Die Suche nach extraterrestrischer Intelligenz, kurz "Seti" genannt, betreiben Forscher schon seit 1960. Dabei gibt ihnen ein bestimmtes Signal bis heute Rätsel auf. Bei dem sogenannten "Wow!-Signal" können Wissenschaftler nicht ausschliessen, dass es von einer ausserirdischen Zivilisation stammt.

Ein Interview

Das "Big Ear"-Radioteleskop der Ohio State University zeichnete am 15. August 1977 das Wow!-Signal auf. Seinen Namen verdankt es einer Randnotiz seines Entdeckers Jerry Ehman, der die Abbildung des Signalverlaufs mit dem Ausdruck der Verwunderung kommentierte. Der Astrophysiker Norbert Junkes vom Max-Plank-Institut für Radioastronomie erklärt im Interview, was es mit dem Wow!-Signal auf sich hat und wie die Suche nach ausserirdischen Zivilisationen funktioniert.

Mehr zum Thema Mystery

Herr Junkes, was müssen wir uns unter Seti vorstellen?

Norbert Junkes: Im Prinzip wird dabei mit Radioteleskopen nach künstlichen Signalen gesucht. Was wir in der Radioastronomie normalerweise aufzeichnen, sind eine ganze Reihe natürlicher Radiostrahlen. Mit Hilfe der Teleskope lernen wir etwas über die Vorgänge im Universum, über die Physik und die Chemie ferner Welten. Atome und Moleküle haben spektrale Fingerabdrücke, die sich auch in charakteristischer Radiostrahlung abbilden. Aber für Seti wird nach einem Signal gesucht, das sich von dieser natürlichen Radiostrahlung unterscheidet, weil eine ausserirdische Intelligenz dahinter steckt, die es künstlich erzeugt.

Wie läuft der Suchvorgang ab?

Die Suche ist schlimmer ist als die nach der Nadel im Heuhaufen. Man peilt dabei Hunderte, Tausende von Sternen an. Das Projekt Seti läuft ja in unterschiedlichen Spielarten schon seit mehr als 50 Jahren, aber bisher hat niemand Ausserirdische gefunden.

Ist das Wow!-Signal ein Hinweis auf ausserirdisches Leben?

Das Wow!-Signal war ein Schmalbandsignal, das im Jahr 1977 so stark in den Detektoren reinkam, dass es fast alle Kriterien für ein künstliches kosmisches Kommunikationssignal erfüllt – bis auf eins: Es wurde einmal aufgefangen und dann nie wieder. Es wurde nie wiederholt. Darum halten es manche Wissenschaftler für möglich, dass das Signal doch irdischen Ursprungs war und an einem Stück Weltraum-Material wie Weltraum-Schrott oder einem Satelliten reflektiert wurde. Wenn es um Seti geht, wird dieses Signal seit Jahrzehnten aufgeführt, einfach weil man bis heute kein überzeugenderes Beispiel gefunden hat.

Warum muss ein Signal mehrmals empfangen werden, damit es von Ausserirdischen stammen kann?

Das Ziel von Seti ist es, ein Signal zu empfangen, dass eine ausserirdische Intelligenz mit der Absicht abgesetzt hat, mit uns zu kommunizieren. Ein einzelnes Signal kann durch irgendeinen Zufallseffekt erzeugt worden sein, wie es manche auch beim Wow!-Signal annehmen. Darum enthalten die Suchprogramme das Kriterium der Wiederholbarkeit. Nur dann kann davon ausgegangen werden, dass jemand versucht, mit uns zu kommunizieren.

In den siebziger Jahren wurde der Spiess umgedreht und von der Erde eine Botschaft an mögliche ausserirdische Zivilisationen geschickt. Wie erfolgversprechend ist das?

Dabei handelt es sich um eine kodierte Botschaft, die Astronomen 1974 mit dem 300 Meter grossen Arecibo-Teleskop in Puerto Rico verschickt haben. Dieses Teleskop hat als Besonderheit nicht nur ein Empfangssystem wie die meisten Radioteleskope, sondern auch einen starken Sender, also Radar, zur Erforschung unseres Sonnensystems.

Als das Teleskop in Arecibo eine neue Oberfläche bekam, weihte man es feierlich ein. Und als Aktion dazu wurde das Signal in Richtung des Kugelsternhaufens M13 im Sternbild Hercules losgeschickt. Das hat einen Vorteil: M13 ist ein Sternensystem, das mehr als eine Million Sonnen enthält. Man erwischt also mit dem Signalstrahl mehr als eine Million Sterne. Es hat aber auch einen Nachteil: M13 ist rund 25.000 Lichtjahre von uns entfernt. Wenn also dieses Signal wirklich von einem Bewohner eines Planeten bei einem dieser Sterne aufgefangen werden sollte, wäre das erst in rund 25.000 Jahren der Fall. Dann könnten wir in gut 50.000 Jahren mit einer Antwort rechnen. Diese Aktion war also nicht für einen echten Wissensgewinn gedacht – manche nennen es einen Partygag für die Veranstaltung.

Das Projekt Seti lädt Privatleute dazu ein, sich an der Suche nach ausserirdischer Intelligenz zu beteiligen. Wie funktioniert das?

Mit dem Empfang der Signale über grosse Radioteleskope fällt ein wahnsinnig grosses Datenvolumen an. Bei dessen Auswertung kommt sogar der grösste Einzelrechner an seine Grenzen. Deswegen hat sich das Berkley-Institut mit Seti@home ein cleveres Konzept überlegt, bei dem man diese Daten in eine Vielzahl von kleinen Paketen aufteilt und diese auf die vernetzten Rechner der Teilnehmer verteilt. Jeder kann sich vom Berkley-Institut eine bestimmte Software herunterladen. Wenn der Computer von seinem Besitzer gerade nicht verwendet wird, dann nutzt er die verfügbare Zeit und Rechnerkapazität dafür, die empfangenen Datenpakete mit Radiosignalen auszuwerten und schickt sie anschliessend zurück.

Seti@home war also eine clevere Idee, brachliegende Rechenkapazität für Forschungszwecke einzusetzen. Das Prinzip wurde inzwischen auch auf andere Wissenschaftszweige ausgeweitet und nennt sich "BOINC". Viele finden es faszinierend, bei Seti dabei zu sein, andere unterstützen lieber die Gensequenzanalyse oder die Suche nach Gravitationswellen oder Pulsar-Signalen, wieder andere sind lieber bei der Erdbebenanalyse dabei.

Dr. Norbert Junkes ist nach wissenschaftlicher Tätigkeit in Australien (Australia Telescope National Facility, ATNF, Sydney), in Kiel (Institut für Theoretische Physik und Astrophysik) und in Potsdam (Astrophysikalisches Institut Potsdam, AIP) als Pressereferent am Max Plank Institut für Radioastronomie tätig. Er war von 2008 bis 2014 Vorstandsmitglied der Astronomischen Gesellschaft.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.