Der Tod von Giraffe Marius erhitzt die Gemüter. Nachdem der Jungbulle am Wochenende im Zoo von Kopenhagen getötet und öffentlich zerlegt wurde, wird der Zoodirektor bedroht. Unklar ist, warum genau das Tier sterben musste. Der Zoo beruft sich auf Regeln der Europäischen Zoo- und Aquarienvereinigung, welche die Tötung erlauben – Tierschützer widersprechen der Darstellung des Zoos teils vehement.
Am Ende halfen auch Online-Petitionen und Proteste nichts mehr: Giraffe Marius ist tot. Der Zoo in Kopenhagen tötete den Jungbullen am Wochenende und sezierte den Kadaver vor Publikum. Anschliessend verfütterte man die Reste an Raubtiere – ein verstörendes Bild vor allem die anwesenden Kinder. Die Aufregung ist gross, inzwischen erhält der Zoodirektor Morddrohungen. Viele stellen sich die Frage: Warum musste Giraffe Marius sterben?
Regelwerk deckt Tötung – oder nicht?
Der Zoo beruft sich bei der Tötung auf das Regelwerk der Europäischen Zoo- und Aquarienvereinigung (EAZA). Dort heisst es: "Wenn für ein Tier keine vertretbare Lebensqualität gegeben werden kann, sollte es rasch und schmerzlos getötet werden." Marius war am Sonntag betäubt und erschossen worden, weil es nicht mehr genügend Platz im Zoo gab. Wegen der Inzuchtgefahr konnte das Tier nach Zooangaben auch nicht in einen anderen europäischen Tierpark umziehen. Laut einem Statement in der britischen Zeitung "The Guardian" hat sich die EAZA zustimmend zum Vorgehen des Zoo Kopenhagen geäussert. Wie der WWF auf unsere Nachfrage zu bedenken gibt, ist also "davon auszugehen, dass der Kopenhagener Zoo im Einklang mit den Regeln der EAZA gehandelt hat."
Für Diplom-Zoologe Peter Höffken von der Tierschutzorganisation "Peta" ist der Sachverhalt anders gelagert: "Die EAZA hat sich selber ein Regelwerk gesetzt, welches jedoch nicht verbindlich ist. Kein Zoo muss wegen dieser Regeln Tiere töten. Vielmehr besagt das EAZA-Regelwerk, dass sich ein Zoo um artgemässe Unterbringung seiner Tiere kümmern und dabei auch vorausschauend planen muss." Zudem habe es laut Medienberichten, anders als Kopenhagen behauptet, konkrete Aufnahmeangebote anderer Zoos gegeben. Eine Tötung sei völlig überflüssig gewesen.
Höffken sieht eher finanzielle Motive hinter der Tötung: "Der Tod von Marius zeigt das perverse System, das Zoos in Wirklichkeit betreiben. Bei der 'Überschussproduktion' von Tierbabys geht es den Zoos nicht um Tier- oder Artenschutz, sondern hauptsächlich um wirtschaftliche Motive. Die Tötung von 'überschüssigen' Tieren ist in Europa kein Einzelfall."
Europaweit würden jährlich tausende Überschusstiere "produziert", um den Besuchern regelmässig neue Publikumslieblinge bieten zu können. Fast alle Zoos operierten tief in den roten Zahlen und würden Jahr für Jahr aus den Stadtkassen subventioniert.
PR-Desaster für Zoo Kopenhagen
Das Thema "Publikumsmagnet" dürfte sich für den Zoo Kopenhagen nach der Tötung von Marius vorerst erledigt haben. In einer Petition im Internet hatten sich mehr als 27.000 Menschen für die Rettung des Tiers stark gemacht. Am Montag forderten die Organisatoren der Petition die Absetzung von Zoodirektor Bengt Holst. Auch in den sozialen Netzwerken reissen die negativen Kommentare nicht ab: "Schäm dich, Kopenhagener Zoo", lautete etwa ein Eintrag. "Ihr habt eine unschuldige Baby-Giraffe getötet!"
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