• Auch nach 50 Jahren ist die Entführung einer Maschine der Fluglinie Northwest Orient Airlines immer noch ein Rätsel.
  • Der Mann, der damals unter dem Namen "Dan Cooper" mit 200.000 Dollar Lösegeld davonkam, lebt jedoch als Legende weiter.
  • Was am 24. November 1971 auf der Strecke von Portland nach Seattle passierte.

Mehr Panoramathemen finden Sie hier

Mehr als zwölf Meter Regal füllen die Akten zum Fall "Dan Cooper" beim FBI, doch der Mann, der bis heute der einzige ungefasste Flugzeugentführer der USA ist, bleibt weiter ein Phantom. Nur 20 Dollar kostete ihn das Flugticket, das er sich unter dem Namen "Dan Cooper" kaufte – von Bord ging er am Ende mit 200.000 Dollar Beute.

Flugzeugentführung in den USA vor 50 Jahren: "Schauen Sie sich den Brief lieber an, ich habe eine Bombe"

Es ist der 24. November 1971, der Abend vor dem amerikanischen Erntedankfest "Thanksgiving", als der rätselhafte Kriminalfall seinen Lauf nimmt. Auf Platz 18C einer Maschine von Northwest Orient Airlines von Portland nach Seattle ruft ein Mann – weisses Hemd, dunkler Anzug, schwarze Krawatte und Trenchcoat – eine Flugbegleiterin sich. Der Mitte 40-Jährige, der Bourbon trinkt und Zigaretten der Marke "Raleigh" raucht, steckt der 23 Jahre alten Florence Schaffner einen Brief zu. Die junge Frau glaubt an eine Anmache und will den Zettel ungelesen einstecken. Doch der Mann insistiert: "Schauen Sie sich den Brief lieber an, ich habe eine Bombe."

Er zeigt Schaffner einen Aktenkoffer mit Drähten und roten Stäben und schickt sie mit einer Lösegeldforderung von 200.000 US-Dollar zum Piloten ins Cockpit. Der folgt den Anweisungen des Entführers und landet die Maschine auf dem Flughafen Seattle/Tacoma. Im Austausch gegen alle 36 Passagiere erhält der Mann, der sich "Dan Cooper" nennt, das Lösegeld in 20-Dollar-Noten und vier Fallschirme.

Mit einer Besatzung aus drei Piloten und einer Flugbegleiterin hebt der Entführer Richtung Mexiko wieder ab. In einer Höhe von etwa 3.000 Metern springt er um 20:11 Uhr über einem bewaldeten Gebiet im Bundesstaat Washington aus dem Flugzeug – und wurde seitdem nie wieder gesehen. Mit der erfolgreichen Flucht wurde "Dan Cooper", der durch ein Missverständnis in den Medien bis heute "D.B. Cooper" genannt wird, zur Legende.

Ähnlich wie bei Arno Funke, der 1994 das Berliner KaDeWe unter dem Pseudonym "Dagobert" erpresste, sympathisierten viele Amerikaner mit dem abenteuerlustigen und kreativen Entführer. Charaktere in den TV-Serien "Prison Break" oder "Twin Peaks" nahmen sich Cooper zum Vorbild, Restaurants tragen Namen wie "D.B. Cooper's" und in der Stadt Ariel, über der "Dan Cooper" ungefähr absprang, wird sogar ein "Cooper Day" gefeiert.

Hat "Dan Cooper" seine Flucht überhaupt überlebt?

Für das FBI war der Entführer natürlich kein Held, sondern ein "schäbiger, mieser Krimineller", wie FBI-Mann Ralph Himmelsbach in den 1980er-Jahren sagte. Er habe das "Leben von 40 Menschen aufs Spiel gesetzt" und egoistisch gehandelt.

Schnappen konnte ihn das FBI bis heute nicht und stellte 2016 die Ermittlungen sogar ganz ein. Viele Mythen ranken sich deshalb um die einzige unaufgeklärte Flugzeugentführung der USA. Hat "Dan Cooper" den Fallschirmsprung mit einem zehn Kilo schweren Geldsack über bewaldetem Gebiet überhaupt überlebt? Viele Ermittler gehen davon aus, dass das nicht der Fall war. Dass der Entführer ein erfahrener Fallschirmspringer war, halten sie angesichts der waghalsigen Aktion im Winter ohne lenkbaren Fallschirm jedenfalls für so gut wie ausgeschlossen.

Ein Fund im Jahr 1980 unterstützte die Theorie vom Tod des Entführers: Damals fand ein kleiner Junge in der Region am Ufer des Colorado River 5.800 US-Dollar in drei intakten Bündeln. Die Scheine stammten aus dem Lösegeld – die Polizei hatte die Seriennummern vor der Übergabe fotografiert. Eine Leiche oder Fallschirmreste fanden sich aber trotz sorgfältiger Durchforstung des Gebiets nicht. Als handfeste Spur blieb neben dem gefundenen Teil der Beute nur eine Krawatte, die er im Flugzeug zurückgelassen hatte. Eine daraus gewonnene DNA-Probe ergab nie einen Treffer.

Keiner der präsentierten "Täter" überzeugt das FBI

Obwohl Tausende Hinweise beim FBI eingingen – darunter Beichten auf dem Sterbebett und Tipps von Hellsehern – und Hobby-Ermittler auf eigene Faust Wälder durchkämmten, verliefen sich am Ende alle Spuren im Sand. Kein von der Bevölkerung präsentierter "Dan Cooper" konnte das FBI überzeugen. Nicht der Flugbegleiter Kenneth Christiansen, dessen Bruder Lyle sich 2003 beim FBI meldete und angab, nach dessen Tod im Jahr 1994 jede Menge Goldmünzen, wertvolle Briefmarkensammlungen und über 200.000 US-Dollar auf Konten entdeckt zu haben.

Und auch nicht Marla Cooper, die ihren toten Onkel Lynn Doyle Cooper als Täter präsentierte. Sie habe am Tag vor der Entführung im Haus ihrer Grossmutter, das sich unweit vom Absprungort befand, ein Gespräch belauscht. "Meine beiden Onkel, die ich nur in den Ferien gesehen habe, haben etwas sehr Bösartiges geplant", sagte die Frau 2011 dem US-Fernsehsender ABC. Am nächsten Tag sei einer der Onkel "blutig und verletzt und unordentlich" zurückgekommen, angeblich nach einem Autounfall. "Ich habe gehört, dass mein Onkel gesagt hat: 'Wir haben es getan, unsere Geldprobleme sind vorbei, wir haben ein Flugzeug entführt'", so die Hinweisgeberin. Eine Untersuchung des Gitarrengurtes des Verstorbenen auf DNA-Spuren blieb aber ergebnislos.

So ist der Fall auch 50 Jahre nach der spektakulären Entführung ungelöst und eine Aufklärung wird immer unwahrscheinlicher. Sollte "Dan Cooper" noch leben, wäre er heute um die 90 Jahre alt. Doch auch, wenn eine der längsten Ermittlungen in der Geschichte des FBI vorbei ist – die Legende wird weiterleben.

Verwendete Quellen:

  • ABC News: D.B. Cooper Case Solved? Marla Cooper Claims Uncle Hijacked Plane in 1971 - Exclusive Interview. 03.08.2011
  • Himmelsbach, Ralph: Norjak: The Investigation of D.B. Cooper, 1986
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.