Unsere Vorstellungen von "Indianern" sind klischeebehaftet und verallgemeinernd. Viel wurde über sie geschrieben. Doch noch immer ist wenig bekannt über ihre Sichtweise, ihre schillernden Mythen und faszinierenden Legenden. Zeit für einen kleinen Überblick.
Wenn wir an "die Indianer" denken, dann haben wir sofort Klischees parat. Wir assoziieren mit ihnen Federschmuck und Friedenspfeife, Tipi-Zelte, Häuptlinge namens "Grosser Büffel", Mokassins, Kriegsbemalung und wilde Tänze um das Lagerfeuer.
Manches mag im Kern zutreffen, doch "die Indianer" gab und gibt es nicht. Wenn wir von ihnen sprechen, dann meist als Sammelbezeichnung für die indigenen Völker Nordamerikas. Vor der Kolonisierung Amerikas lebten hunderte verschiedene Indianerstämme auf dem Kontinent, die jeweils eigene reiche Kulturen und eigene Sprachen pflegten.
Die bekanntesten dieser Stämme sind wohl die Apachen, Cherokee und Sioux.
Von den Kolonisatoren wurden Indianer als unzivilisierte Wilde angesehen. Doch all den unterschiedlichen Stämmen war ein tiefes Wissen um die Natur und die Kräfte, die in ihr wirken, gemein.
Unzählige schillernden Legenden und Schöpfungsmythen sind übermittelt, die lange von Generation zu Generation mündlich weitergegeben wurden. Wir haben zwei für sie ausgewählt.
Die Lakota und ihre Legende von der Büffelfrau
Die Lakota-Indianer, die zu der Stammesgruppe der Sioux gehören, haben mit ihren am Feuer erzählten Geschichten ein in sich stimmiges Glaubens-Universum erschaffen. Im Zentrum dieses Glaubens steht Wakán Tánka, das grosse Geheimnis.
Es gilt als das unfassbare, höchste Wesen, das auch die Schöpfung aus sich hervorbrachte. Wakán Tánka, so der Glaube, wirkt überall und kann vielleicht am besten mit "Weltseele" oder "Weltgeist" übersetzt werden.
Auch die Geisterwelt war ein Teil von Wakán Tánka. Dieser Welt gehörte die Büffelfrau an. Der Legende nach brachte sie den Lakota-Indianern einst die heilige Pfeife, die als Friedenspfeife zum ikonischen Symbol geworden ist.
Die Legende ist in unterschiedlichen Versionen und Ausschmückungen übermittelt. Und sie geht im Kern so: Als zwei Brüder auf der Jagd nach Büffeln waren, erblickten sie eine schöne junge Frau. Einer der Brüder kam ihr zu nahe und bezahlte dafür mit seinem Leben. Er wurde durch einen Blitzschlag getötet.
Der andere aber wurde zurück zu seinem Stamm geschickt und verkündete dort, dass die junge Frau mit einer Botschaft kommen würde. Sie hielt Wort und brachte die Stammesriten sowie die heilige Pfeife mit. Zum Abschied verwandelte sie sich in einen weissen Büffel.
Büffel waren die Lebensgrundlage der Lakota. Sie dienten ihnen nicht nur als Hauptnahrungsmittel, sie nutzen auch das Fell, die Sehnen und die Hörner der Tiere. Der Legende nach waren die Büffel eine Zeit lang verschwunden und kehrten erst mit der Büffelfrau zurück.
Die Büffelfrau wird häufig als die Kulturbringerin für den Stamm der Lakota gedeutet und hielt auch Einzug in zahlreiche Legenden und Mythen anderer Stämme und Kulturen.
Die Hopi-Schöpfung: Leben wir in der vierten Welt?
Die Hopi-Indianer leben heute grösstenteils im nordöstlichen Arizona in einem grossen Reservat. Zahlreiche Götter bevölkern die Mythen der Hopi. Einst sollen diese vier Menschenpaare unterschiedlicher Hautfarben und mit unterschiedlichen Sprachen geschaffen haben.
Diese vier Menschenpaare, jeweils Mann und Frau, wurden der Übermittlung nach in eine Unterwelt gesetzt, wo sie friedlich miteinander leben und sich fortpflanzen sollten. Doch bald brach Streit unter den Menschen aus.
Zudem waren sie undankbar und vernachlässigten ihre Zeremonien. Darüber gerieten die Götter derart in Rage, dass sie die Unterwelt zerstörten. Der Legende nach überlebten jeweils nur sehr wenige Menschen. Diese durften in einer neuen Welt von vorne beginnen.
Doch jedes Mal wiederholten die Menschen dort ihre Fehler und jedes Mal wurde die alte Welt zerstört und nur wenige Ausserwählte überlebten. Laut den Hopi leben die Menschen derzeit in der vierten Welt.
Angeblich glauben sie daran, dass in naher Zukunft das fünfte Zeitalter beginnen wird. Nur die Menschen, die noch in der Lage seien, im Einklang mit der Natur zu leben, werden überleben und in einer fünften Welt neu beginnen können, so die Annahme.
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