Barack Obama ist der erste Präsident der USA, der nach 88 Jahren Kuba besucht. Vor mehr als 50 Jahren wäre die Karibikinsel mit einer brandgefährlichen Eskalation zwischen der Sowjetunion und den USA beinahe Auslöser des Dritten Weltkriegs geworden. So nah stand die Welt im Jahr 1962 vor der schlimmsten Katastrophe der Menschheitsgeschichte.

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"Wir haben den Atomkrieg nicht durch kluges Management verhindert", stellte der damalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara Jahrzehnte später in einer ZDF-Dokumentation zur "Kuba-Krise" 1962 klar und fügte hinzu: "Wir hatten Glück!"

Der Politiker verdeutlichte damit, wie nah die Welt damals vor dem Beginn eines Atomkriegs stand. Doch was war passiert? Was rief eine Eskalation hervor, welche die Menschheit bedrohte, letztlich aber zu einem bewussteren Umgang zweier Weltmächte mit Massenvernichtungswaffen geführt hat?

Wettrüsten und Zähnefletschen

Der Kalte Krieg hatte die beiden grossen Staaten seit 16 Jahren im Griff. Der Korea-Krieg, die Suez-Krise und der Ungarn-Aufstand sind nur drei Brennpunkte auf einer Liste der Konfrontationen zwischen dem Westen und dem Osten - zwischen Kapitalismus und Kommunismus.

Ein Konflikt, der zu einem Wettrüsten zwischen Moskau und Washington geführt hatte. Panzer und Raketen standen genauso bereit für einen Militärschlag wie unzählige Atomwaffen, die den Gegner vor einem solchen konventionellen Schlag abschrecken sollten.

Nachdem die USA im türkischen Izmir die Mittelstreckenrakete "Jupiter" mit nuklearen Sprengköpfen stationiert hatte, musste Russland handeln. Da sich Kuba gerade im Wandel befand und den benachbarten USA langsam aber sicher den Rücken zuwandte, verbündeten sich die beiden Regierungschefs Fidel Castro und Nikita Chruschtschow.

Der russische Ministerpräsident stationierte auf der 150 Kilometer vor der US-Küste gelegenen Insel Atomwaffen, um die USA schneller und einfacher angreifen zu können. Eine ähnliche Drohkulisse, wie sie die Amerikaner von der Türkei aus auf Russland aufgebaut hatten.

John F. Kennedy verzichtete auf Militärschlag

Der junge US-Präsident John F. Kennedy geriet unter mächtigen Druck und musste auf die gefährliche Provokation vor der amerikanischen Haustür reagieren.

Für seine obersten Militärbefehlshaber gab es eigentlich nur eine Option: den Kriegsfall. Und da gab es verschiedene Optionen: Von gezielten Angriffen der Air Force auf die Raketenbasen auf Kuba bis hin zum Vernichten aller Militärstellungen und einer Invasion der US-Marines.

Kennedy entschied sich aber für die Lösung, die einen Militärschlag erst einmal ausschloss – weshalb er von seinen Kritikern in den eigenen Reihen als Angsthase bezeichnet wurde: Der US-Präsident wählte die Seeblockade vor Kuba.

Eine Operation ohne unmittelbaren Waffeneinsatz, aber nicht ohne Gefahren, wie sich zeigen sollte.

Konfrontation der beiden Grossmächte

Denn am 27. Oktober 1962 kesselten US-Zerstörer das russische U-Boot B-59 ein und zwangen es zum Auftauchen. Den US-Amerikanern waren zwei entscheidende Tatsachen nicht bewusst: Zum einen waren die russischen U-Boote mit atomaren Sprengköpfen bestückt und hätten die gesamte US-Flotte zerstören können.

Zum anderen war die Kommunikationsverbindung in den U-Booten nach Moskau damals nicht stabil, die Soldaten wussten in diesem Moment nicht, ob sie sich nicht vielleicht bereits im Krieg befanden.

Die Offiziere an Bord mussten also selbst entscheiden, ob sie die Raketen abfeuern oder ob dem Drängen der Amerikaner nach einem Auftauchen nachkommen sollten. Der Russe Wassili Archipow konnte seinen Kommandanten Walentin Sawizki schliesslich davon überzeugen, den friedlichen Weg zu gehen.

Dieser Vorfall zählt neben dem russischen Abschuss eines US-Aufklärungsflugzeugs zu den Situationen, die zu einer Eskalation der Krise hätten führen können. Wie sich später zeigen sollte, waren Chrustschow und Kennedy beide für eine friedliche Lösung, doch im Hintergrund wetzten vor allem die Militärs auf beiden Seiten die Messer und auch Kuba selbst erhöhte den Druck.

Fidel Castro hatte vor einer Invasion und der Ausbreitung des Kapitalismus schliesslich so grosse Angst, dass er Moskau quasi grünes Licht für einen Angriff auf die USA erteilte.

Doch Chrustschow liess sich nicht von Castros Drängen beeindrucken und bastelte mit Kennedy im Hintergrund am Frieden, den der russische Ministerpräsident per Radio Moskau verkündete und einen Abzug der Raketen bestätigte.

Die grosse Gefahr eines Dritten Weltkriegs war gebannt und die Beteiligten einigten sich darauf, dass es soweit wie in der Kubakrise nie wieder kommen dürfe.

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