Blaumeisen gehen fremd. Dabei sind ältere Männchen erfolgreicher als jüngere. Woran das liegt? Jedenfalls nicht an mangelndem Fremdgeh-Interesse der Jüngeren.
Blaumeisen sind alles andere als treue Gefährten, in vielen Nestern wächst mindestens ein Kuckuckskind auf. Jungspunde landen bei Weibchen dabei weitaus seltener als ältere Männchen - offenbar werden sie bei Seitensprüngen von der erfahreneren Konkurrenz übertrumpft, berichtet ein Forschungsteam aus Bayern und Grossbritannien im Fachjournal "PLOS Biology".
Möglicherweise seien ältere Meisen im Kampf erfolgreicher, würden von Weibchen als attraktiver empfunden oder investierten mehr Energie ins Fremdgehen. Auch eine Mischung von Faktoren sei denkbar.
Junge Blaumeisen-Männchen weniger erfolgreich
Die Gruppe um Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz in Seewiesen/Pöcking hatte Blaumeisen (Cyanistes caeruleus) untersucht, die in Nistkästen im Wald brüteten. Neben Verhaltensbeobachtungen wurden DNA-Tests durchgeführt.
Die Analyse bestätigte zunächst, dass einjährige männliche Blaumeisen weniger erfolgreich bei der Zeugung von Nachwuchs ausserhalb ihrer Partnerschaft sind.
Doch geht das auf mangelnde Erfahrung, weniger Interesse oder unausgereifte körperliche Merkmale zurück - oder werden sie von älteren Artgenossen ausgebootet?
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Ältere Blaumeisen sind übermächtige Konkurrenz
Das Team siedelte zur Klärung dieser Frage in einem Jahr fast alle älteren Männchen der Population um und verglich den Bruterfolg der Jährlinge dann mit den Daten der vorangegangenen 15 Jahre.
Ohne die Konkurrenz durch Ältere zeugten 33 Prozent der Jungspunde mindestens einen Nachkommen ausserhalb ihrer Partnerschaft - in den Jahren davor waren es im Mittel nur 13 Prozent. Bei Blaumeisen besteht ein Gelege aus etwa 8 bis 15 Eiern.
Ohne die betagtere Konkurrenz verlaufe das Fremdgehen junger Blaumeisen-Männchen so erfolgreich wie das älterer, lautet das Fazit des Teams.
Die Ursache des unter normalen Umständen geringeren Erfolgs seien also nicht Faktoren wie mangelndes Interesse an ausserehelichen Techtelmechteln. Vielmehr seien die Älteren eine übermächtige Konkurrenz.
Fremdgänger kennen sich meist schon länger
Dabei könnte den Forschenden zufolge zum Beispiel eine Rolle spielen, dass sie von mehr Erfahrung bei der Nahrungssuche profitieren und so mehr Zeit und Ausdauer für die Brautwerbung haben.
Womöglich vermögen sie auch leichter fremdgehbereite Weibchen auszumachen und kennen sich generell besser mit den Revieren von Artgenossen in ihrem Gebiet aus.
Von vielen Singvögeln ist bekannt, dass sie zwar feste Brutpaare bilden, sich aber auch mit anderen paaren und aussereheliche Nachkommen zeugen. Für Blaumeisen hatten Forscher bereits gezeigt, dass solche Seitensprünge nicht aus zufälligen Begegnungen mit Unbekannten resultieren, sondern sich die Fremdgänger meist schon länger kennen.
Während die kleinen Vögel in der Brutzeit Reviere bilden, ziehen sie im Winter gern als Clique gemeinsam umher.
Blaumeisen haben geringe Überlebensrate
Die mangelnde Treue hat evolutionsbiologisch Vorteile, wie Forscher annehmen: Männchen erhöhen die Zahl ihrer Nachkommen ohne mehr Aufwand für die Brutpflege. Weibchen haben so die Chance, die genetische Vielfalt ihres Nachwuchses zu erhöhen.
Wichtig ist das für beide Elternteile auch deshalb, weil gerade Blaumeisen eine geringe Überlebensrate von im Mittel nur zwei bis drei Jahren haben. Nur unter optimalen Bedingungen sind mehr als zehn Jahre möglich. (ff/dpa)
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