"Mein Grossvater ist der grösste Massenmörder der Menschheitsgeschichte", sagt Kai Höss. Er ist der Enkel von Rudolf Höss, dem Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. In einem Dokumentarfilm treffen Enkel und Sohn des Nationalsozialisten und eine Überlebende des KZ-Vernichtungslagers erstmals aufeinander.
Nach dem oscarprämierten Film "The Zone of Interest" kommt ein Dokumentarfilm in die Kinos, der sich ebenfalls mit dem schrecklichen Vermächtnis von Rudolf Höss, dem Kommandanten des Vernichtungslagers Auschwitz, auseinandersetzt. "Der Schatten des Kommandanten" erzählt von seinem Sohn Hans Jürgen Höss, der 1937 geboren wurde und mit seiner Familie in der Familienvilla neben dem KZ Auschwitz lebte. In diesem Film taucht er erstmals vor Kameras in das düstere Erbe seines Vaters ein.
Ihr Talent rettete Anita Lasker-Wallfisch das Leben
Die andere zentrale Figur in der Dokumentation von Daniela Völker ist Anita Lasker-Wallfisch, die als Jüdin in Auschwitz um ihr Überleben kämpfte. Sie war Cellistin im Orchester des Lagers. "Das hat mir das Leben gerettet", erzählt sie. Nach der Befreiung von Auschwitz und dem Ende der NS-Zeit wanderte sie ins Vereinigte Königreich aus.
Der Film begleitet die beiden dabei, wie sie sich zusammen mit ihren Kindern Kai Höss und Maya Lasker-Wallfisch mit ihrer Vergangenheit und den sehr unterschiedlichen Lasten, die sie aufgrund ihrer Herkunft tragen, auseinandersetzen.
Höhepunkt des Films: Ein Treffen der beiden Zeitzeugen
Rudolf Höss (1901-1947) war mehrere Jahre Leiter des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Mehr als eine Million jüdische und nicht-jüdische Menschen starben dort gewaltsam. "Es ist eine Tatsache, eine unbestreitbare Tatsache, dass mein Grossvater der grösste Massenmörder der Menschheitsgeschichte ist", sagt sein Enkel Kai Höss. Auch die Frage, die sich als Zuschauer aufdrängt, fragt er seinen Vater: Was hast du als Kind mitbekommen?
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Der Höhepunkt des Films ist der Moment, in dem Anita Lasker-Wallfisch und Hans Jürgen Höss aufeinandertreffen. Acht Jahrzehnte nach den Gräueltaten von Höss' Vaters sitzen sie sich in Lasker-Wallfischs Wohnzimmer in London gegenüber - Höss hat Kuchen mitgebracht. "Man hat Sie auch nicht gefragt, wessen Sohn Sie sein wollen", sagt die Überlebende dem Sohn des Kommandanten des Vernichtungslagers. "Der Holocaust wirft einen langen Schatten. Das Trauma liegt nicht nur auf der Seite der Überlebenden."
Gleichzeitig spricht Anita Lasker-Wallfisch darüber, wie traumatisiert sie selbst ist. Und sagt: "Die Hölle. Die Hölle auf Erden ist Auschwitz."
Nur ein Zaun trennte Familienidylle und Vernichtungslager
Neben aktuellen Aufnahmen nutzt Regisseurin Daniela Völker historische Aufnahmen, um die Geschichte der Protagonisten zu erzählen. Auf der einen Seite sieht man die Kindheit von Hans Jürgen Höss, mit Geburtstagen und Zeit mit dem Vater am Pool - auf der anderen Seite des Zauns die tödliche Realität im Vernichtungslager. Zudem begleitet der Dokumentarfilm die vier Menschen dabei, wie sie sich auf unterschiedliche Art mit der Vergangenheit auseinandersetzen und folgt ihnen dafür auch nach Polen und in die USA. (dpa/mak)
Redaktioneller Hinweis
- Die Nachkommen von Rudolf Höss schreiben ihren Nachnamen mittlerweile in veränderter Schreibweise: Höss.
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