Seit gut 20 Jahren gibt es vereinzelt wieder Wölfe in der Schweiz. Trotz dieser langjährigen Präsenz ist die politische und mediale Debatte über die Wölfe nicht verebbt. Dabei ist es nach wie vor schwierig, die genaue Anzahl und die Bewegungsmuster dieser Wildtiere zu kennen.
Es ist äusserst schwierig, Wölfe direkt zu beobachten. Und es ist praktisch unmöglich, sie zu fangen. Um die Entwicklung der Wolfspopulationen zu verstehen, muss man sich auf Spuren nichtinvasiven Ursprungs verlassen (Speichel, Kot, Haar, Urin, usw.) und diese Proben gentechnisch analysieren.
Diese schwierige Arbeit wird seit über 15 Jahren von Luca Fumagalli, Direktors des „Laboratoire de Biologie de la Conservation“ an der Universität Lausanne (Labor für Umweltschutzbiologie), und seinem Team ausgeführt. Dieses Labor hat ein entsprechendes Mandat vom Bundesamt für Umwelt (Bufa).
Der Verein Kora http://www.kora.ch/externer Link in Bern (Koordinierte Forschungsprojekte zur Erhaltung und zum Management der Raubtiere in der Schweiz – Raubtierökologie und Wildtiermanagement) sammelt alle gemeldeten Wolfsnachweise und schickt sie an das Universitätslabor in Lausanne.
Die erste Frage, die Fumagalli und sein Team beantworten müssen, lautet jeweils: Stammt das genetische Material tatsächlich von einem Wolf? Sollte die Antwort Ja lauten, werden weitere Analysen gemacht, um zu sehen, ob es sich um ein Tier handelt, das zuvor bereits erfasst worden war. Die Ergebnisse dieser Analysen werden dann an das Bundesamt für Umwelt und die Kantone weitergeleitet, welche die Daten für ihre Zwecke verwenden.
Wie viele Wölfe leben in der Schweiz?
Diese Daten erlauben es nur annäherungsweise, die Zahl der in der Schweiz lebenden Wölfe zu ermitteln. Und dies aus unterschiedlichen Gründen. Zum einen handelt es sich bei Wölfen um sehr wanderfreudige Tiere, die im ganzen Alpenraum unterwegs sind und weite Strecken zurücklegen. Zum anderen ist keineswegs sicher, dass sie an ihrer Beute wirklich genetische Spuren hinterlassen oder solche nachgewiesen werden können.
Dazu kommt: Das Monitoring zur Bestandsüberwachung umfasst nicht das gesamte Territorium der Schweiz. Die meisten Proben stammen von gerissenen Nutztieren. Wölfe, die sich auschliesslich von einer natürlichen Beute ernähren, werden äusserst selten erfasst.
Zudem sind die Laboranalysen sehr komplex und ihr Erfolg hängt von der Qualität des vorgefundenen genetischen Materials ab (insbesondere um ein singuläres genetisches Profil zu ermitteln). Rund 40-45 Prozent der gefundenen Spuren können dem Wolf als Raubtier-Art zugeordnet werden, von diesen wiederum lässt sich bei nur 60 Prozent eine individuelle Identität nachweisen.
Seit das Labor in Lausanne seine Arbeit aufnahm, konnte es rund 90 unterschiedliche Wolfs-Exemplare feststellen, die sich in der Schweiz aufgehielten.
In Frankreich und Italien gibt es Forschungslabore, welche das gleiche Ziel verfolgen. Fumagalli steht mit diesen in Kontakt. Aber die Arbeits- und Analysemethoden sind unterschiedlich. Es ist daher problematisch, die Resultate zu vergleichen, um beispielsweise festzustellen, ob sich ein bestimmtes Tier auch im Nachbarland aufgehalten hat.
"Aus politischen, wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen sowie aus einem Mangel an gutem Willen gab es keine Absprache in Bezug auf die zu verwendenden Protokolle", sagt Fumagalli. Er bedauert diesen Zustand ausserordentlich. "Nach all diesen Jahren hätten wir im Falle einer optimalen Koordination bereits viele interessante Daten, welche unser Forschungsprojekt schon viel weiter gebracht hätten." © swissinfo.ch
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