Nie zuvor haben Hitzerekorde und Waldbrände ein solches Ausmass erreicht wie 2023 - so die Mahnung von Wissenschaftlern beim Extremwetterkongress in Hamburg. Die Experten sagen aber auch: Wenn man jetzt die richtigen Massnahmen ergreife, könne man die Erderwärmung noch verlangsamen.
Geplatztes 1,5-Grad-Ziel und katastrophale Folgen: Mit düsteren Worten haben Klimafachleute beim 13. Extremwetterkongress in Hamburg (27. bis 29. September) ein Bild für die Zukunft gezeichnet. Die Chance sei verpasst, mit relativ wenig Aufwand das Klimasystem zu stabilisieren, hiess es zum Auftakt der dreitägigen Tagung in einer Mitteilung. Der Klimawandel werde nun in grossen Teilen ungebremst erfolgen. Nicht mehr abwendbare massive Veränderungen seien auf der Erde zu erwarten.
Gleichzeitig betonte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied beim Deutschen Wetterdienst: "Es bringt wenig, schwarz zu malen und sich in Untergangsfantasien zu verlieren." Das könne bei vielen Menschen die Bereitschaft lähmen, sich für Klimaschutz zu engagieren. "Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken." Wenn man jetzt die richtigen Massnahmen ergreife, könne man die Erderwärmung verlangsamen.
"Wir müssen uns damit abfinden, dass die 1,5-Grad-Grenze überschritten werden wird. Damit ist das Pariser Rahmenabkommen in diesem Punkt faktisch gescheitert", meinte Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. "Das bedeutet auch, dass es nur noch mit enormen Anstrengungen möglich sein wird, die Erwärmung unter der 2-Grad-Grenze zu halten." Aktuell sei man eher auf dem Weg in eine 3-Grad-Welt bis zum Ende des Jahrhunderts. "Der gesellschaftliche Wandel geht zu langsam vonstatten", betonte der Professor.
Beispiellose Hitzerekorde und Waldbrände in 2023
Waldbrände, Hitzewellen, Überflutungen - 2023 hatte viele Extremereignisse. "Nie zuvor waren die globalen Luft- und Wassertemperaturen so hoch, wie in diesem Jahr", hiess es in der Kongressmitteilung. "Nie zuvor haben Hitzerekorde und Waldbrände ein solches Ausmass erreicht wie 2023."
Die um fünf bis sechs Grad höheren Wassertemperaturen im Mittelmeerraum hätten zu Rekordwerten bei der Verdunstung und den nachfolgenden Niederschlägen in Europa und Nordafrika geführt. "Durch die Zufälligkeiten im chaotischen System der Atmosphäre kam es in Deutschland nicht zu den extremen Hitze- und Dürrephasen, wie wir sie in Südeuropa erlebt haben. Es wäre möglich gewesen."
Die EU-Umweltagentur EEA hatte schon im späten Frühjahr gewarnt: "Aufgrund unseres sich verändernden Klimas wird das Wetter in Europa extremer." Hitzewellen werden der Behörde zufolge im Zuge des Klimawandels häufiger, intensiver und langanhaltender. Bereits der Sommer 2022 sei ein "Sommer der Hitzewellen" gewesen.
"Die schrecklichen Bilder der Unwetterkatastrophen in Griechenland, Bulgarien, der Türkei und in Libyen haben wir alle noch vor Augen", sagte Fuchs. "Die internationale Klimaforschung ist sich einig: Jede weitere Erderwärmung führt zu einer raschen Zunahme wetterbedingter Naturgefahren."
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Lösung aus Sicht von Experten: Klimaschädliche Produkte teurer machen
In Deutschland ist die Jahresmitteltemperatur nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes seit 1881 um etwa 1,7 Grad angestiegen. "Seit 1960 war hierzulande jede Dekade wärmer als die vorherige", sagte Fuchs. Im Gesamtzeitraum 1881 bis 2022 wurde es nach seinen Worten jedes Jahrzehnt 0,12 Grad wärmer, für den Zeitraum 1971 bis 2022 lag die Erwärmungsrate schon bei 0,38 Grad Celsius pro Dekade.
Menschen müssen sich nach Ansicht von Fuchs besser auf die katastrophalen Folgen von Extremwetter wie Dürren, Waldbrände und Überflutungen vorbereiten. "Wenn wir uns jetzt mit aller Kraft auf die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels einstellen, kann Deutschland auch in 50 oder 100 Jahren ein Land sein, das den dann hier lebenden Menschen gute Lebensbedingungen bietet", sagte Fuchs.
Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft nannte einen Lösungsvorschlag: "Wir müssen alle die Produkte teurer machen, die den Planeten zerstören", sagte der Vorsitzende Frank Böttcher, der zugleich Veranstalter des Kongresses ist. "Die Produkte, die den Planeten erhalten, müssen günstiger sein." (dpa/cze)
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