Der Ätna, höchster Vulkan Europas, rutscht langsam ins Meer. Forscher warnen vor katastrophalen Folgen. Aber wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass der Vulkan in den nächsten Jahren komplett abrutscht und kann man etwas dagegen tun?
Es ist bereits länger bekannt, dass der Ätna langsam in Richtung Meer rutscht. Die Ostflanke des auf der italienischen Insel Sizilien gelegenen Vulkans bewegt sich jedes Jahr ein paar Zentimeter.
Kieler Wissenschaftler vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung haben dieses Phänomen genauer untersucht. Zu diesem Zweck haben sie fünf Transponder am unterseeischen Teil des Vulkans angebracht. Die Ergebnisse haben sie im Fachblatt "Science Advances" vorgestellt.
"Bewegung ist viel und schnell"
Zwischen dem 12. und 20. Mai 2017 haben die Forscher gemessen, dass sich der Ätna innerhalb von acht Tagen vier Zentimeter seitwärts und einen Zentimeter abwärts bewegt hat. Das hört sich zunächst nach wenig an. Ulrich Küppers, Wissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion aber: "Über den kurzen Zeitraum ist diese Bewegung viel und schnell und mehr als das, was man normalerweise an Bergen sieht."
Allerdings habe sich der Ätna danach auch wieder beruhigt. Wann der Vulkan abrutschen wird, könne man ohne Vorwarnung nicht sagen. Indizien dafür kann es aber dennoch geben: "Wenn sich ein Berg bewegt, kann sich das durch aufreissende Brüche und kleinere Rutschungen andeuten."
Das könne man mit den Messinstrumenten feststellen. Im Moment deutet laut dem Experten aber nichts darauf hin, dass die Ostflanke komplett destabilisiert und in absehbarer Zeit abrutscht. Wenn es dennoch dazu kommen sollte, könne der Mensch nichts dagegen tun.
Vulkane sind immer in Bewegung
Die Bewegungen des Ätna in Richtung Meer sind allerdings nichts Ungewöhnliches. Bereits in den frühen 90er-Jahren haben Forscher dort Bewegungen gemessen.
"Viele Vulkane können Flankeninstabilität aufweisen", erklärt Küppers. Es habe in der Vergangenheit Vulkane gegeben, die Flankenabbrüche gehabt hatten. Wie zum Beispiel der Mount St. Helens im US-Bundesstaat Washington im Jahr 1980.
Vulkane seien als aktive Berge immer ein bisschen in Bewegung. Beim Ätna komme noch hinzu, dass der Vulkan auf einer tektonisch sehr komplexen Zone liege.
Mindestens einmal in der Vergangenheit hat es bereits einen grösseren Felssturz an seiner Ostflanke gegeben.
Tsunami würde das östliche Mittelmeer betreffen
Wenn die Flanke, so wie sie es derzeit tut, nur langsam herabrutscht, ist das laut Küppers nicht gefährlich. Das passiere immer mal wieder und normalerweise nicht innerhalb kurzer Zeiträume. Aber: "Sollte ein grösseres Gesteinspaket an der Ostflanke schnell abrutschten, ist das natürlich potenziell gefährlich", so der Experte weiter.
Die Kieler Wissenschaftler weisen in ihrer Studie daraufhin, dass ein solches plötzliches Abrutschen zur Entstehung von Tsunamis führen kann. "Sollte eine grosse Menge Gestein in kurzer Zeit - wir reden hier von Sekunden und Minuten - ins Meer rutschen und das Wasser verdrängen, dann würde das letztendlich eine Flutwelle auslösen", sagt Küppers.
Der Tsunami werde Kalabrien auf der anderen Seite von Italien betreffen, aber auch ins östliche Mittelmeer laufen. Die griechischen Inseln, die Türkei und die Nordküste Afrikas wären laut Küppers von der Welle betroffen.
Im Moment gebe es aber keine Anzeichen dafür, dass dieses Worst-Case-Scenario in absehbarer Zukunft eintreten wird.
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