Weltweit verlieren Seen an Wasser, vielerorts herrschen Dürren. Die Austrocknung geht neben dem Klimawandel auch auf den menschlichen Wasserverbrauch zurück. Das bedeutet wiederum aber auch, dass der Mensch aktiv etwas gegen die Dürren tun kann.
Mehr als die Hälfte der grössten Seen weltweit verliert Wasser. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach der Auswertung von Satellitendaten im Fachblatt "Science". Die Austrocknung geht den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zufolge grösstenteils auf die Erwärmung des Klimas und menschlichen Verbrauch zurück.
Doch die Analyse enthält nicht nur Hiobsbotschaften: Die Autorinnen und Autoren geben auch Hinweise, wie der Wasserrückgang reduziert werden könnte.
Volumen der Seen schrumpft weltweit
Natürliche Seen und Stauseen speichern etwa 87 Prozent des Süsswassers der Erde, obwohl sie nur 3 Prozent der Landfläche bedecken, schreibt die Gruppe. Doch vielerorts sind diese Wasserreservoirs bedroht: So vermeldete der Nordosten Spaniens erst kürzlich, dass die Stauseen in Katalonien nach monatelanger Dürre im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt sind – vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent. In Italien wurde für den Gardasee kürzlich ein ungewöhnlich niedriger Wasserstand verzeichnet.
Schon in den vergangenen Jahren ergaben Studien, dass das Volumen von Seen weltweit schrumpft, wobei immer wieder der Klimawandel als Faktor für die Entwicklung genannt wurde. Welchen Einfluss kurz- und langfristige Klimaschwankungen global auf das in Seen gespeicherte Wasser genau nehmen, ist allerdings schwer zu bestimmen, da auch menschliche Aktivitäten wie die Bewirtschaftung von Stauseen, Wasserentnahmen und Landnutzungsänderungen eine Rolle spielen.
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Jährlich 22 Gigatonnen Wasserverlust - der halbe Bodensee
Die Studie des Teams um den Hydrologen Fangfang Yao von der University of Colorado zeichnet nun ein genaueres Bild. Die Forschenden entwickelten eine Technik zur Messung von Veränderungen der Wasserstände in fast 2.000 der grössten Seen und Stauseen der Welt, die zusammen grob 90 Prozent des in Seen gespeicherten Süsswassers beinhalten.
Um Veränderungen der Wasserstände zu erfassen, nutzte das Team 250.000 Satellitenaufnahmen von 1992 bis 2020. Das Ergebnis: 53 Prozent der Seen weltweit verzeichneten zum Teil erhebliche Wasserverluste. Im Schnitt betrug dieser insgesamt etwa 22 Gigatonnen pro Jahr. Das entspricht knapp der Hälfte des Wasservolumens des Bodensees, der selbst auf einer zur Studie veröffentlichten interaktiven Karte als schrumpfendes Gewässer geführt wird.
Um diese Entwicklung zu erklären, nutzten die Wissenschaftler Klima- und Hydrologiemodelle. Demnach sind für den Volumenrückgang natürlicher Seen in erster Linie der Klimawandel und menschlicher Verbrauch verantwortlich. Ein Wasserschwund war dabei – entgegen früherer Studien – nicht nur in trockenen, sondern auch in feuchten Weltregionen wie den Tropen nachweisbar.
Stauseen in Deutschland: 35 Prozent Volumenverlust
Mit Blick auf Stauseen stellte das Forschungsteam für zwei Drittel dieser Gewässer erhebliche Wasserverluste fest. Hier waren vor allem Ablagerungen ursächlich. Dazu kommt es, weil Staumauern den natürlichen Abtransport von Sedimenten in Flüssen wie etwa Sand, Kies oder Geröll blockieren. Über die Zeit sammeln sich diese Ablagerungen in Stauseen an und verringern so deren Volumen.
Erst kürzlich hatte eine UN-Studie im Fachblatt "Sustainability" gewarnt, dass die weltweiten Stauseen bis 2050 rund ein Viertel ihrer ursprünglichen Speicherkapazität durch den Eintrag von Sedimenten zu verlieren drohen. Für Deutschland wurde ein Volumenverlust von 35 Prozent vorhergesagt.
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Aber: Auch deutlicher Wasseranstieg in manchen Seen
Während der aktuellen Arbeit zufolge die Mehrheit der Seen weltweit schrumpft, gab es bei 24 Prozent einen deutlichen Anstieg des Wasservolumens. Dazu gehören Gewässer in wenig bevölkerten Gebieten des inneren tibetischen Plateaus, in den Great Plains der USA sowie Regionen mit neuen Stauseen wie den Flussgebieten des Jangtse, des Mekong und des Nils. Auch die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern wird auf der zur Studie gehörenden interaktiven Karte als See mit wachsendem Volumen verzeichnet.
Die Autoren und Autorinnen betonen, ihre Analyse sei nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern enthalte auch Hinweise auf mögliche Lösungen. "Wenn der menschliche Verbrauch ein wichtiger Faktor für den Rückgang der Wasserspeicher in den Seen ist, können wir uns anpassen und neue Strategien erforschen, um den Rückgang in grossem Massstab zu verringern", sagt Mitautor Ben Livneh. Als Beispiel nennt er den Sewansee in Armenien, bei dem eine Reglementierung der Wasserentnahme dafür gesorgt habe, dass sich das Volumen vergrösserte.
Wie wichtig solche Gesetze weltweit wären, betont Geophysikerin Sarah Cooley von der University of Oregon in einem Kommentar zur Studie. Sie verweist auf das Ergebnis, dass schätzungsweise fast ein Viertel der Weltbevölkerung in einem Einzugsgebiet mit einem grossen, austrocknenden See lebe: "In Anbetracht der Bedeutung dieser Seen für Ökosysteme, Wasserversorgung, Bewässerung und/oder Wasserkraft sind die potenziellen Folgen des Austrocknens von Seen sowohl lokal als auch global von Bedeutung." (dpa/mak)
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