Wer klimafreundlich Urlaub machen will, geht wandern? Stimmt nur bedingt, sagen Fachleute. Was es zur Nachhaltigkeit braucht und was der Klimawandel ändert.
Das Wandern hat bei Jüngeren sein spiessiges Image verloren. Mit Corona entdeckten die Menschen in Deutschland das Wandern, sagt Heinz-Dieter Quack von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften. Gemeinsam mit dem Deutschen Wanderinstitut untersucht er jedes Jahr für den "Wandermonitor" aktuelle Entwicklungen. Wanderer wollen demnach vor allem die Natur erleben, sich bewegen, etwas für die Gesundheit tun und den Alltag vergessen.
Laut Wandermonitor war zuletzt jeder dritte Wanderer zwischen 30 und 49. Zwar hat Wandern den Ruf einer klimafreundlichen Freizeitaktivität. Doch Wandern per se als klimafreundlich zu betrachten, ist laut dem Experten Quatsch. Zwar sei es nachhaltiger als andere Reiseformen. Aber: "Der gesamte CO2-Fussabdruck drumherum muss betrachtet werden", sagt Quack. Dazu zählt, wie die Leute an- und abreisen, übernachten, sich vor Ort fortbewegen und verpflegen.
Tourismusverbände bieten Wanderbusse
Da gibt es Aufholbedarf. Denn 69 Prozent der Befragten nutzen dem Wandermonitor zufolge zum Start der Wanderung das Auto - und nur 14 Prozent Bus und Bahn. Was auch daran liegen könnte, dass schöne Strecken oft in ländlichen Regionen liegen. Einige Tourismusverbände bieten Wanderbusse an. Quack zufolge sollten solche Angebote ausgebaut werden. Es müsse Wanderern so einfach wie möglich gemacht werden, Bus und Bahn zu nutzen - auch mit günstigen Fahrkarten und Wegen, die direkt vom Bahnhof starten.
Beim Wandern wollen Menschen laut Wandermonitor vor allem Landschaft und Natur erleben (82 Prozent). Mit dem Klimawandel wird sich allerdings für Wanderer und im Wald einiges ändern, weiss Klaus Erber, Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts. Er ist überall in Deutschland unterwegs, zertifiziert Wanderwege und berät Tourismusverbände, wie sie ihr Wanderangebot nachhaltig ausrichten und an die Folgen des Klimawandels anpassen können.
Wege leiden unter Klimawandel-Folgen
Denn die Wege leiden unter Klimawandel-Folgen, vor allem unter einer anhaltenden Durchfeuchtung. Ein Problem seien warme Winter ohne Frost, Starkregen und dass viele Menschen bei höheren Temperaturen auch im Winter wandern. "Feuchte Stellen kommen kaum zur Ruhe", sagt Erber.
Er betont: "Wir müssen mit dem Klimawandel die Wege und das Angebot anpassen." Wege müssten verlegt oder ausgebaut werden, beispielsweise mit Stegen. Bei Starkregen würden Stege und Trittsteine zunehmend überspült oder auch weggespült und Wege unpassierbar. Erber rechnet damit, dass manche Routen aus dem Angebot verschwinden. Er empfiehlt zudem, Wege gezielt für Sommer- oder Wintertouren auszuweisen und Besucher zu lenken.
Schatteninseln einbauen
Dem Wald machen vor allem Hitze und Trockenheit, dazu Stürme und der Borkenkäfer zu schaffen. In manchen Regionen wie im Harz, im Sauerland oder in Siegen-Wittgenstein sind die Folgen deutlich sichtbar. "Es gibt dort Wege, die früher zu 80 Prozent durch Wald führten und heute weitgehend durch offene Landschaften und 10 Prozent durch Wald", sagt Erber. An heissen Tagen laufen Wanderer dort nun mehr durch die Sonne. Betreiber sollten deshalb Schatteninseln einbauen, Wege verlegen und Getränke anbieten, empfiehlt Erber.
Als Problem sieht er einen anderen Trend. So planen laut Wandermonitor zwar viele Wanderer ihren Weg mit der Internetseite der Wanderregion oder Wanderkarten, 43 Prozent jedoch auch mit Apps wie Komoot oder Outdooractive. Doch die nehmen anders als Anbieter zertifizierter Wege nicht unbedingt Rücksicht auf Forst und Natur. "Dort kann jeder einen Track einstellen und andere laufen hinterher ohne Rücksicht auf Naturschutz oder Brutzeiten", sagt der Experte. Zum Teil halte nicht einmal rot-weisses Absperrband im Wald Wanderer auf. Vielmehr lockten Versprechen auf eine "geile Strecke, die sonst niemand kennt" oder ein besonderes Fotomotiv.
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Um vermüllte Parkplätze und im Wald verstreuten Abfall sorgt sich der Experte wenig. Das Problem werde abnehmen, meint er. Zuletzt seien viele Hinweisschilder dazu angebracht worden. Am besten nehme jeder seinen Müll wieder mit. "Ich empfehle, gar keine Mülleimer aufzustellen", sagt Erber. Ansonsten klauten Tiere wie Waschbären den Abfall aus dem Mülleimer und verteilten ihn in der Natur. (KNA/Anna Fries/tar)
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