Seit Monaten sind die Temperaturen der Weltmeere zu hoch. Eine Folge ist das Absterben von Korallenriffen. Das Phänomen der Korallenbleiche hat sich in den letzten Jahrzehnten ohnehin schon verschlimmert - und könnte sich in diesem Jahr sogar noch beschleunigen.

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Fast ein halbes Jahr schon liegen die globalen Meerestemperaturen extrem hoch. Bei vielen Korallenriffen - insbesondere im Atlantischen Ozean - machen sich die Folgen inzwischen immer stärker bemerkbar. Aktuell seien etwa Riffe der Karibik und des Golfs von Mexiko stark betroffen, sagte Christian Wild, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Ökologie der Universität Bremen, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Dort seien die Wassertemperaturen derzeit extrem hoch.

"Einige Korallen sind dort bereits seit Juni gebleicht und ein Teil der Korallen wird absterben, denn die Bleiche wird andauern." Auch für viele andere Riffe im Indischen und Pazifischen Ozean erwarte man in den nächsten Wochen und Monaten Bleichen.

Wenn sich die Wassertemperaturen nicht abkühlen, sterben die Korallen

Steinkorallen muten eher wie Pflanzen an, sind aber sogenannte Nesseltiere. Als Bleiche wird ein Verblassen der oft farbenprächtigen Korallen bezeichnet. Sie leben mit verschiedenfarbigen Algen in einer Gemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen. Bei hohen Temperaturen stossen die Korallen die Algen jedoch ab - und verlieren so ihre Farbe. Sie wachsen nicht mehr und können sich schlechter gegen Feinde und Konkurrenten wehren. Kehren die Mikroalgen innerhalb einer bestimmten Zeit zurück, weil sich die Wassertemperaturen wieder abkühlen, kann sich die Koralle erholen - andernfalls stirbt sie.

"In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Korallenbleichen drastisch zugenommen, sodass den Korallen immer weniger Erholungszeit bleibt."

Christian Wild, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Ökologie der Universität Bremen

"In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Korallenbleichen drastisch zugenommen, sodass den Korallen immer weniger Erholungszeit bleibt", erklärte Wild. In diesem Jahr sind die Bedingungen besonders schlimm: Schon seit März weist die Oberfläche der Meere der US-Plattform "Climate Reanalyzer" zufolge global Rekordtemperaturen für den jeweiligen Monat auf. Im April und nun seit einiger Zeit erneut wurden Tageswerte von 21,1 Grad erfasst - das war in den rund 40 Jahren Aufzeichnung zuvor noch nie der Fall. Regional können die Wassertemperaturen wesentlich höher sein.

Ein Extrem mit Folgen: Im Golf von Mexiko und in der Karibik habe die Korallenbleiche dieses Jahr zwei Monate früher als sonst begonnen. "Die Bleiche breitet sich aktuell aus und wird sicherlich noch einige Wochen bis Monate weitergehen, bis die Temperaturen sich wieder ausreichend abgekühlt haben", betonte Wild. Typischerweise dauere es nur ein paar Tage, bis die Korallen bei langsam ansteigenden Wassertemperaturen über ihren artspezifischen Wohlfühlbereich zu bleichen beginnen. "Für die meisten Korallenarten beginnt die Bleiche bei circa 32 Grad".

Klima

Erderwärmung: Temperatur der Weltmeere so hoch wie nie

Die Oberflächentemperatur der Ozeane hat neue Rekordwerte erreicht. Schuld daran sind vor allem die menschengemachten Treibhausgase. Für die Ökosysteme im Meer ist das tödlich. (Photocredit: picture alliance / empics | Owen Humphreys)

Auch andere Faktoren wie Überfischung spielen eine Rolle

Neben der Erwärmung des Meerwassers spielten auch die Versauerung sowie Faktoren wie Überdüngung und Überfischung beim Absterben von Korallen eine Rolle, so Wild. Zur Unterstützung der Nesseltiere seien bestimmte Massnahmen entscheidend: Den Klimawandel zu stoppen oder zumindest stark einzuschränken und die Riffe zu stärken, "indem andere Stressfaktoren wie die Überfischung und die Überdüngung stark reduziert werden". Zudem seien wissenschaftliche Ansätze wie das gezielte Ausbringen hitzetoleranterer Steinkorallen und moderne Wiederaufforstungsmethoden hilfreich.

Einer kürzlich im Fachjournal "Nature" vorgestellten Studie zufolge könnte es im Zuge der Erderwärmung regional auch zu einem Mangel an Nährstoffen für Korallen kommen. "Wärmere Oberflächengewässer können weniger Nährstoffe aus tieferen Wasserschichten aufnehmen", erläuterte Mitautorin Cecilia D’Angelo von der University of Southampton. "Die verringerte Wasserproduktivität kann zu weniger Nährstoffen für die Symbionten und damit zu weniger Nahrung für die Korallentiere führen." Den Analysen zufolge können Korallentiere zwar kurze Hungerperioden überstehen, indem sie sich von ihren Symbionten ernähren, zumindest einige Korallenriffe könnten aber im Zuge anhaltender Nährstoffverarmung vom Verhungern bedroht sein. (dpa/cze)

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