Der O'Hare International Airport in Chicago ist einer der heute bedeutendsten Flughäfen der Welt. In Terminal 2 wird gut sichtbar ein Kampfflieger ausgestellt, der noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammt. Seine Herkunft verdankt das Ausstellungsstück einer Luftschlacht über dem Pazifik; der Name des Flughafens führt aber auch in die Gangster-Welt Chicagos.

Mehr zum Thema Geschichte & Archäologie

Benannt ist der heutige Flughafen nach Edward "Butch" O'Hare, einem Marineoffizier, der im Zweiten Weltkrieg als Pilot zu einem Kriegshelden wurde. Am 20. Februar 1942 befand sich der amerikanische Flugzeugträger USS Lexington als Teil einer Flotte auf dem Weg nach Neubritannien. Es sollte eine japanische Basis in Rabaul angegriffen werden. Japan hatte erst vor kurzem das Gebiet erobert und war dabei, den dortigen Hafen zu einem bedeutenden Stützpunkt auszubauen. In den USA sah man dadurch die Nachschublinien nach Australien und Neuseeland gefährdet.

Die Japaner hatten jedoch von dem bevorstehenden Angriff erfahren und beschlossen, diesem durch einen Erstschlag zuvorzukommen. In diesem Augenblick stand für die Amerikaner viel auf dem Spiel: Seit dem Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 war die amerikanische Flotte stark geschwächt. Nur einen Monat vorher war zudem der Flugzeugträger USS Saratoga von einem japanischen Torpedo getroffen und so schwer beschädigt worden, sodass er über mehrere Monate repariert werden musste und nicht einsatzfähig war. In dieser Lage nun einen Flugzeugträger zu verlieren, hätten sich die Amerikaner nur schwer leisten können.

Die japanischen Flugzeuge näherten sich dem amerikanischen Verband in zwei Wellen. Den amerikanischen Fliegern gelang es, die meisten Flugzeuge der ersten Welle abzuschiessen. Die zweite, aus acht Maschinen bestehende Welle jedoch näherte sich nun aus einer anderen Richtung und konnte sich ohne wirklichen Widerstand dem Flugzeugträger nähern, der nun ein leichtes Ziel bot. In drei Minuten würden sie nahe genug herangekommen sein, um ihre Bomben abwerfen zu können.

Luftkampf gegen acht Gegner

Nur zwei amerikanische Flieger befanden sich nahe genug, um den Feind noch aufhalten zu können. Einer davon war Edward O'Hare. Dieser stand schliesslich den Japanern alleine gegenüber, da bei seinem Kameraden das Maschinengewehr klemmte, und er ihm somit im Kampf nicht beistehen konnte.

O'Hare gelang es im folgenden Kampf, mehrere der feindlichen Maschinen abzuschiessen. Als ihm schliesslich die Munition ausgegangen war, musste er zurück zum Flugzeugträger. Die inzwischen eingetroffenen übrigen Flieger, die mit der ersten Welle beschäftigt gewesen waren, konnten dann die übrigen Angreifer erledigen – nur drei Angreifern gelang die Rückkehr zu ihrer Basis.

Damit hatte O'Hare entscheidend dazu beigetragen, die Lexington und damit das gesamte militärische Unternehmen zu retten. Ihm wurde dafür die Medal of Honor (wörtlich: "Ehrenmedaille“) verliehen, die höchste Kriegsauszeichnung der Vereinigten Staaten. Präsident Franklin D. Roosevelt erhob ihn in den Rang eines Lieutenant Commander.

Das Glück währte dem Kriegshelden jedoch nicht lange: Im November 1943 kam er nahe des Tarawa-Atolls im Pazifik während eines nächtlichen Einsatzes ums Leben, für den er sich freiwillig gemeldet hatte. Offiziell galt er seit dem 26. November 1943 als vermisst und wurde ein Jahr später für tot erklärt. Immer wieder wurde darüber gerätselt, ob er von einer japanischen Maschine zum Absturz gebracht oder versehentlich von den eigenen Leuten getroffen wurde.

O'Hare: Der Sohn eines Mafia-Mannes

Mit der Stadt Chicago, die 1949 beschloss, ihren entstehenden internationalen Flughafen nach dem Kriegshelden zu benennen, war Butch allerdings wenig verbunden. Aufgewachsen war er in St. Louis im benachbarten Bundesstaat Missouri, gelebt hatte er in Chicago nie.

Allerdings besteht ein Bezug zu Chicago über Butchs Vater, Edward O'Hare, genannt "Easy Eddie". Dieser war Anwalt und hatte zeitweise in Chicago gelebt, wo er ein enges Geschäftsverhältnis zu keinem geringeren als dem berüchtigten Gangster-Boss Al Capone, de facto dem mächtigsten Mann der Stadt, entwickelte.

Diesem fiel er jedoch später in den Rücken und trug dazu bei, dass Al Capone 1931 ins Gefängnis kam – wegen Steuerhinterziehung, nicht wegen seiner zahlreichen Verbrechen. 1939 wurde Edward allerdings, nur eine Woche vor Capones Entlassung, durch Schüsse getötet. Das Verbrechen wurde nie aufgeklärt, war aber wohl ein Akt später Rache. Sein Sohn befand sich zu diesem Zeitpunkt bei Flugübungen in Florida. Der Vater hatte einst Butchs Interesse am Fliegen geweckt.

O'Hare: Zeitweise der verkehrsreichste Flughafen der Welt

Der heutige Flughafen entstand auf einem ursprünglich unbebauten Prärieland namens Orchard Place. Dort besass während des Kriegs die Firma Douglas eine Flugzeugfertigung. Wegen des angeschlossenen Flugplatzes, über den die fertigen Maschinen abtransportiert wurden, war der Ort auch Douglas Airport genannt worden. 1955 wurde der O'Hare International Airport eröffnet. Bis 1962 stieg die Zahl auf 10 Millionen Fluggäste, was O'Hare bis 2005 zum verkehrsreichsten Flughafen der Welt machte. Zu Beginn der 1990er-Jahre war die 60-Millionen-Marke geknackt worden.

In Terminal 2 kann man heute ein Flugzeug von jenem Modell ausgestellt sehen, mit dem damals O'Hare die USS Lexington verteidigt hatte. Es handelt sich jedoch nicht um dieselbe Maschine, sondern um eine andere, die 1943 bei einem Trainingsunfall im Lake Michigan versunken war. Sie war später geborgen und entsprechend der Maschine von O'Hare umgebaut worden.

Verwendete Quellen:

  • flychicago.com: O'Hare History
  • theaviationgeekclub.com: Dario Leone: The Story of Butch O'Hare, the F4F Wildcat Pilot that shot down 5 Japanese Bombers Expending only 60 Round of 0.50-caliber ammunition, The Aviation Geek Club vom 27. Januar 2019
  • navytimes.com: Geoffrey Norman: The incredible life and terrible death of the Navy’s first World War II ace, Navy Times vom 26. Dezember 2018
  • stlmag.com: Larry Offner: The Butch O'Hare Story, St. Louis Magazine vom 29. Juli 2006
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.