Das 1,5-Grad-Ziel wurde gerissen, die Atlantik-Strömung droht zu versiegen, doch der grosse Aufschrei bleibt aus. Was wäre, wenn Weltstar Taylor Swift die Klimakrise in die Schlagzeilen bringen würde?
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Der Grund: Die US-amerikanische Sängerin Taylor Swift hat in den vergangenen Wochen mal wieder mit ihrem Freund, dem Footballstar
Taylor Swift hat Macht, Geld – und Millionen von Fans
Dank Taylor Swifts Anwesenheit gilt der diesjährige Super Bowl mit mehr als 123 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern als die meist gesehene TV-Show in der US-Geschichte. Vor allem junge Frauen und Mädchen zählten zu den neuen Fans.
Der Hype um Taylor Swift ist riesig. Sie ist Weltstar, Milliardärin, räumt einen Preis nach dem anderen ab, wurde vergangenes Jahr vom US-Magazin "Time" zur "Person des Jahres" gewählt und klar, die Beziehung mit Travis Kelce ist eben auch sehr medientauglich.
Sie hat Millionen von Fans, die sogenannten Swifties, und damit auch Einfluss und Macht. Ihre Meinung zählt. Immer wieder setzt sie sich für Frauenrechte und die queere Community ein oder äussert sich gegen Rassismus – und das färbt auf die Swifties ab. In den USA wird bereits vermutet, dass die Sängerin das Wahlergebnis der bevorstehenden US-Wahl beeinflussen könnte, wenn sie ihre Swifties aktiv mobilisieren würde. Nur den Klimawandel spricht sie bislang kaum an.
Ein Klimawissenschaftler als Freund und Songs zur Klimakrise
Was wäre also, wenn Taylor Swift mit einem Klimawissenschaftler und nicht mit einem Footballspieler zusammen wäre? Statt zum Super Bowl würde sie ihren Freund zur Weltklimakonferenz begleiten. Die Swifties würden Klimaschutz-Armbänder tauschen und sich in Fan-Klima-Gruppen zusammentun. Taylor Swift würde Songs zur Klimakrise singen, mit Titeln wie: "We are in trouble", "Climate-Lover" oder "We can't shake it off".
Auf ihrer Europatour würde sie nicht mit dem Privatjet, sondern mit dem Zug fahren. Okay, die Deutsche Bahn müsste dann natürlich etwas verlässlicher werden, ansonsten würde Taylor Swift wahrscheinlich oft zu spät auf ihren Konzerten hierzulande auftauchen. Und immer mit dabei wäre ihr Klimaforscher-Freund – wie romantisch.
Drohender Kipppunkt: Das Versiegen der Atlantik-Strömung
Taylor Swift würde dann auch über die zwei Klima-Meldungen sprechen, die in den vergangenen Wochen im Vergleich zum Taylor-Travis-Hype untergegangen sind: Zunächst berichtete der EU-Klimawandeldienst Copernicus, dass die globale Durchschnittstemperatur erstmals zwölf Monate lang über 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gelegen hat.
Dann warnten niederländische Forschende in einer neuen Studie vor einem "verheerenden Kipppunkt" bei der sogenannten Atlantischen Meridionalen Umwälzströmung (AMOC). Diese transportiert warmes Wasser von den Tropen zum Polarkreis. Dort kühlt das Wasser ab, sinkt in die Tiefe und strömt wieder südwärts.
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Doch eben diese Zirkulation könnte schon in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels versiegen – das hätte katastrophale Folgen. So prognostizieren die Forschenden, dass in einigen Teilen Europas die Temperaturen innerhalb eines Jahrhunderts um bis zu 30 Grad Celsius sinken könnten, was zu einem völlig anderen Klima in nur ein oder zwei Jahrzehnten führen würde. "The Day After Tomorrow" lässt grüssen!
