Zwillinge gelten an vielen Orten auf der Welt als etwas Besonderes: An einigen wird ihre Geburt als gutes Omen gefeiert, an anderen gelten sie als Unheilbringer. Wir stellen verblüffende Fakten über Zwillinge vor.

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Das doppelte Lottchen, Hanni und Nanni, Fred und George Weasley in den Harry-Potter-Romanen, Castor und Pollux oder Romulus und Remus in der griechischen und römischen Mythologie: Zwillingspaare spielen in modernen und antiken Erzählungen oft eine wichtige Rolle.

Aus gutem Grund: Dass zwei Babys gemeinsam in einem Mutterleib heranwachsen, fasziniert die Menschen überall auf der Welt seit Tausenden von Jahren. Das Wort Zwilling ist eine Ableitung des Begriffs "zwei" und bedeutet "was doppelt vorkommt", oder auch: "Wovon es ein Zweites gibt".

In Deutschland leben etwa eine Million Zwillingspaare. Weltweit ist jede 40. Geburt eine Zwillingsgeburt. Aber es gibt verblüffende Unterschiede: In Afrika kommen die meisten Zwillinge zur Welt, in Asien die wenigsten.

Können Zwillinge ein perfektes Verbrechen begehen?

Weil Zwillinge nahezu das gleiche Erbgut besitzen, können sie theoretisch ein perfektes Verbrechen begehen. Aber nur, wenn sie keine Fingerabdrücke an einem Tatort hinterlassen. Denn diese lassen sich eindeutig einem Menschen zuordnen. Die Linien und Kerben eines Fingerabdrucks formen sich, wenn die Embryonen die Fruchtblase berühren. Darum haben auch Zwillinge unterschiedliche Fingerabdrücke.


Anders ist es dagegen beim genetischen Fingerabdruck, etwa aus Blut- oder Speichelproben. Deshalb machte 2009 ein Raub im Berliner Kaufhaus Kadewe Schlagzeilen. Drei Männer waren nachts in das Kaufhaus eingebrochen und hatten bei einem Juwelier Schmuck im Wert von mehreren Millionen Euro erbeutet.

An einem Handschuh wurden DNA-Spuren entdeckt. Diese Spur führte die Polizei zu einem mehrfach vorbestraften Mann. Doch so einfach liess sich der Fall nicht lösen: Denn der Verdächtige hatte einen eineiigen Zwillingsbruder. Die Ermittler konnte nicht feststellen, von welchem der Brüder die DNA-Spuren stammten. Weil die Polizei auch keine anderen Beweise finden konnte, musste die Ermittlungen eingestellt werden.

Wenn Zwillinge andere Zwillinge heiraten

Angeblich sollen Zwillinge eine besondere Verbundenheit besitzen, auch wenn dies wissenschaftlich noch nie nachgewiesen wurde. Aber es werden immer wieder kuriose Geschichten bekannt: Die Zwillingsschwestern Aimee und Ashlee Nelson aus Ohio waren nicht nur zeitgleich schwanger, sondern ihre Söhne wurden im Abstand von weniger als zwei Stunden geboren. Und die texanischen Zwillingsbrüder Craig und Mark heirateten die Zwillingsschwestern Diane und Darlene. Gemeinsam haben sie fünf Kinder – darunter ebenfalls ein Zwillingspaar.

Einige Forschungsergebnisse über Zwillinge sind erstaunlich. Sie sind zum Beispiel häufiger Linkshänder als Einzelkinder. Grosse Frauen haben statistisch gesehen eine höhere Wahrscheinlichkeit, Zwillinge zu bekommen. Das erklärt die Wissenschaft damit, dass sie mehr Proteine produzieren, die die Hormone und die Tätigkeit der Eierstöcke beeinflussen.

Ein göttlicher und ein menschlicher Vater sorgen für Zwillinge

Zwillinge galten schon in früheren Zeiten vielerorts als etwas Besonderes. Allein in der antiken Mythologie tauchen mehr als 80 Zwillingspaare auf, darunter Götter und Helden. Dass sich zwei Kinder gleichzeitig in einem Bauch entwickeln konnten, erklärte man damals mit dem Eingreifen eines Gottes. Zwillinge hatten demnach zwei Väter: einen menschlichen und einen göttlichen.

Doch schon in der Antike wurden Zwillinge ebenso oft mit Aberglauben betrachtet. In den Überlieferungen gibt es Geschichten wie die über die Söhne von Ödipus, Eteokles und Polyneikes, die sich gegenseitig umbrachten. Eine irrationale Furcht sorgte mitunter dafür, dass die Menschen die Geburt zweier gleich aussehender Kinder als Unheilbringer ansehen.

Bestialische Bräuche mit Zwillingskindern

In einigen Gebieten auf Madagaskar ist das heute noch so. Noch Ende der 1980er-Jahre entstand auf der Insel ein Heim nur für Zwillingskinder. Allerdings beschwerten sich Nachbarn, dass der Wind, der von dort zu ihren Häusern wehte, sie krank mache. Das Heim musste umziehen.

Früher drohte Zwillingen auf Madagaskar ein weitaus grausames Schicksal: Die Dorfbewohner legten die Kinder vor die Kuhställe. Dann öffneten sie die Tore. Die Rinder trampelten über die Mädchen und Jungen hinweg. Wenn ein Kind diese bestialische Tortur überlebte, durfte es zu seiner Familie zurückkehren.

Der Aberglaube auf der Insel geht zurück auf eine Legende: Eine Königin floh demnach vor einem Kampf und vergass eines ihrer Zwillingskinder. Sie schickte die Soldaten zurück, um es zu holen. Doch dabei wurden alle Männer grausam getötet – "Schuld" daran war der Zwilling.

Im sibirischen Kamtschatka war man bis ins 18. Jahrhundert sicher, dass der Vater von Zwillingen in jedem Fall ein Wolf sein müsse.

Das Yaruba-Volk verehrt Zwillingskinder

Ganz anders ist es beim afrikanischen Stamm der Yaruba, die vor allem im Südwesten Nigerias und in Benin beheimatet sind: Die Menschen glauben, das Zwillinge Glück und Gesundheit bringen. Die Geburt gilt als gutes Omen und wird mit einem grossen Fest gefeiert.

Dabei gelten die Yaruba als Weltmeister bei Zwillingsgeburten: Bei jeder sechsten Geburt kommen ein- oder zweieiige Pärchen zur Welt. Wissenschaftler führen das auf die Ernährung mit Yamswurzeln zurück. Diese enthalten ein Hormon, das die Eierstöcke anregt, gleichzeitig zwei Eier zur Reife zu bringen.

Im Südwesten Nigerias gehen viele Menschen davon aus, dass Zwillinge eine gemeinsame Seele haben. Stirbt eines der Geschwister, bekommt das überlebende Kind eine bekleidete Holzfigur geschenkt.

In ihr lebt dann die zweite Hälfte der Seele weiter. In Botswana soll ein Exorzist die Seele des toten Zwillings aus dem lebenden Kind austreiben. In Südafrika musste ein überlebender Zwilling in der Nacht vor der Beerdigung auf dem Sarg des gestorbenen Geschwisterchens schlafen.

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