Beinahe wäre es um die Menschheit geschehen: Computerfehler, versagende Technik und sogar falsch interpretierter Mondschein sorgten um Haaresbreite für den Ausbruch des dritten Weltkriegs oder die Detonation von Atombomben. Mehrfach in der Geschichte hätten wir uns fast ausgelöscht.

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"Broken Arrow" ist im amerikanischen Militär das Codewort für nukleare Zwischenfälle aller Art, etwa die versehentliche Zündung einer Atombombe. Solche Unfälle stammen vor allem aus der Zeit des kalten Krieges zwischen 1950 und 1990. Oft hatte die Menschheit Glück: So zündete etwa die Bombe über Hiroshima nicht wie geplant. Weniger als zwei Prozent des Uran-Kerns spalteten sich, doch das reichte aus, um 100.000 Menschen zu töten.

Tausende kleinere und ein paar grössere Zwischenfälle soll es gegeben haben, die von der Sowjetunion nicht mitgezählt. Manchmal verhinderte nur eine Verkettung glücklicher Umstände eine Super-Katastrophe.

Versehentlich abgeworfene Atombomben

Zu Beginn des Kalten Krieges gab es noch keine Atomraketen. Das US-Militär hatte deswegen wie das russische ständig Flieger in Bereitschaft, die mit Atombomben beladen waren. Am 14. Februar 1950 kam es dabei fast zu einer Katastrophe in Kanada. Eine B-36-Maschine der Amerikaner stürzte ab und verlor dabei nahe Vancouver Island eine Atombombe. Sie stürzte ins Meer, es kam jedoch glücklicherweise nicht zu einer Detonation.

Sieben Jahre später, am 22. Mai 1957, drückte ein Offizier an Bord einer B-36 aus Versehen den Auslösemechanismus. Eine Wasserstoffbombe fiel aus 520 Metern Höhe auf New Mexico in den USA. Doch durch ein technisches Problem explodierte lediglich die konventionelle Sprengladung, die normalerweise die Wasserstoffbombe zündet.

Zwei Nullen und der Mondschein

In Thule auf Grönland hatten die USA zu Zeiten des kalten Krieges ein Frühwarnsystem installiert. Es sollte Alarm schlagen, wenn ein Angriff der verfeindeten Sowjetunion drohte, so dass die Amerikaner noch zurückschlagen konnten. Am 5. Oktober 1960 meldete das Radar, dass sowjetische Atomraketen im Anflug wären. Die USA hätten nun ebenfalls Atomraketen losschicken können. Doch die Techniker auf Grönland entdeckten kurz vor knapp, dass es sich um einen Fehlalarm handelte. Schuld war das Computersystem: Zwei Nullen fehlten in der Anzeige auf dem Radarmonitor. Es sah deshalb so aus, als ob ein Angriff in 2.500 Meilen Entfernung erfolgte. Tatsächlich war aber eine Mondspiegelung zu sehen, und zwar in 250.000 Meilen Entfernung.

Ein falscher Bericht und ein besonnener Offizier

Die Welt entging am 26. September 1983 nur knapp dem dritten Weltkrieg. Wenige Minuten blieben dem russischen Oberstleutnant Stanislaw Petrow an diesem Tag, um den Bericht eines Satelliten auszuwerten und eine Entscheidung zu treffen. Als leitender Offizier in der sowjetischen Satellitenüberwachung 90 Kilometer südlich von Moskau erhielt er einen Bericht, nach dem die Amerikaner Atomraketen abgeschossen hatten. Petrow hätte Alarm auslösen können, die Sowjets hätten dann mit einem Gegenschlag reagiert. Doch der Mann wertete den Vorfall als technische Panne, und verhinderte so eine verhängnisvolle Kettenreaktion. Er hatte recht: Eine seltene Konstellation der Himmelskörper hatte dafür gesorgt, dass Sonnenstrahlen sich in den Satellitensensoren spiegelten - und das sah so ähnlich wie ein Raketenstart über einer US-Militärbasis aus.

Die verlorene Atombombe in Goldsboro

Am 24. Januar 1961 stürzte ein amerikanischer B-52-Bomber über Goldsboro in North Carolina ab. Er hatte gleich zwei Atombomben an Bord. Eine landete unversehrt mit einem Fallschirm. Die andere raste ungebremst zu Boden und zerbrach dabei. Der Uran-Kern wurde mysteriöserweise nie gefunden. Es gab sechs Sicherheitssperren, die eine nukleare Explosion verhindern sollten, doch fünf davon hatten versagt. Nur eine einzige Sicherheitsstufe, ein einfacher Schalter, verhinderte, dass die Bombe explodierte und einen riesigen Landstrich radioaktiv verseuchte. Auch New York City, Washington und Philadelphia wären betroffen gewesen, denn die Schlagkraft der Bombe entsprach 260 Hiroshima-Bomben.

