Für Pilzsammler ist dieses Jahr - bisher zumindest - alles andere als super. Schuld daran ist die Trockenheit, denn die mögen die meisten Pilze überhaupt nicht. Doch so ganz müssen Pilzfreunde die Hoffnung noch nicht aufgeben.
Im Spätsommer und Herbst zieht es Pilzfreunde nach draussen. Im Wald und auf Wiesen lassen sich allerlei Köstlichkeiten finden - normalerweise. In diesem Jahr könnte die Ausbeute aber mager ausfallen.
"Im Augenblick ist noch relativ wenig zu holen", sagt Marco Thines, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (Pilzkunde). "Lokal sind die Unterschiede riesig", sagt Thines. "Aber für Gesamtdeutschland würde ich ein eher schlechtes Pilzjahr erwarten."
Aber er macht Pilzsammlern ein wenig Hoffnung: Sollte es in den nächsten Wochen noch ordentlich regnen, könnte sich das noch ändern.
Müssen wir uns angesichts des Klimawandels häufiger auf schlechte Jahre einstellen? Das können Fachleute nicht definitiv beantworten. "Man stellt fest, dass manche Pilze früher als sonst im Jahr auftreten und dass wärmeliebende Arten häufiger vorkommen", sagt Thines. "Im Moment sind das Trends."
Experte: Finger weg von Pilz-Apps!
In den Wald gehen und Pilze sammeln - daran haben inzwischen wieder mehr Menschen Spass. Bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie zeigt sich das in der steigenden Zahl von Pilzsachverständigen.
Doch auch Laien zieht es zu den Pilzen. Allerlei Bestimmungs-Apps für das Smartphone machen die Suche heute vermeintlich leichter.
Wolfgang Prüfert hat für die Deutsche Gesellschaft für Mykologie bereits 2015 einige Apps getestet. Sein Urteil: Pilzsammler, die bei der Suche nur auf eine App vertrauten, spielen mit ihrem Leben.
Seitdem sind zwar weitere Apps auf den Markt gekommen, unter ihnen sieht Prüfert aber keine bahnbrechende Neuerung. "Anfänger sollten komplett die Finger von Apps lassen", lautet deshalb seine Empfehlung.
Viele Pilzarten sind gefährdet
Etwa 9.000 Grosspilze sind in Deutschland bekannt. 6.000 hat das Bundesamt für Naturschutz auf ihre Gefährdung hin untersucht. Ein Viertel davon steht demnach auf der Roten Liste, gilt also als mehr oder weniger stark gefährdet. Ein weiteres Viertel gilt als ungefährdet.
Bei den übrigen Arten können Experten keine genaue Einschätzung abgeben, da nicht genug Daten vorliegen. "Es gibt Pilzarten, die waren früher weit verbreitet und sind jetzt kaum noch zu finden", sagt Thines. Von den Grosspilzen seien zwar nur etwa 100 als Speisepilz bedeutend, doch auch sie würden Lebensräume verlieren.
Ein Beispiel ist der Wiesenchampignon, dem die intensive Landwirtschaft zu schaffen macht. Durch Dünger und Autoabgase reichert sich Stickstoff in den Böden an, auf den die meisten Pilze empfindlich reagieren. "In Deutschland gibt es ausserhalb der Nationalparks keine Wälder, die natürlich sind", ergänzt Thines. Viele seltene Pilze gebe es nur dort, wo totes Holz herumliege.
In landwirtschaftlich besonders intensiv genutzten Bundesländern wie Niedersachsen seien das offene Grünland und damit auch der Pilzbestand auf naturnahen Wiesen um 90 Prozent innerhalb von 60 Jahren zurückgegangen, sagte Thines der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Ohne Pilze kein Brot und kein Wein
Das ist nicht nur eine schlechte Nachricht für Pilzfreunde, sondern auch für Ökosysteme wie den Wald. Denn Pilze spielen darin eine herausragende Rolle. Sie sind die einzigen Organismen, die tote Baumstämme in wenigen Jahren zersetzen können.
Zudem versorgen sie mit ihrem unterirdischen Geflecht Bäume und Kräuter mit Nährstoffen und Wasser. Überdies leben sie in Symbiose mit vielen Pflanzen und Tieren - sie helfen Kühen zum Beispiel dabei, Gras zu verdauen.
Pilze sind auch für den Erhalt vieler Insekten- und Käferarten wichtig, sagte Thines der Zeitung: "Werden sie weniger, dezimiert das auch die Nahrung und den Lebensraum für Insekten." Ohne Pilze wäre Getreide- oder Obstanbau kaum möglich, Medikamente wie Antibiotika, aber auch Brot und Wein könnten nicht hergestellt werden. (dh/dpa) © dpa
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