- Die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten drängen auf ein schnelles Ende der CO2-Emissionen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen.
- Der unverzügliche Kohleausstieg ist die wichtigste Klimaschutzmassnahme.
- Eine weltweite Aufklärungskampagne über den Klimawandel und eigene Handlungsoptionen müsse die politischen Entscheidungen begleiten.
Kohleausstieg, internationale Stromnetze sowie die Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid: Das sind nur drei der "dringenden internationalen Massnahmen" für den Klimaschutz und den Gesundheitsschutz, die die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten empfehlen.
In einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich des geplanten G7-Gipfels vom 26. bis 28. Juni 2022 auf Schloss Elmau haben die Akademien am Dienstag, 31. Mai 2022, aus wissenschaftlicher Sicht notwendige politische Entscheidungen zusammengestellt. Federführend war die deutsche Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle (Saale).
Priorität hat die Stilllegung von Kohlekraftwerken
Auf drei Seiten beschreiben die Akademien, wie die Entkarbonisierung – die Umstellung auf ein weltweites Leben und Wirtschaften ohne CO2-Emissionen – bis 2050 gelingen kann, um die Pariser Klimaziele einzuhalten.
Priorität habe dabei die weltweite Stilllegung von Kohlekraftwerken. Fotovoltaik und Windenergie müssten massiv ausgebaut werden. Gaskraftwerke würden kurzfristig noch benötigt, bis ausreichend Speicherkapazitäten vorhanden sind. Die Stromerzeugungssysteme müssten über Regionen und Grenzen hinweg betrieben werden, um kohlenstoffneutral und ausfallsicher zu funktionieren.
Im Personenverkehr werden sich den Akademien zufolge Elektrofahrzeuge schnell durchsetzen, was erfordere, Stromnetz und Ladeinfrastruktur massiv auszubauen. Für Luft- und Schifffahrt sowie den Schwerlastverkehr müssten die Staaten in den kommenden zwei Jahrzehnten weitere Strukturen aufbauen: Synthetische Kraftstoffe sowie Ammoniak und Wasserstoff könnten hier die günstigeren oder praktikableren Lösungen gegenüber der Elektrifizierung sein.
Heizen mit Solarthermie, Geothermie und Wärmepumpen
Für den Gebäudesektor raten die Akademien zu effizienter Isolierung und dazu, mit Solar- oder Geothermie zu heizen. Weil mit der Erderwärmung der Bedarf an Klimaanlagen steigen werde, seien auch Wärmepumpen mit Kühlfunktion eine gute Lösung – sofern diese mit Ökostrom laufen.
Besondere Herausforderungen sieht die Stellungnahme für Metall-, Stahl- und Zementindustrie. Alle drei verursachen grosse Mengen Treibhausgasemissionen. Alternativen seien noch nicht im kommerziellen Massstab einsetzbar oder wettbewerbsfähig. Um so wichtiger seien hier Recyclingkonzepte.
Die chemische Industrie werde mit biobasierten Rohstoffen Erdöl ersetzen können. Ausserdem könne die Branche Kohlendioxidemissionen aus Industrieprozessen als Rohstoff für Basischemikalien nutzen. Allerdings werde auch in diesem Sektor der Strombedarf steigen.
Landwirtschaft mit weniger Tierhaltung
Die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft nutzen nicht nur dem Klima. Auch Böden, Wasser, Artenvielfalt und menschliche Gesundheit profitieren davon. Wichtige Massnahmen seien hier weniger Tierhaltung, effizienterer Einsatz von Düngemitteln und technische Innovationen.
Damit die Menschheit diese Veränderungen erfolgreich und rechtzeitig bewältigen könne, müsse die Politik dringend handeln. Zu den wichtigsten Massnahmen, die die Stellungnahme der Akademien empfiehlt, gehört ein globaler CO2-Bepreisungsmechanismus, flankiert durch direkte und schnelle Massnahmen zur Entkarbonisierung. Damit einhergehend müssten die Staaten CO2-Bilanzen standardisieren und zertifizieren.
Globale Informationskampagne zu Klimafolgen und Klimaschutz
Mindestens genauso sehr sei die Politik jedoch gefordert, die Bürgerinnen und Bürger stärker mitzunehmen. So rät die Stellungnahme zu weltweiten Informationskampagnen, um die Bedrohung durch den Klimawandel und dessen Auswirkung auf unser Leben und das zukünftiger Generationen zu verdeutlichen. Ausserdem müssten die Staaten über die Möglichkeiten aufklären, daran mitzuwirken Emissionen zu reduzieren und sich an die Erwärmung anzupassen.
"Der G7-Gipfel muss starke Impulse für den Klimaschutz, die Energiewende und die Verbesserung der globalen Pandemie- und Gesundheitsvorsorge setzen", resümierte Gerald Haug, Präsident der Leopoldina. Alle vier Themen griffen ineinander und müssten gemeinsam betrachtet werden, weil sie das Gesamtsystem Erde beträfen. Gleichzeitig mahnte Haug gegenüber dem Leiter des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt bei der Übergabe der Stellungnahme zu Eile: "Mit unseren Empfehlungen adressieren wir zentrale Gipfelthemen, für die es umgehend internationale Massnahmen braucht."
Die G7-Staaten sind für rund die Hälfte aller historischen Treibhausgasemissionen verantwortlich sowie für etwa ein Viertel des derzeitigen jährlichen CO2-Ausstosses.
Verwendete Quelle:
- Stellungnahme der Leopoldina: Decarbonisation: The Case for Urgent International Action
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