• Wegen der Erderwärmung tauen immer mehr Permafrost-Böden. Dadurch entweichen Treibhausgase und erwärmen die Erde weiter.
  • Bis 2050 könnte es laut Forschenden zu grossen Schäden in nördlichen Regionen kommen - und auch die Erdgasförderung könnte betroffen sein.

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Der Klimawandel lässt den dauerhaft gefrorenen Boden in nördlichen Regionen und einigen Gebirgen immer schneller auftauen. 30 bis 50 Prozent der Gebäude und Infrastruktur-Einrichtungen in diesen Gebieten sind deshalb bis 2050 von Schäden verschiedener Schweregrade bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt der Übersichtsartikel einer internationalen Forschendengruppe um Jan Hjort von der University of Oulu (Finnland) im Fachjournal "Nature Reviews Earth & Environment". Ein Teil der Schäden könnte in russischen Gebieten auftreten, in denen das in Deutschland und anderen europäischen Staaten genutzte Erdgas gefördert wird.

In vielen weit nördlich gelegenen Gebieten liegt das Wasser im Boden als Eis vor. Im Sommer tauen teilweise die oberen ein bis zwei Meter auf und gefrieren im Winter wieder. Die Erderwärmung führt dazu, dass weite Teile des Permafrost-Bodens immer tiefer auftauen. Weil das Eis dem Boden zusätzlichen Halt gibt, werden die tauenden Böden - je nach Bodenart und enthaltener Eismenge - zunehmend instabiler, es treten Absenkungen und Erdrutsche auf.

In etwa 65 Prozent des russischen Staatsgebiets gibt es derzeit Permafrost-Böden; Russland ist deshalb besonders vom Tauen des Bodeneises betroffen. "Zu Beginn des 21. Jahrhunderts weisen viele Gebäude auf Permafrost Deformationen auf, von etwa zehn Prozent der Bauten in Jakutsk und Norilsk bis hin zu 80 Prozent der Bauten in Workuta", schreiben die Wissenschaftler. Betroffen von Schäden sind auch viele Strassen, Eisenbahnstrecken, Landepisten und Pipelines. Dies gilt auch für Kanada, Alaska und Grönland sowie die Hochebene von Tibet.

Forschende rechnen mit Reparaturkosten von rund 7 Milliarden Dollar

Allein für die Reparatur der Schäden, die in Russland durch tauenden Permafrost-Boden am bestehenden Strassennetz entstehen, müssten von 2020 bis 2050 etwa sieben Milliarden US-Dollar aufgebracht werden, schreiben die Forscher. Hinzu kämen jährlich 200 bis 500 Millionen US-Dollar für die Erreichung der Ziele der russischen Verkehrsstrategie. Für den Ersatz von Wohnhäusern würden weitere 500 bis 600 Millionen US-Dollar pro Jahr benötigt.

Das Team um Hjort berichtet jedoch auch von verschiedenen technischen Massnahmen, mit denen Schäden an Strassen verringert oder sogar vermieden werden können. Einige Verfahren zielen darauf ab, Wärme aus dem Untergrund abzuführen, etwa mit lockeren Gesteinsschüttungen, in denen ein natürlicher Luftkreislauf entsteht, der wärmere Luft nach oben fördert. Auch Thermosiphons, Wärmedrainagen und sehr flache Seitenstreifen haben einen ähnlichen Effekt. Andere Massnahmen verringern die Wärmeaufnahme im Sommer, etwa ein höherer Fahrbahnuntergrund oder dessen Isolierung, ein Sonnenschutz für die Seitenbereiche oder eine stark reflektierende Asphaltdecke. All dies kostet aber mehr als die bisher üblichen Bauverfahren.

Tauender Permafrost-Boden: Gefahr durch entweichende Treibhausgase

Der tauende Permafrost-Boden ist aus verschiedenen Gründen im Fokus der Wissenschaft. So speichert der gefrorene Boden viel Kohlenstoff, das teilweise in Form der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) in die Atmosphäre gelangt. Auch zahlreiche Schadstoffe könnten in den kommenden Jahrzehnten freigesetzt werden, wie kürzlich einer Studie im Fachmagazin "Nature Climate Change" zu entnehmen war. Denn giftige oder radioaktive Abfälle haben in manchen Regionen den Boden verseucht, was wegen des Dauerfrostes bisher unproblematisch war. Auch uralte Bakterien, die teilweise resistent gegen Antibiotika sind, können durch das Tauen wieder zum Leben erweckt werden, wie vereinzelt schon Vorfälle gezeigt haben. (dpa/tar)

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