Taylor Swift könnte den Klimaschutz auf die Agenda bringen
Und das alles würde Taylor Swift in ihrer Grammy-Rede betonen. Die Fans würden in den sozialen Medien bestürzt schreiben: "Warum tun wir nichts?" oder "Wir müssen das verhindern!" und am Ende wäre der Druck auf die Politik so gross, dass sie schneller ins Handeln kommen würde.
Also ja, ich verstehe den Wunsch, dass Taylor Swift mit einem Klimawissenschaftler zusammenkommen soll. Aber das ist eben nicht der Fall. Das heisst aber nicht, dass sie den Klimawandel nicht auch so in die Schlagzeilen bringen könnte. In einem Interview im Jahr 2020 hat sie zwar gesagt, dass der Klimawandel eine der schrecklichen Situationen sei, mit denen wir uns derzeit konfrontiert sehen – immerhin. Doch da geht noch mehr.
Die Sängerin könnte auch ohne Klimaforscher-Freund viel mehr auf die Klimakrise aufmerksam machen, in Interviews oder in den sozialen Medien die steigende globale Erdtemperatur betonen oder auf aktuelle Studien und Extremwetterereignisse aufmerksam machen. Und klar, sie kann natürlich auch ohne Forscher-Freund zur Weltklimakonferenz gehen und eine bewegende Rede zu Frauenrechten halten, denn der Klimawandel trifft Frauen stärker als Männer, vor allem im globalen Süden.
Und sie könnte selbst Vorbild sein. Als Weltstar ist es natürlich schwierig, komplett auf das Fliegen zu verzichten, aber sie könnte statt ihrem Privatjet die First Class im Passagierflugzeug benutzen. Sie könnte den roten Teppich in bereits getragenen Outfits betreten, in Klimaschutzprojekte investieren, zum Beispiel in Aufforstung oder in die Forschung.
Reiche Menschen tragen mehr Verantwortung in der Klimakrise
Sicher ist: Je mehr Geld und Macht man besitzt, desto grössere Verantwortung trägt man in der Klimakrise und desto mehr kann man im Bereich Klimaschutz bewirken. Insbesondere hat man die Möglichkeit, andere zu mobilisieren, es einem gleichzutun – das zeigen auch Studien.
Das betrifft nicht nur Prominente wie Schauspielerinnen und Schauspieler, sondern auch Menschen mit Einfluss in der Wirtschaft, Influencer und Politikerinnen. Und gerade Taylor Swifts Einfluss ist enorm. Allein auf ihrem Instagram-Kanal hat sie mehr als 280 Millionen Follower. Zum Vergleich: Sänger Harry Styles hat "nur" 48 Millionen, Donald Trump knapp 24 Millionen Follower.
Am Ende ist es natürlich nicht Taylor Swifts Aufgabe, die Welt zu verändern, den Klimaschutz auf die Agenda zu bringen. Und natürlich soll sie weiter mit Travis Kelce zusammenbleiben, denn sie scheinen zumindest sehr glücklich zu sein – und ich gönne es ihnen. Die Politik trägt weiterhin massgeblich die Verantwortung, um Klimaschutz umzusetzen, nicht Taylor Swift. Aber die Sängerin könnte definitiv etwas bewegen, Druck auf die Politik ausüben, ein Umdenken in der Bevölkerung auslösen, vielleicht mit Travis zusammen. Gemeinsam für den Klimaschutz – das wäre doch romantisch.
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Verwendete Quellen
- X-Profil von Katja Herbers
- Washington Post: Fueled by Swifties, Super Bowl was most-watched telecast ever (kostenpflichtiger Inhalt)
- Science Advances: Physics-based early warning signal shows that AMOC is on tipping course
- Variety: How Midterm Elections Inspired Taylor Swift's New Song, 'Only the Young'
- Nature Energy: The role of high-socioeconomic-status people in locking in or rapidly reducing energy-driven greenhouse gas emissions
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