rom und die "Gebiete des Westens" ein.

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Und er verlegt die Hauptstadt des Kaiserreiches freundlicherweise von Rom nach Byzanz, das heutige Istanbul. Von Konstantins Geschenk an den Papst berichtet eine Urkunde – die eine Fälschung ist. Geschrieben wurde sie mehr als 500 Jahre nach der angeblichen Begegnung zwischen dem Kirchenoberhaupt und dem Kaiser. Ans Licht kommt der Betrug erst, als der italienische Humanist Lorenzo Valla um das Jahr 1440 eine Methode anwendet, die uns auch heute noch vor Fake News schützen kann: Er analysiert den genauen Wortlaut des Schriftstücks.

Dabei fällt ihm auf, dass die Stadt Byzanz dort bereits als "Konstantinopel" bezeichnet wird – diesen Namen bekam die Metropole am Bosporus aber erst später. Für die Päpste hatte die Urkunde ihren Zweck allerdings längst erfüllt: Ihre Herrschaft über Rom blieb selbst nach Vallas Entdeckung bestehen.

Fake News Nr. 3: Templer schänden Jesuskreuz

In ganz Frankreich stürmen am 13. Oktober 1307 königliche Beamte die Häuser und Höfe von Mitgliedern des ritterlichen Templerordens. Es ist vermutlich die erste grosse Razzia der Geschichte. König Philipp IV. hatte befohlen, alle Templer zu verhaften und ihr Vermögen zu beschlagnahmen. Die Ordensbrüder seien vom Glauben abgefallen, behauptete er, würden aufs Kreuz spucken und gingen ausserdem homosexuellen Neigungen nach.

Die Beweise: eher dürftig. Das Siegel der Templer etwa, das zwei Ritter gemeinsam auf einem Pferd zeigt, führt Philipp IV. als Beleg für "Sodomie" an – tatsächlich aber stand es für ein Armutsgelübde. Arm war der Templerorden schon lange nicht mehr, Gerüchte über einen riesigen Schatz machten die Runde. Auf dieses Vermögen hatte es der König wohl abgesehen, schliesslich war er nach teuren Kriegen hoch verschuldet. Gelohnt hat sich die Falschanklage für Philipp IV. jedoch nicht.

Zwar wird der Orden im März 1312 aufgelöst und sein Grossmeister auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Den Grossteil des gewaltigen Immobilienbesitzes in Frankreich aber erhielt ein anderer Ritterorden. Und der sagenhafte Schatz der Templer bleibt bis heute verschollen – falls es ihn je gab.

Fake News Nr. 4: Ritualmord an Kleinkind

Seit wenigen Wochen erst ist Bernhardin von Feltre der Vorsteher des Franziskanerklosters in Trient, mitten in den italienischen Alpen. Doch schnell macht er sich einen Namen, vor allem mit scharfzüngigen antijüdischen Predigten. Auch am 23. März 1475, einem Gründonnerstag, an dem die Stadt ohnehin schon in Aufruhr ist: Der zweijährige Simon, Sohn des Gerbermeisters Andreas, ist spurlos verschwunden.

Bernhardin macht dafür die kleine jüdische Gemeinde des Ortes verantwortlich. Am Ostersonntag, drei Tage später, findet der jüdische Hofbesitzer Samuel den leblosen Körper des Jungen in einem Bach, wo er vermutlich ertrunken ist. Viele Bürger jedoch sind überzeugt, "die Juden" hätten einen Ritualmord verübt und zerren sie vor Gericht. Beim Prozess werden sie unter Folter gezwungen, die angebliche Tat zu gestehen – anschliessend werden die Männer bei lebendigem Leib verbrannt.

Ausserhalb der Stadt sorgt die Lynchjustiz für Entsetzen, unter anderem bei Papst Sixtus IV. Als er die Vorwürfe prüfen lässt, wird klar, dass die Männer unschuldig waren. Die Legende vom Ritualmord von Trient verbreitet sich dennoch wie ein Lauffeuer durch ganz Europa – und hält sich hartnäckig. Noch bis ins Jahr 1965 kamen Pilger, um in Trient zu beten.

Fake News Nr. 5: Kaiser Wilhelm I. demütigt Frankreich

Otto von Bismarck, der preussische Ministerpräsident und spätere Reichskanzler, sitzt im Juli 1870 mit seinen Generälen beim Abendessen, als ihn eine Nachricht aus Bad Ems erreicht. Dort hat der preussische König Wilhelm I. gerade den französischen Botschafter Graf Benedetti empfangen, um über die Nachfolge der abgesetzten Königin Isabella II. von Spanien zu sprechen.

