Der Blutmond am Montagmorgen bildete den sehenswerten Abschluss einer Reihe von totalen Mondfinsternissen. Bei manchen Menschen löst das Naturereignis allerdings Panik vor Katastrophen oder gar dem Weltuntergang aus. Was ist an den Thesen dran?
Bei vielen dürfte der Wecker am Montagmorgen noch wesentlich früher geklingelt haben als sonst: Von 4.11 bis 5.23 Uhr dauerte die totale Mondfinsternis, bei der der Vollmond in kupferrotes Licht getaucht am Nachthimmel stand. Es war der letzte Teil einer sogenannten Blutmond-Tetrade: Der Begriff beschreibt einen Zyklus von vier aufeinanderfolgenden totalen Mondfinsternissen. Die erste fand am 15. April 2014 statt, die zweite am 8. Oktober. Am 4. April folgte die nächste Mondfinsternis, bevor der Blutmond in der Nacht zum Montag den Abschluss bildete. Die drei vorherigen konnten Betrachter in Europa allerdings gar nicht sehen. Nur selten registrieren Astronomen eine solche Aneinanderreihung: Im 21. Jahrhundert soll es acht Tetraden geben, ab dem Jahr 2200 für mehr als 200 Jahre gar keine mehr.
US-Bestseller-Autor erwartet bedeutendes Ereignis
Manche – gerade christlich Gläubige – interpretieren die Blutmond-Tetrade als ein Zeichen: In seinem 2013 erschienenen Bestseller "Four Blood Moons: Something is about to change" behauptet der US-amerikanische Prediger John Hagee, dass bis zum Herbst dieses Jahres etwas Bedeutendes in Israel passiere: etwas, das die Weltgeschichte verändere. Denn immer wieder sind Blutmond-Tetraden laut Hagee terminlich mit auffälligen Geschehnissen zusammengefallen: 1493/1494 beispielsweise in die Zeit der spanischen Inquisition, während der Juden vertrieben wurden. 1949/1950 leuchteten Blutmonde, nachdem zuvor der Staat Israel gegründet worden war. Auch 1967/68 gab es eine Tetrade – und im Juni '67 tobte der Sechstagekrieg zwischen Israel und Ägypten, Syrien und Jordanien.
Hagee stützt sich bei seiner Prophezeiung auch auf die Bibel, etwa auf folgende Zeilen der Apostelgeschichte: "Und ich will Wunder tun oben im Himmel und Zeichen unten auf Erden: Blut und Feuer und Rauchdampf, die Sonne soll sich verkehren in Finsternis und der Mond in Blut, ehe denn der grosse und offenbare Tag des Herrn kommt."
Blutmonde fallen auf jüdische Feiertage – ein Zeichen?
Das Besondere an der Tetrade, die am Montagmorgen endete, ist, dass die vier Blutmonde auf bedeutende jüdische Feiertage gefallen sind: im April auf das Pessach-, im September und Oktober auf das Laubhüttenfest, das Sukkot. Für manche ein Beweis dafür, dass es sich um ein göttliches Zeichen handeln muss. Einzelne Anhänger christlicher Glaubensgemeinschaften sollen sich sogar mit Hamsterkäufen vorbereitet haben, um für Katastrophen oder gar den Weltuntergang vorbereitet zu sein.
Für die Verbreitung der apokalyptischen Prophezeiungen hat auch die Autorin und Mormonin Julie Rowe in ihren Publikationen gesorgt. Sie ist davon überzeugt, dass alle sieben Jahre weltverändernde Ereignisse eintreten: zuletzt die Attentate am 11. September 2001 und die Finanzkrise 2008.
Astronom: "Wirre Visionen von Predigern"
Seit Beginn unserer Zeitrechnung gab es bereits acht Tetraden, die mit jüdischen Feiertagen zusammengefallen sind, betont der österreichische Astronom Florian Freistetter. In einem Blogbeitrag aus dem Januar erklärt er: "Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender und orientiert sich mit seinen Feiertagen selbst an den Mondphasen." Übereinstimmungen zwischen jüdischen Feiertagen und den nur bei Vollmond möglichen Mondfinsternissen seien also zu erwarten, zumal sich die Feste über mehrere Tage erstreckten. Für Freistetter steht fest: "Es gibt nicht den geringsten Grund, den wirren Visionen der Prediger irgendeinen Glauben zu schenken. An den vier aufeinanderfolgenden Mondfinsternissen ist nichts, was einem Angst einjagen sollte."
Was hinter dem Blutmond steckt
Warum sich der Mond bei der totalen Mondfinsternis dunkelrot färbt, erklärt Björn Voss. Er ist Leiter des Planetariums des Westfälischen Landesmuseums für Naturkunde (LWL) in Münster und Präsident der Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien (GDP). Eine totale Mondfinsternis entsteht, weil der Mond vollständig in den Schatten der Erde tritt. Dass er dadurch nicht komplett dunkel wird, liegt daran, dass die Erdatmosphäre das Licht der Sonne in ihren Schatten hinein leitet und es dabei dunkelrot färbt. Dieses Licht reflektiert der Mond. "Im Prinzip entsteht die rote Färbung des Mondes durch die Summe aller Sonnenunter- und Sonnenaufgänge, die zu dieser Zeit stattfinden", so der Astronom.
Dass der Mond in der Nacht des 28. Septembers auch noch grösser wirkte als in anderen Nächten, sei zwar richtig, falle dem Betrachter aber kaum auf, weil ihm der direkte Vergleich fehle. Dass die Grösse des Mondes – von der Erde aus betrachtet – variiert (um zehn Prozent), ist völlig normal und liegt daran, dass er die Erde in unterschiedlich weiter Entfernung umkreist.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.