• Kürzlich hatten Forschende den ältesten Beleg für den Maya-Kalender vorgelegt.
  • Dieser Ritualkalender enthält ein ausgeklügeltes System zur Zeitrechnung.
  • Seine Nutzung reicht sogar fast ein Jahrtausend weiter zurück als bisher vermutet.

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Der mittelamerikanische Ritualkalender ist offenbar viele Jahrhunderte älter als bislang bekannt. Aus der Analyse Hunderter Zeremonialzentren im südlichen Mexiko schliessen Forschende, dass die Menschen diese Anlagen schon vor mindestens etwa 3.000 Jahren - also um das Jahr 1000 vor Christus - insbesondere nach dem Lauf der Sonne ausrichteten und sich dabei an dem Ritualkalender orientierten. Der bislang älteste Beleg für die Nutzung dieses Kalenders stammte aus dem 3. Jahrhundert vor Christus.

"Die Ausrichtung der Anlagen spiegelt die Beachtung sowohl der jährlichen Bewegung der Sonne als auch anderer Ereignisse am Firmament wider und zeigt, dass Beobachtungen, die zu dem ausgefeilten astronomischen Wissen der Klassischen und Postklassischen Periode führten, schon fast ein Jahrtausend vorhanden waren, bevor sie schriftlich festgehalten wurden", schreiben die Forscher im Fachblatt "Science Advances".

In Mittelamerika nutzte vor allem die Maya-Kultur, die vom heutigen südlichen Mexiko über Guatemala und Belize bis nach Honduras und El Salvador reichte, ein ausgeklügeltes System zur Zeitrechnung. Dieses kombiniert einen 365-tägigen Jahreskalender mit einem Ritualkalender von 260 Tagen - 13 Monate zu jeweils 20 Tagen.

Im vorigen April hatte ein Forschungsteam von einem Fund in der Maya-Stätte San Bartolo im Norden von Guatemala berichtet: Zwei Kalkputz-Fragmente aus dem 3. Jahrhundert vor Christus trugen ein aufgemaltes Datum des Ritualkalenders. Analysen deuteten zwar darauf hin, dass der Kalender damals schon länger in Gebrauch war - konkrete Belege dafür aber gab es bisher nicht.

Forscherteam entdeckt hunderte Baukomplexe der Mayas und Olmeken

Die liefert nun das Team um Ivan Šprajc von der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Die Forscher untersuchten mit dem sogenannten Lidar-Verfahren das Gebiet entlang des südlichen Golfs von Mexiko auf auffällige Bodenstrukturen. Mit der Lidar-Technologie (Light Detection And Ranging) tasten Laser von Flugzeugen aus die Erdoberfläche ab, so dass auch unter üppiger Vegetation verborgene Strukturen erkennbar werden.

Auf einem Areal von etwa 85.000 Quadratkilometern - das entspricht fast der kombinierten Fläche von Bayern und Thüringen - stiess das Team auf mehr als 400 standardisierte Baukomplexe mit klar erkennbarer Ausrichtung. Sie stammten aus der Zeit von 1100 vor Christus bis 250 vor Christus und wurden von den Kulturen der Olmeken und Mayas erbaut.

Knapp 350 der Anlagen enthielten Ost-West-Ausrichtungen von Bauten. Bei fast 90 Prozent von ihnen hänge diese Ausrichtung mit dem Sonnenstand zu bestimmten Daten im Jahreszyklus zusammen, schreibt das Team. Häufig war demnach eine Orientierung an den Sonnenaufgängen am 11. Februar und am 29. Oktober: Zwischen diesen beiden Daten liegen 260 Tage - also genau ein Zyklus im Ritualkalender.

So sind etwa in einer Anlage zwei zentrale Erhebungen so gebaut, dass ihre Verlängerung nach Osten fast exakt auf eine 380 Meter entfernte Erhebung trifft, über der an diesen beiden Tagen die Sonne aufging. Besonders häufig sei eine solche Ausrichtung in Anlagen aus dem Zeitraum von 1100 vor Christus bis 750 vor Christus, betonen die Forscher. Dies sei der früheste Beleg für den Gebrauch des 260-tägigen Kalenders und die astronomischen Kenntnisse in Mittelamerika.

Ritualkalender: Diese tragende Rolle spielte er damals beim Bau

Das Team beschreibt auch andere Ausrichtungen von Anlagen, die mit dem Stand etwa von Mond, Venus oder dem Stern Fomalhaut zusammenhängen sollen. Die Errichtung der frühen Baukomplexe sei einhergegangen mit der beginnenden Landwirtschaft, also dem Anbau von Mais, und einer zunehmenden Sesshaftigkeit, schreibt das Team. "Da am Sonnenhorizont ausgerichtete Kalender nur durch Beobachtungen von einem festen Punkt aus funktionieren können, muss die Annahme sesshafterer Lebensweisen dieser Entwicklung zugrunde gelegen haben."

Eine frühe Ausrichtung nach dem Ritualkalender sieht das Team bereits in San Lorenzo, dem frühesten grossen Zeremonialzentrum Mittelamerikas im heutigen mexikanischen Bundesstaat Veracruz. Dieser Komplex der für ihre Kolossalköpfe bekannten Olmeken hatte seine Blütezeit demnach zwischen 1400 und 1100 vor Christus.

Die Anlage sei so ausgerichtet, dass die Sonne zur Wintersonnenwende hinter dem Berg Zempoaltépetl im Nachbarstaat Oaxaca untergehe. Zudem werde sie von 20 Plattformen gesäumt - dies unterstreiche die Bedeutung dieser Zahl. In San Lorenzo hätten damals schon Menschen sesshaft gelebt, schreiben die Forscher, darunter möglicherweise bereits Spezialisten für Astronomie. (Walter Willems/dpa/tar)

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