Benedetti hatte verlangt, dass kein Verwandter von Wilhelm I. den Thron besteigt, was der König jedoch nicht zusagen will. Er bittet Bismarck, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Doch der filtert die Fakten so geschickt, dass seine "Emser Depesche" klingt, als hätte König Wilhelm den Botschafter barsch abgewiesen. In Frankreich kocht daraufhin der Volkszorn. Als Paris schliesslich Berlin den Krieg erklärt, hat Bismarck genau, was er wollte.

Verbündet mit den süddeutschen Ländern, gewinnen die Preussen den Krieg nach kurzer Zeit. Ausgerechnet im französischen Schloss Versailles besiegeln die im Sieg geeinten Staaten die Gründung des Deutschen Reichs. Bismarcks Fake News sorgen damit nicht nur für eine doppelte Demütigung Frankreichs – sondern bringen ihn auch auf den Höhepunkt seiner Macht.

Fake News Nr. 6: Polen provoziert Krieg

Schlesien, nahe der deutsch-polnischen Grenze: Wer hier am Abend des 31. August 1939 Radio hört, staunt nicht schlecht. Über den Äther kommt eine Stimme, die zum Widerstand gegen die nationalsozialistische deutsche Regierung aufruft und Gleichberechtigung für die polnische Bevölkerung Schlesiens fordert. Polnische Freischärler hätten den Sender überfallen, verkünden die Nazis umgehend.

In Wahrheit war es ein SS-Kommando unter dem Befehl des Sturmbannführers Alfred Naujocks, das den Sender Gleiwitz eingenommen und die aufrührerischen Worte auf Sendung geschickt hatte. Die Nazis attackieren sich im Radio also selbst. Ein Trick. Die zurückgelassene Leiche eines Oberschlesiers soll in der Öffentlichkeit als Beweis für die Schuld des polnischen Widerstands dienen. In derselben Nacht finden weitere, ähnliche Propagandaaktionen statt.

Archäologische Stätte in West Java

Sensationsfund: Forscher entdecken vermutlich älteste Pyramide der Welt

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein normaler Berg, soll eines der ältesten von Menschenhand erschaffenen Bauwerke überhaupt sein. Nun haben Forschende aus Indonesien die archäologische Stätte in West Java genauer untersucht.

Sie alle dienen nur einem Zweck: Hitler sucht nach einem Anlass, um Polen ohne Kriegserklärung überfallen zu können. "Seit 5:45 Uhr wird zurückgeschossen", verkündet der Diktator am nächsten Tag. Ausserhalb Deutschlands lässt sich allerdings kaum jemand täuschen: Frankreich und Grossbritannien stellen sich auf die Seite Polens und erklären Deutschland kurz darauf den Krieg.

Fake News Nr. 7: US-Labor schuld an Killervirus

Von einem schrecklichen Verdacht berichtet die Berliner "taz" am 18. Februar 1987: Das HI-Virus, das die damals noch zwingend tödliche Immunschwächekrankheit Aids auslöst, sei eine geheime Biowaffe, entwichen im Jahr 1979 aus dem US-Militärlabor in Fort Detrick. Kronzeuge für diese Behauptung ist Jakob Segal, ein Ostberliner Biologe.

Die Amerikaner sagt er, hätten zwei Viren kombiniert und so HIV erschaffen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich weltweit die Meldung von der Herkunft der mysteriösen neuen Krankheit, vor der so viele Menschen Angst haben. Andere Wissenschaftler erheben jedoch schnell Einspruch: Schon vor 1979 hatten sich Menschen mit dem Virus infiziert, wie eingefrorene Blutproben belegten.

Segals Verschwörungstheorie ist enttarnt, bald gerät sie weitgehend in Vergessenheit. Kurz nach dem Zusammenbruch der DDR brüsten sich jedoch zwei Stasi-Mitarbeiter damit, die Lüge gezielt gestreut zu haben, um den USA zu schaden – setzen damit jedoch gleich eine zweite Fake News in die Welt. Stasi-Unterlagen zeigen, dass der DDR-Geheimdienst selbst von den Gerüchten überrascht wurde, als deren Urheber der sowjetische Geheimdienst KGB vermutet wird.

