• In Bayern wurde wieder ein Bär gesichtet, der sich bislang aber unauffällig verhält.
  • Dabei werden Erinnerungen an "Problembär" Bruno wach, der 2006 getötet wurde.
  • Zwei Expertinnen erklären, wie man sich gegenüber Wildtieren verhalten sollte.

Mehr Ratgeberthemen finden Sie hier

Zweimal wurde der Bär in Bayern bislang gesichtet. Woher er kommt und wohin er geht, ist unbekannt. Die gute Nachricht ist aber: Er verhält sich bisher unauffällig und "im Endeffekt genauso, wie man das gerne hätte: Er meidet alles, was mit Zivilisation zu tun hat", sagte vor einigen Tagen der Bürgermeister von Ohlstadt, Christian Scheuerer.

Die meisten Bären machen das so, das liegt in ihrer Natur. "Wildtiere haben überhaupt kein Bedürfnis danach, Menschen zu treffen", erklärt die Vorsitzende des Bayerischen Forstvereins Gudula Lermer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Hätte es nicht im Mai und Juni 2006 "JJ1", besser bekannt als Bruno, gegeben, wäre das Interesse an der aktuellen Bärensichtung vielleicht nicht so gross. Bruno hatte seinerzeit einige Hühnerställe verwüstet und Schafe gerissen. Sechs Wochen nach dem ersten Vorfall erliess die Bezirksregierung eine Verordnung, die den "Problembären" buchstäblich zum Abschuss freigab - was dann auch tatsächlich passierte.

Zur Begründung hiess es damals, man habe Angst, dass der Bär einen Menschen angreife und ihn dabei schwer verletzen oder sogar töten könnte.

Angriff extrem unwahrscheinlich

Dass ein Bärenangriff für einen Menschen gefährlich wäre, steht ausser Frage. Nur: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist extrem gering, wie Gudula Lermer und auch die Referentin für Wölfe und Beweidung beim Nabu (Naturschutzbund Deutschland), Marie Neuwald, erklären. Es gibt zudem eine Studie, bei der untersucht wurde, wie wahrscheinlich ein tödlicher Bärenangriff in Eurasien und Nordamerika ist: Aus Werten der Vergangenheit errechneten norwegische Forscher statistische 950 Todesfälle - pro Jahrhundert.

Allein die Zahl der Braunbären in Europa (geschätzt rund 17.000) legt nahe, dass es genug Raum gibt, um einander aus dem Weg zu gehen. Das gilt auch für andere potenziell gefährliche Wildtiere wie Wölfe und Wildschweine.

Am wahrscheinlichsten ist noch eine Begegnung mit einem Wildschwein, weil es davon recht viele gibt. Menschen, die in Berlin und Umland leben, werden es wissen: Wo es Futter zu holen gibt, kommen mitunter auch Waldtiere in die Stadt.

Wer jedoch wandern oder im Wald spazieren geht, wird eher kein Tier treffen - es sei denn, die Tiere wurden durch herumliegende Essensreste angelockt oder die Wanderer bewegen sich weit abseits der Wege.

Nicht schreien, nicht fuchteln

Kommt es wider Erwarten doch zu einer Begegnung, gilt für alle Wildtiere - Bären eingeschlossen - als wichtigste Regel: ruhig bleiben. "Man kann versuchen, sich gross zu machen, aber man sollte auf keinen Fall herumschreien oder wild gestikulieren", sagt Gudula Lermer.

Auch sollte man sich nicht auf das Tier zubewegen, ihm Futter anbieten oder gar versuchen es zu streicheln. Im Gegenteil: "Man sollte den Tieren die Möglichkeit geben, sich zurückzuziehen und auch sich selbst langsam zurückziehen", erklärt Marie Neuwald.

Wegzurennen ist keine gute Idee, denn eine Panikreaktion signalisiert einem Wildtier, dass es ein Beutetier vor sich hat. Vor allem bei einer Begegnung mit einem Bären besteht zudem wenig Hoffnung, ein Rennen zu gewinnen; auch auf einen Baum klettern kann der Bär im Zweifel besser als man selbst.

Flach auf den Bauch, Hände in den Nacken

Solange man sich aber ruhig verhält, passiert einem höchstwahrscheinlich gar nichts - zumal etwa der Bär kein Jäger im Sinne eines Raubtiers ist. "Im unwahrscheinlichen Fall eines Angriffs kann man versuchen, den Bären abzulenken, zum Beispiel, indem man eine Jacke oder einen Rucksack auf den Boden legt und sich dann einige Schritte entfernt", sagt Marie Neuwald.

Wichtig ist, dass das Tier sich nicht bedroht fühlt - ein potenzieller Fluchtweg sollte nicht versperrt werden. "Sollten weder langsamer Rückzug noch Ablenkung etwas helfen, ist es das Beste, sich auf den Bauch zu legen und die Hände im Nacken zu kreuzen“, erklärt Neuwald. Das sei für den Bären das Signal, dass dieser Mensch hier keine Gefahr für ihn ist. Wer einen Hund hat, sollte ihn in Wolfsgebieten anleinen, sagt Gudula Lermer - auch zu dessen eigenem Schutz.

Nochmal: Die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit Wildtieren, die einen schwer verletzen können, ist sehr gering - vor allem, wenn man auf den Wegen bleibt. Dass man dort komplett vor Tieren sicher wäre, ist aber natürlich nicht ausgemacht. Manchmal können auch Auerhähne gefährlich sein.

Verwendete Quellen:

  • Telefoninterview mit der Vorsitzenden des Bayerischen Forstvereins, Gudula Lermer
  • Fragen per Mail an die Referentin für Wölfe und Beweidung beim Nabu (Naturschutzbund Deutschland), Marie Neuwald
  • Informationen des WWF zu Braunbären
  • Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern zu „Bruno“ (23. Juni 2006)
  • tagesspiegel.de: "Der Bär ist unauffällig“ (5. Mai 2022)
  • Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags: Braunbären in Europa
  • Münchner Merkur: Balzender Auerhahn greift Mountainbiker an (15. Mai 2022)
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.