Erst galt es europäischen Eroberern als Sehnsuchtsort, dann Forschern und Kaufleuten als lohnendes Ziel: El Dorado, das Land voller Gold in Südamerika. Viele Legenden erzählen von dem mysteriösen Gebiet. Aber wo ist der grosse Schatz versteckt? Fast alle Expeditionen mit dem Ziel, ihn zu finden, enden tragisch.
Ein märchenhafter Goldschatz und ein mysteriöser goldener Mann: Irgendwo in Südamerika versteckt, liegt ein sagenhaftes Goldland mit unermesslichen Schätzen.
Die Ureinwohner haben sie an einem unbekannten Platz hinterlassen – dieser wird El Dorado genannt. Ursprünglich sollte der mythische Ort in einem See liegen, später in Städten, dann ist ein ganzes Land damit gemeint.
Im 16. Jahrhundert hören die Spanier erstmals von dem Schatz, und sind versessen darauf, ihn zu finden. Sie haben schon Blut geleckt: Bei der Plünderung von Gräbern auf dem Kontinent finden sie so viel Edelmetall, dass der spanische König die Region 1513 als "Goldkastilien" in Landkarten eintragen lässt.
El Dorado verspricht noch viel mehr Schätze. Hinter dem Mythos steckt eine Legende um einen Goldkönig aus Kolumbien.
Die Legende vom Goldkönig
Der Sage nach steht mitten auf der Laguna de Guatavita ein Mann auf einem Floss aus Schilfrohr. Vom Uferrand aus sieht er aus, als sei er aus Gold.
Vier Männer begleiten ihn, sie haben zahlreichen Gegenstände aus purem Gold dabei. An Land versammeln sich tausende Menschen.
Einige machen Musik mit Trommeln und Flöten, andere jubeln und tanzen in bunten Federgewändern – es sind Angehörige des Muisca-Stammes im heutigen Kolumbien. Sie werden Zeugen einer grossen Opferzeremonie: der Krönung zum König.
Die Männer auf dem Floss sind Häuptlinge und der zukünftige Regent "El Dorado", der Goldene. In der Mitte des Sees angekommen, hissen sie eine Fahne.
Der Beinahe-König beginnt, den Göttern auf dem Grund Opfer zu bringen: Er wirft alle mitgebrachten Schätze ins Wasser.
Die Spanier wollten das Gold für sich
Begründet wird die Sage von El Dorado von einem spanischen Seefahrer, der Anfang des 16. Jahrhunderts eine solche Zeremonie mit eigenen Augen gesehen haben will. Zurück in Europa berichtet er davon, die Geschichte verbreitet sich schnell.
Wenn es einen derartigen Brauch tatsächlich gibt, wie viel Gold muss dann wohl am Grund des Sees liegen? Die Vorstellung von gigantischen Mengen an Schätzen heizt die Phantasie der Spanier an.
Schon Christopher Columbus meinte: "Wahrlich, für Gold kann er sogar seiner Seele Eingang ins Paradies erkaufen."
Und so entsendet der König von Spanien seine Konquistadoren, um das geheimnisvolle Goldland in Südamerika zu finden. Beim ersten Marsch zum Guatavita-See im Jahre 1536 müssen 800 Spanier durch die Stammesgebiete der Muisca-Indianer.
Zwar knöpfen sie den Indios grosse Mengen Gold ab, aber den See erforschen sie nicht – das Wasser müsste dazu aus dem See heraus. Dafür sorgt 1580 ein Kaufmann aus Bogotá: Er lässt 800 Indios eine riesige Furche in den Kraterrand des Sees graben. Allerdings wird der Plan durch einen furchtbaren Unfall gestoppt. Hunderte Indios sterben beim Einsturz des Grabens.
Etwas kann der Wasserspiegel jedoch gesenkt werden. Die Spanier finden faustgrosse Smaragde sowie Stöcke und Brustpanzer aus purem Gold. Ein echter Schatz ist das nicht.
Aber vielleicht ist ja der See gar nicht das Goldland, sondern es liegt in Wahrheit woanders?
Die goldene Insel Manoa
Auch die Engländer bekommen im 17. Jahrhundert von angeblichen Goldschätzen in der Neuen Welt Wind. Die Ureinwohner erzählen ihnen von einem weiteren möglichen El Dorado: Manoa, einer Insel mitten im Dschungel.