Fake News Nr. 8: Kindermord im Krieg

Tränenüberströmt berichtet die 15-jährige Krankenschwester Nayirah am 10. Oktober 1990 vor dem US-Senat von schrecklichen Szenen in Kuwait City. Irakische Soldaten hatten die Stadt kurz zuvor erobert. Auch in das Krankenhaus, in dem Nayirah gearbeitet habe, seien sie eingedrungen – und hätten völlig skrupellos Frühgeborene aus den Brutkästen gerissen und auf dem kalten Fussboden sterben lassen.

Die erschütternde Schilderung ist einer von mehreren Einflüssen, die in der Bevölkerung und bei Politikern bald zur Entscheidung führen, den Irak und dessen Diktator Saddam Hussein in die Schranken zu weisen. Einen Monat später verlangen die Vereinten Nationen, dass sich die irakische Armee aus Kuwait zurückziehen muss. Als dies nicht geschieht, greift eine internationale Koalition den Irak im Januar 1991 an und besiegt ihn in kurzer Zeit.

Erst nach dem Krieg stellt sich heraus: "Nayirah" war weder Krankenschwester, noch hat sie im fraglichen Krankenhaus gearbeitet. Tatsächlich handelte es sich um die Tochter des kuwaitischen Botschafters, der während der Senatsanhörung im Publikum sass. Die "Brutkastenlüge" aber hatte ihren Dienst getan – Kuwait konnte seine Unabhängigkeit verteidigen.

Fake News Nr. 9: Saddam bedroht die Welt

Die Atmosphäre im Saal ist angespannt, als US-Aussenminister Colin Powell am 5. Februar 2003 seine fast 90 Minuten lange Präsentation vor dem UN-Sicherheitsrat beginnt. Seit Monaten droht die Regierung der USA mit einem Krieg gegen den Irak. Powell will jetzt Gründe dafür präsentieren und zeigt Fotos angeblicher geheimer Labore des irakischen Diktators Saddam Hussein, in denen biologische Kampfstoffe wie zum Beispiel Milzbranderreger hergestellt werden könnten.

In drastischen Worten beschreibt er die Gefahr, die eine Zusammenarbeit zwischen der irakischen Regierung und den Terroristen von Al-Qaida darstellen würde – nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Doch vielen sind die Belege zu dürftig. Frankreich, Russland und China lehnen den Feldzug ebenso ab wie der deutsche Aussenminister Joschka Fischer.

Sechs Millionen Menschen gehen weltweit auf die Strassen, um gegen den drohenden Krieg zu demonstrieren, der am 20. März trotzdem von der US-Regierung unter Präsident George W. Bush losgetreten wird. Beweise für ihre schwerwiegenden Behauptungen können die Amerikaner aber weder vor noch nach dem Krieg vorlegen, die Labore werden nie gefunden. Auch Powell bedauert im Rückblick seine Rede: Die von ihm verbreiteten Fake News seien, so sagt er, ein "Schandfleck seiner Karriere".

Fake News Nr. 10: Massaker in Bowling Green

Chaotische Zustände herrschen im Januar 2017 auf vielen amerikanischen Flughäfen. US-Präsident Donald Trump hat gerade ein Einreiseverbot für Menschen aus sieben muslimischen Ländern verkündet, ankommende Passagiere werden direkt in Abschiebezellen geführt. Schnell ist der Spuk vorbei, ein Gericht erklärt die per Dekret erlassene Massnahme für illegal.

Die Regierung will jedoch nicht klein beigeben – und Präsidentenberaterin Kellyanne Conway erfindet zur Rechtfertigung sogar einen Terroranschlag. In der Stadt Bowling Green im Bundesstaat Kentucky hätten zwei Iraker Jahre zuvor ein Massaker verübt, erklärt sie im Fernsehen, Trumps Vorgänger Barack Obama habe daraufhin ebenfalls einen Einreisestopp für irakische Flüchtlinge verfügt. Die Medien hätten den Vorfall allerdings totgeschwiegen.

Nichts davon war wahr. Tatsache ist, dass in Bowling Green zwei Iraker verhaftet und später angeklagt wurden, die für das Terrornetzwerk Al-Kaida Waffen und Geld besorgen wollten. Einen Anschlag haben sie aber nicht verübt, auch erliess Obama keinen Einreisestopp. Entsprechend trocken fällt der Kommentar der "Washington Post" zu Conways Fake News aus: "Über das Bowling-Green-Massaker ist nicht berichtet worden, weil es sich nicht ereignet hat."

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