Fast-Katastrophe beim Tanken in der Luft

1966 entging Spanien nur knapp einer Nuklear-Katastrophe: Die US-Air-Force wollte einen B-52 in der Luft betanken. Doch das ging schief, beide Flugzeuge fingen Feuer und stürzten ab - zusammen mit vier Wasserstoffbomben. Eine versank im Meer, eine weitere landete unversehrt in einem Fluss. Zwei weitere explodierten in der Nähe des Dorfs Palomares in Andalusien. Doch detonierte bei beiden nur der konventionelle Sprengsatz, die Wasserstoffbomben zündeten nicht.

Ein Techniker lässt bei der Wartung fast eine Bombe detonieren

Am 18. September 1980 hätte ein Mechaniker beinah den US-Bundestaat Arkansas radioaktiv verseucht, unbewohnbar gemacht und Zehntausende Menschen getötet. Der Mann hatte einen Schraubenschlüssel im Atomraketensilo bei Damascus fallen lassen. Das Metallstück verursachte ein Leck im Brennstofftank einer Titan-II-Rakete. 36 Stunden lang versuchte die Mannschaft, das Leck zu stopfen. Doch dann explodierte die 31 Meter lange Interkontinentalrakete und warf den nuklearen Sprengstoff auf dem Gelände ab. Es war reines Glück, das die Wasserstoffbombe nicht detonierte. Sie hatte mehr Zerstörungsgewalt als sämtliche im zweiten Weltkrieg eingesetzten Bomben.

Beinah-Plutonium-Katastrophe in England

Die Amerikaner nutzen die Militärbasis Lakenheath in England seit Ende der 1940er als Stützpunkt in Europa. Am 27. Juli 1956 stürzte eine B-47 etwa 30 Kilometer nördlich des nahegelegenen Cambridge ab. Sie hatte zwar keine Waffen an Bord, krachte aber in einen Bunker mit drei Mark-6-Atombomben. Diese enthielten keinen nuklearen Kern, aber immerhin je 8.000 Pfund Sprengstoff.

Verschwundene Atomwaffen

Mehrmals verloren Kampfbomber der USA ihre Atomwaffen. So etwa im Juli 1957, als der Antrieb einer C-124 ausfiel. Zwei Bomben wurden über dem Atlantik abgeworfen - und blieben bis heute verschollen. Genauso wie die einer B-47 in Georgia. Am 5. Februar 1958 krachte das Flugzeug bei einer Übung mit einem anderen zusammen und verlor seine tödliche Fracht über dem Meer.

Menschliches Versagen bei Zwischenfällen in Deutschland

Jahrelang geheim blieb ein Vorfall, der am 22. Februar 1970 weite Teile Deutschlands hätte verseuchen können: Bei Wartungsarbeiten am nuklearen Sprengkopf einer Pershing-Rakete im schwäbischen Böttingen fiel dieser zu Boden. Aber aus ungeklärten Gründen detonierte er nicht - zum Glück. Es war nicht der einzige Vorfall dieser Art: Am 2. November 1974 fiel in Weeze-Laarbruch eine Atomrakete beim Verladen in ein Flugzeug zu Boden. Es passierte zum Glück nichts. Später gab es weitere Zwischenfälle, vor allem auf der Strasse: Mehrfach hatten Fahrzeuge, die Pershing-Raketen transportierten, Unfälle. Die Raketen rutschten zum Beispiel in den Graben oder auf den Asphalt.

Nicht übermittelte Nachricht löste fast Atomschlag aus

Auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise im Oktober 1962 hatten US-Kriegsschiffe vier sowjetischen U-Booten eine Warnung geschickt: Sie wollten Wasserbomben testen. Doch die Nachricht kam bei den Sowjets nicht an, sie waren komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Das Problem: An Bord befanden sich Nukleartorpedos. Das wiederum war den Amerikanern nicht bewusst. Ein russischer Admiral beschloss, die Torpedos zu zünden, weil er von einem amerikanischen Angriff ausging. Sein Stellvertreter konnte ihn gerade noch davon abhalten.

Defekter Computerchip und 2.200 Sowjetraketen

Alarm löste im Juni 1980 ein defekter Computerchip in den USA aus. Die Sowjets sollten demnach 2.200 Raketen abgeschossen haben, die sich schon auf dem Weg Richtung USA befunden hätten. Wenige Augenblicke, bevor der nationale Sicherheitsberater den damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter über die Bedrohung informierte, hörte er, dass die anderen Frühwarnsysteme keine Raketen anzeigten. Carter hätte womöglich sonst den roten Knopf zum Gegenschlag gedrückt.

Der Beinahe-Atomkrieg wegen wissenschaftlicher Forschung

Noch 1995 wäre es beinahe zu einer Katastrophe gekommen: Norwegische Wissenschaftler hatten am 25. Januar eine Rakete mit einem Wettersatelliten abgefeuert, um die Polarlichter über Spitzbergen zu erforschen. Heute ist umstritten, ob sie vergassen, die russischen Militärs zu informieren, oder ob die Nachricht nicht ankam. Wie auch immer, die russischen Frühwarnsysteme schlugen Alarm, Präsident Boris Jelzin soll schon mit seinen Militärs über eine mögliche nukleare Antwort gesprochen haben. Dann erst wurde klar, dass die Rakete nicht auf russischem Staatsgebiet explodiert war.

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