Elisabeth I. schickt den Seefahrer Sir Walter Raleigh, um nach ihr zu forschen. Raleigh vermutet das Wunderland zwischen dem Regenwald Amazoniens und Peru.
Er sucht nach einem Salzsee mit einer magischen Insel in der Mitte. Auf ihr soll ein Sonnenpalast mit goldenen Säulen stehen. Das Essgeschirr darin sei aus purem Gold und Silber, erklären die Indios.
Doch als der Engländer nach eigener Aussage nichts findet, wird die Königin misstrauisch: Sie lässt ihn einsperren und 1618 hinrichten.
Gold und ein weisser Stamm im Amazonas
Ebenso soll es im brasilianischen Urwald eine geheimnisvolle Insel mit unvorstellbaren Reichtümern geben. Die Indianer nennen sie Gran Moxo, der Portugiese Barco Centenera will sie 1601 entdeckt haben.
Das behauptet er jedenfalls in einem Dokument. In den nächsten Jahrzehnten gibt das Papier Anlass für Expeditionen in den Dschungel.
In der Nationalbibliothek von Rio de Janeiro liegt ein weiteres Dokument, das von einem Forschungstrip nach Gran Moxo erzählt. Gut ausgerüstet gehen 1743 sechs Portugiesen mit zwölf Sklaven und 30 Indianern die Route nach, die Barco Centenera vor über 100 Jahren gelaufen war.
Sie entdecken tatsächlich eine uralte, zerstörte Stadt und Bergwerksgruben mit ein paar Goldstücken. Auch im Fluss finden sie ein paar Goldnuggets.
In ihrem Bericht an den König erwähnen sie auch zwei merkwürdige Menschen mit weisser Haut und langen schwarzen Haaren. Das Dokument ist das letzte Lebenszeichen der Männer.
Ob sie sich verlaufen haben oder ob die Sklaven ihre Herren überwältigen, ist nicht bekannt. Vielleicht sind sie allesamt Opfer von einem bisher unentdeckten weissen Stamm geworden? Fest steht, dass spätere Expeditionen von Franzosen und Briten ebenso tragisch enden.
Das ewige Goldfieber lässt viel Tote zurück
Ein Beispiel dafür ist der Mythos um Oberst Percy Fawcett. Zusammen mit seinem Sohn und einem anderen jungen Engländer bricht er 1922 auf, um die verschollene, weisse Hochkultur des brasilianischen Dschungels zu finden.
Doch die Männer kehren nie aus dem unerforschten Hochland des Mato Grosso im Landesinneren von Brasilien zurück.
Es gibt viele Legenden um feinste Edelmetalle, die quer über den südamerikanischen Kontinent verteilt sein sollen. Selbst der seriöse Forschungsreisende Alexander von Humboldt berechnet, wieviel Gold auf dem Grund des Guatavita-See liegen könnte.
Aber die manische Suche nach dem imaginären Schatz kostet viele Menschen das Leben – vor allem Indios. Immer wieder werden kleinere Schätze gefunden, die die Goldsuche wieder anstacheln.
Um 1850 taucht etwa in einer Höhle in Kolumbien ein 20 Zentimeter kleines Floss mit Figuren aus Gold, Silber und Kupfer auf. Vielleicht ist ja an der kolumbianischen Legende um den Goldkönig doch etwas dran?
Die Suche nach dem Schatz hört deshalb nie auf. Anfang des 20. Jahrhunderts wird der Guatavita-See sogar komplett trockengelegt. Ausser viel Matsch finden die Forscher aber nicht viel.
Innerhalb weniger Stunden wird der Schlamm hart wie Zement, verstopft die Abflussrohre und sorgt dafür, dass sich der See schnell wieder mit Wasser füllt.
Auch heute noch fragen sich Abenteurer und Forscher, wo das Gold aus den Legenden und Mythen abgeblieben ist. Einige der über die Jahrhunderte aufgetauchten goldenen Beweisstücke sind im Goldmuseum von Bogotá ausgestellt.
Aber an welchen geheimnisvollen Ort die Indios ihre Reichtümer transportierten, um sie vor den europäischen Eroberern zu schützen, das weiss bis heute niemand. Die Suche nach El Dorado geht auch im 21. Jahrhundert weiter.
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