In Grönland sind Schlittenhunde weit mehr als nur Nutztiere. Sie sind Freund und Helfer und ein wichtiger Bestandteil der heimischen Kultur. Nun ist die Tradition der Hundeschlitten aber in Gefahr. Der Klimawandel verändert die Lebensumstände auf der Insel drastisch.

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Schlittenhunde, die über das Wasser laufen - das eindrückliche Foto des Forschers Steffen Olsen aus Grönland verbreitete sich im vergangenen Juni schnell im Internet. Zu einer Zeit, in der das arktische Meer gewöhnlich fest zugefroren ist, hatte sich in diesem Jahr auf der Eisschicht Schmelzwasser gebildet.

Ein symbolisches Bild für eine Gefahr, um die es diesen Freitag bei den weltweiten Klimaprotesten und am Montag beim UN-Klimagipfel in New York geht. Zugleich steht das Foto für die Sorge der Grönländer um ihre Traditionen.

Hundeschlittenführer besorgt: "Das Eis verändert sich"

"Das Eis verändert sich", sagt Moses Bajare, Hundeschlittenführer aus dem Dorf Kulusuk. Der 59-Jährige hat zwölf Hunde, die ihn und seinen hölzernen Schlitten in der Saison bis an den Rand des Eises ziehen.

Dort steigt er um in ein Kajak und geht auf Robbenjagd - seit 35 Jahren. Doch nun sei es immer schwieriger vorherzusehen, wann und wo das Eis tragfähig sei, sagt Bajare.

Früher war das Eis von Februar bis Juni, manchmal sogar bis Juli dick genug, um es mit den Schlitten zu befahren. Mittlerweile gefriert es später und schmilzt früher.

Die Grönländer schätzen die Schlittenhunde für ihre Ausdauer. Oft tagelang sind die Gespanne bei Temperaturen von bis zu minus 35 Grad unterwegs. Auf diese Weise helfen sie bei der Jagd auf Seehunde, Eisbären und Wale.

Doch für den Schlittenführer Bajare sind die Hunde weit mehr als Nutztiere. "Wenn ich Probleme habe, gehe ich mit den Hunden in die Natur", erzählt er, während er das Hundegehege in den Felsen ausserhalb des Dorfes säubert. "Und wenn ich dann nach ein, zwei Tagen zurückkomme, ist das Problem verschwunden."

Wie die meisten der 250 Dorfbewohner gehört Bajare zur Volksgruppe der Inuit, die 90 Prozent der Bevölkerung in Grönland ausmachen. Den Inuit ist es über Jahrhunderte gelungen, sich an die harten Lebensbedingungen auf der Insel anzupassen.

Sie jagten Tiere, um sich von ihnen zu ernähren, mit den Fellen zu kleiden, Brennstoff zu gewinnen und Werkzeuge herzustellen. Nun ist es der Klimawandel, der ihre Lebensumstände verändert: In der Arktis steigen die Temperaturen doppelt so schnell wie im Rest des Planeten.

Klimawandel eröffnet auch neue Möglichkeiten

79 Prozent der Menschen in Grönland sind der Ansicht, dass die Fortbewegung auf dem Meereis in den vergangenen Jahren gefährlicher geworden ist. 67 Prozent denken, dass die Tradition der Hundeschlitten durch den Klimawandel in Gefahr ist. Das hat eine Umfrage der Universitäten Kopenhagen und Grönland ergeben.

Auch Kunuk Abelsen hält in Kulusuk Schlittenhunde - insgesamt 22. "Wenn wir sie nicht mehr nutzen, verlieren wir einen riesigen Teil unserer Kultur", sagt er.

Abelsen nutzt den Hundeschlitten nicht nur zum Jagen, für 135 Euro unternimmt er auch Fahrten mit Touristen. Doch Abelsen überlegt bereits, wie lange sich die Hunde noch lohnen. Kollegen haben ihr Rudel schon verkleinert oder sogar ganz aufgegeben.

Laut einer Schätzung des grönländischen Statistikamts von 2016 ist die Zahl der Schlittenhunde seit 2002 von 25.000 auf 15.000 gesunken. "Der Klimawandel verheisst sicher nichts Gutes fürs Hundeschlittenfahren", sagt Abelsen. "Aber er eröffnet uns andere Möglichkeiten. Jetzt können wir das ganze Jahr über mit dem Boot zum Fischen fahren."

Abelsens Vater Bendt, selbst ein begeisterter Jäger, kann sich darüber nicht freuen. Lebhaft erzählt er von langen Jagden mit den Hundeschlitten auf dem Meereseis. "Das habe ich einfach im Blut und mein Sohn auch. Wenn es aber kein Eis mehr gibt - was machen wir dann?" (msc/AFP)

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