Wie entstehen die kreisrunden, kahlen Stellen inmitten von trockenen Graslandschaften? Darüber rätseln Wissenschaftler seit langem. Nun bieten US-Forscher eine neue Theorie, welche die widerstreitenden Ideen zur Entstehung der Feenkreise versöhnt.
Für die kreisrunden kahlen Stellen in trockenen Graslandschaften Namibias, auch "Feenkreise" genannt, gibt es eine neue wissenschaftliche Erklärung. Das Besondere daran: Die Studie des Teams um Corina Tarnita von der Princeton University in Princeton (New Jersey, USA) kombiniert zwei Theorien, deren Vertreter sich bisher recht unversöhnlich gegenüber standen. Demnach tragen zum einen Insekten wie Ameisen und Termiten zur Entstehung bei. Zum anderen spielten Selbstorganisationsprozesse von Pflanzen eine Rolle, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "Nature".
Feenkreise sind vor allem aus Namibia bekannt. Sie besitzen einen Durchmesser von 2 bis 35 Metern und sind relativ gleichmässig über die Grasfläche verteilt. Jeder Feenkreis hat dabei üblicherweise sechs Nachbarn. Begrenzt werden die kahlen Flächen in der Regel von besonders üppig wachsenden Graskränzen.
Sind Termiten für Feenkreise verantwortlich?
Norbert Jürgens von der Universität Hamburg formulierte auf der Basis langjähriger Feldforschung 2013 die Theorie, dass unterirdisch lebende Termiten rings um ihre Nester die Wurzeln der Gräser abfressen. Normalerweise verdunstet Wasser über die Oberflächen der Gräser. Ohne die Gräser verbleibe mehr Wasser im Boden, was für die Termiten überlebenswichtig sei. Tatsächlich fanden Jürgens und sein Team unter den Feenkreisen eine höhere Bodenfeuchtigkeit als unter den Grasflächen.
Andere Wissenschaftler vermuten hinter den Kreisen eine Selbstorganisation der Pflanzen, die sich aus der Konkurrenz um Wasser ergibt. So auch eine Forschergruppe um Stephan Getzin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Sie berichteten im März 2016, dass sie bei zahlreichen Feenkreisen keine Termiten oder Ameisen gefunden hätten. Sie hatten die Naturphänomene in Australien untersucht, also etwa 10 000 Kilometer von Namibia entfernt.
Abgesehen vom Fehlen der Insekten führten die Gegner der Termiten-oder-Ameisen-Theorie ins Feld, dass dieser Ansatz die weiträumige und regelmässige, wabenförmige Anordnung der Feenkreise nicht erklären könne.
Tarnita und Kollegen zeigen nun jedoch, dass dies möglich ist, und zwar aufgrund von Konkurrenz zwischen den Termitenkolonien: Bei sehr grossen Unterschieden in der Koloniegrösse würden grössere Kolonien kleinere schnell verdrängen. Etwa gleich grosse Kolonien könnten jedoch in einem stabilen Verhältnis nebeneinander existieren. Dies führe zur Ausbildung des wabenförmigen Musters mit jeweils sechs Feenkreisen um einen zentralen Kreis herum.
Entstehung konnte reproduziert werden
In Simulationsmodellen, in die zahlreiche Daten über staatenbildende Insekten eingegangen waren, konnte die Gruppe um Tarnita die Entwicklung der Feenkreise gut reproduzieren. Die Modelle zeigten auch eine grosse Übereinstimmung mit dem Siedlungsmuster staatenbildender Insekten in Amerika, Afrika und Australien.
Doch die Forscher entdeckten noch etwas: "Frühere Studien konzentrierten sich ausschliesslich auf die Feenkreise und haben die Fläche dazwischen weitgehend ignoriert." Hier fiel den Wissenschaftlern nun auf, dass die Graslandschaften nicht gleichmässig bewachsen sind, sondern dass sich Büschelgruppen bilden. Die beste Annäherung an das Entstehen dieser Strukturen biete eine Kombination des Ameisen-Termiten-Modells mit dem Modell der Selbstorganisation der Pflanzen aufgrund der Konkurrenz um Wasser, schreiben die Forscher.
Über den konkreten Fall hinaus zeige ihre Studie, dass regelmässige Muster in der Natur von mehr als einem Mechanismus erzeugt werden könnten. © dpa
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