Sydney (dpa) - Die verheerende Korallenbleiche am Great Barrier Reef in Australien hat ein beispielloses Ausmass erreicht. 93 Prozent der Korallenbänke seien betroffen, berichteten Wissenschaftler.
Besonders schlimm sei die Lage nördlich von Port Douglas, wo viele Touristenboote zu dem Naturwunder starten. Dort sei die Lage extrem, sagte Meeresbiologe Terry Hughes. Das ist fatal, weil in der Region bis nach Papua-Neuguinea bislang die artenreichsten und makellosesten Korallenriffe lagen. Je schlimmer die Bleiche desto geringer die Chance, dass ein Riff sich erholt.
"In diesem Ausmass haben wir so etwas noch nie erlebt", sagte Meeresbiologe Terry Hughes. Er hat in den vergangenen Wochen 911 Riffe überflogen und den Schaden dokumentiert. "Im nördlichen Teil des Riffs ist es, als wären zehn Zyklone gleichzeitig an Land gekommen." Der einzige Lichtblick: Im Süden des 2 300 Kilometer langen Naturwunders hält sich die Bleiche in Grenzen. "Dort sollten sich die Riffe bald wieder erholen", meinte Hughes.
Grund sind die hohen Wassertemperaturen, ausgelöst durch den Klimawandel und das alle paar Jahre auftretende Klimaphänomen El Niño. In der nördlichen Region war das Wasser zeitweise 33 Grad warm. Dann produzieren Algen, die die Korallen mit Nährstoffen versorgen und die bunten Farben erzeugen, Gift und werden abgestossen. Die Korallenstöcke werden weiss (Bleiche). Korallen sind Nesseltiere. Wenn die Temperatur sinkt und sich neue Algen ansiedeln, können sie überleben. Wie lang das Zeitfenster ist, hängt von der Art ab - Wissenschaftler schätzen, es handelt sich um Wochen.
"Das beste, was wir zur Erholung des Riffs tun können, ist, lokale und regionale Stressfaktoren zu reduzieren", meinte der Chef der für das Riff zuständigen Marineparkbehörde (GBRMPA), Russell Reichelt. So müsse die Wasserqualität besser werden. Sedimentabgänge und Schadstoffe aus der küstennahen Landwirtschaft müssten reduziert werden. Die in den letzten Jahren stark vermehrten Dornenkronen, korallenfressende Seesterne, würden weiter rigoros bekämpft.
Reichelt verwies auf eine neue Studie des Instituts für Meeresbiologie, wonach die Korallendecke am Great Barrier Reef in den vergangenen vier Jahren um 19,3 Prozent gewachsen sei. Das sagt allerdings nichts über die Artenvielfalt. Ähnlich wie Bäume verraten Korallenstöcke über Wachstumsringe, ob sie Stresssituationen erlebt haben. Massive Korallenbleiche gab es am Barrier Reef erstmals 1998, dann 2002. Nie waren die Folgen aber so drastisch wie dieses Mal. © dpa
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